"Das Angebot von Iliad lag weit unter dem, was für T-Mobile US angemessen gewesen wäre", sagte ein Telekom-Insider der Nachrichtenagentur Reuters. Damit muss der viertgrößte US-Mobilfunkanbieter vorerst allein über die Runden kommen und sich früher oder später frisches Geld besorgen, da teure Frequenzauktionen anstehen. Da T-Mobile scharenweise neue Kunden lockt und die einzige Wachstumslokomotive des Konzerns ist, bleibt die Telekom vorerst auch gerne weiter in Amerika.

Die bislang außerhalb der Heimat weitgehend unbekannten Franzosen haben ihren Annäherungsversuch im August gestartet. Iliad-Chef Xavier Niel hatte seinerzeit für 57 Prozent der Aktien der Telekom-Tochter 15 Milliarden Dollar beziehungsweise 33 Dollar je Aktie geboten. Zuletzt habe man das Angebot auf etwa 36 Dollar je Aktie für 67 Prozent des Unternehmens erhöht, hieß es am Montag von Iliad. Dazu habe man sich unter anderem mit Finanzinvestoren und Banken zusammengeschlossen. In Gesprächen mit der Telekom und T-Mobile US habe sich aber gezeigt, dass es kein Interesse an dem neuen Angebot gebe. "Iliad beendet das Projekt einer Übernahme von T-Mobile US."

Der US-Interessent Sprint hatte im Sommer noch 40 Dollar je Aktie in Aussicht gestellt, die Offerte aber wegen des zu erwartenden Widerstands der Kartellbehörden zurückgezogen. Auch der Rivale AT&T holte sich vor drei Jahren beim Übernahmeversucht ein blaues Auge, nachdem die Wettbewerbshüter in den USA den schon ausgehandelten 39-Milliarden-Dollar-Deal torpediert hatten.

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SKEPSIS GEGENÜBER DEN FRANZOSEN

Reuters hatte im September von Insidern erfahren, dass die Telekom das Angebot der Franzosen sehr skeptisch bewertet. Vor allem die hohen Einsparungen von zwei Milliarden Dollar im Jahr, die die Franzosen bei T-Mobile erzielen wollten, erschienen unrealistisch. Auch aus anderen Gründen waren die Bonner verstimmt. "Iliad hat mit der Telekom vorrangig über Pressemitteilung kommuniziert - das kam nicht gut an", sagte ein Telekom-Insider. Die Telekom-Aktien fielen am Dienstag knapp ein Prozent, T-Mobile-US-Aktien stiegen zu Beginn um 0,4 Prozent. Erleichterung herrschte bei Iliad-Aktionären: Die Papiere schossen in der Spitze um 14,6 Prozent nach oben.

Die Telekom hat keinen großen Druck mehr, Amerika zu verlassen. Vor wenigen Jahren war die US-Tochter ein Sanierungsfall, dem die Handynutzer davonliefen. Dank hoher Investitionen und viel Werbung unter dem neuen Chef John Legere hat sich das Bild gewandelt. T-Mobile US schrieb im zweiten Quartal operativ einen Gewinn von 1,45 Milliarden Dollar, lockte im ersten Halbjahr 2,7 Millionen Vertragskunden und zählt mittlerweile 51 Millionen Nutzer. Erklärtes Ziel von Legere: Bis zum Jahreswechsel soll Rivale Sprint mit 55 Millionen Kunden überholt werden. Die hohen Investitionen in den vorigen zwei Jahren dürften sich ab nächstem Jahr bezahlt machen, sagte einer der 20 größten Telekom-Aktionäre. "Es ist derzeit die einzige Wachstumsgeschichte der Telekom."

Weitere Erfolge in den USA erfordern jedoch, dass T-Mobile noch mehr Geld in die Hand nimmt. Allein für neue Funkfrequenzen dürften Schätzungen zufolge im kommenden Jahr zwischen fünf und zehn Milliarden Dollar fällig werden. Dazu kämen weitere Milliarden für den Netzausbau. Vorteilhaft ist dabei, dass T-Mobile sich selbst Geld beschaffen kann - unabhängig von der deutschen Konzernmutter. Jüngst etwa platzierte die Tochter hochverzinsliche Anleihen. Da die Verschuldung der US-Firma mit einem Verhältnis von 3,5 im Vergleich zum operativen Gewinn (Ebitda) derzeit schon recht hoch sei, wäre künftig eine Kapitalerhöhung die beste Lösung, um Geld für die Frequenzauktion einzunehmen, sagte Fitch-Analyst Nikolai Lukashevich. Beim derzeitigen Aktienkurs könnte T-Mobile mit dem Schritt knapp vier Milliarden Dollar aufnehmen, ohne dass die Telekom ihre Mehrheit verlieren würde. Derzeit halten die Bonner 67 Prozent. Andere Experten erwarten, dass der US-Bezahlfernsehanbieter Dish sich mit der Telekom verbünden könnte. Dish hat wichtige Funkfrequenzen, die derzeit ungenutzt sind.

Reuters