Es hat eine Weile gedauert, bis auch Elon Musk in der Corona-Krise angekommen ist. Noch vor Tagen hatte der Tesla-Chef trotz Verbots einfach weiter Autos im Hauptwerk in Fremont produzieren lassen. Dann kam ein unmissverständlicher Anpfiff des örtlichen Sheriffs samt umfangreicher Strafandrohung. Jetzt stellt Tesla statt Autos Beatmungsgeräte aus Teilen her, die eigentlich für den neuen Mittelklassewagen Model 3 gedacht sind: Ein Display, ein Entertainment-Controller, ein weiterer Computer und diverse Elemente der Klimaanlage sollen schwerkranken Corona-Patienten das Überleben sichern.
Musk hat reagiert und alle Mitarbeiter, die kein Homeoffice machen können, in den staatlich subventionierten Zwangsurlaub geschickt. Der Chef hat Erfahrung mit Extremsituationen. In der Finanzkrise wäre das noch junge Elektroauto-Start-up beinahe an die Wand gefahren. Musk mogelte sich unter anderem mit Anzahlungen in Höhe von 5.000 Dollar für das erst 2012 ausgelieferte Model S durch. Vor zweieinhalb Jahren stockte die Produktion des Model 3, des ersten Autos für den Massenmarkt.
Gründer und Team kämpften sich in nächtelangen Schichten durch die, so Musk, "Produktionshölle". Die verbrannte zeitweise 8.000 Dollar pro Minute. Musk finanzierte dies mit vergleichsweise hoch verzinsten Anleihen - der Aktienkurs lag damals am Boden. Der legendäre Hedgefonds-Manager David Einhorn sah den Elektropionier auf dem Weg in den Abgrund, zog Vergleiche zwischen Musk und dem Management von Lehman Brothers vor deren Pleite 2008 - und wettete viele Millionen Dollar gegen die Aktie.
Shortseller verzockten sich
Im Short-Squeeze der Aktie Anfang des Jahres verloren Leerverkäufer viele Milliarden - die Tesla-Aktie rannte hoch Richtung 1.000-Dollar-Marke. Was war geschehen? Musk hatte die "Produktionshölle" erfolgreich durchquert. Der Pionier bei Elektroautos erwies sich als zuverlässig und stieg mit einer Auslieferung von 367.000 Autos im Jahr 2019 zur globalen Nummer 1 bei Elektroautos auf.
Auch die Zahlen für das erste Quartal 2020, die vor wenigen Tagen veröffentlicht wurden, konnten sich sehen lassen. Die Nachfrage nach Model 3 und dem jüngsten Spross der Tesla- Familie, dem Model Y, einem SUV auf Basis des 3, ist demnach groß: 88.400 Fahrzeuge lieferte Telsa trotz mehrwöchiger Werksschließung in Shanghai aus, deutlich mehr, als vielfach befürchtet. Rund 76.000 davon entfielen auf die beiden jüngsten Modelle. Typisch für den ehrgeizigen Chef: Trotz Corona blieb es beim Ziel, 500.000 Autos im Jahr 2020 auszuliefern.
Mit Spannung werden nun die Quartalszahlen in knapp zwei Wochen erwartet. Analysten rechnen derzeit im Schnitt mit Auslieferungen von deutlich über 400.000 Fahrzeugen 2020 - die Konzernprognose wackelt. Es könnte dann auch Anhaltspunkte geben, wie viel Cash Tesla in der Krise verbrennt - und wie lange die Kalifornier gegebenenfalls durchhalten.
Die Ausgangslage ist dabei für den vergleichsweise kleinen Hersteller nicht schlecht. Während etwa die Nummer 1 der Branche, Volkswagen, mit 680.000 Mitarbeitern und über 100 Werken weltweit etwa zwei Milliarden Euro pro Woche im Shutdown verbrennt, dürfte dieser für Tesla mit rund 50.000 Mitarbeitern und derzeit drei geschlossenen US-Fabriken weitaus günstiger sein. Ende 2019 verfügten die Amerikaner über 6,3 Milliarden Dollar Cash. Die Kapitalerhöhung vom Februar zum Kurs von 767 Dollar spülte mit wenigen neuen Aktien rund zwei Milliarden Dollar ein. Und: Die im Herbst eröffnete Gigafactory in Shanghai läuft und produziert.
So gesehen ist der einst notorisch klamme Konzern gut gewappnet. Und die Lust auf hochmoderne E-Autos wird wohl auch das Virus zumindest auf längere Sicht kaum stoppen.
Chance: Spekulative Anleger nutzen die Kursschwäche zum sukzessiven Einstieg in den Vorreiter der E-Mobilität.