Käufer des in Brandenburg produzierten Model Y klagen laut einem Bericht von "Business Insider" über schief eingepasste Front- und Heckleuchten, Lackschäden und ungleichmäßig verlaufende Spalten zwischen Karosserieteilen. Nach der Eröffnung der Gigafactory Grünheide am 22. März waren im Beisein von Tesla-Gründer und -Vorstandschef Elon Musk 30 makellose Fahrzeuge an Kunden übergeben worden. Laut dem News-Portal "Teslamag" hatte einer der Käufer bei anwesenden Tesla-Mitarbeitern nachgefragt, ob die beanstandungsfreie Qualität seines Autos der Norm entspräche. Diese hätten jedoch von einer Sonderbehandlung für den "Delivery Day" gesprochen.
Nach diesem Tag scheint man es mit den Qualitätsstandards nicht mehr so genau genommen zu haben. Zwar zitiert "Business Insider" den Branchenexperten Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des Duisburger CAR-Instituts, mit den Worten, dass solche Anlaufprobleme beim Hochfahren von neuen Produktionsanlagen auch bei anderen Herstellen üblich seien. Allerdings würden die Fahrzeuge aus der so genannten Nullserie normalerweise nicht an Kunden übergeben, sondern nur zu Testzwecken eingesetzt oder gar verschrottet.
Wegen der anhaltenden Qualitätsmängel hatte die US-Verbraucherschutzorganisation Consumer Reports bereits im Frühjahr 2020 vom Kauf des Model Y abgeraten. Im Qualitätsranking von Consumer Reports schnitt modellübergreifend im vergangenen Jahr nur Fords Nobelmarke Lincoln schlechter ab als Tesla. Die Hoffnung, dass die bekannten Probleme am neuen Standort in Deutschland nicht auftreten würden, hat sich offenbar zerschlagen - fürs Erste jedenfalls.
Die Tesla-Aktie zeigt sich davon unbeeindruckt und notiert - wohl auch in Vorfreude auf einen demnächst anstehenden Aktiensplit - nur knapp unter der Marke von 1000 Euro. Heute kurz nach US-Börsenschluss wird der Bericht fürs erste Quartal veröffentlicht. Trotz eines bereits kommunizierten Auslieferungsrekords sind Erwartungen nicht allzu hoch. Analysten prognostizieren im Schnitt einen Umsatz von 17,7 Milliarden US-Dollar, was einem leichten Rückgang gegenüber dem traditionell sehr starken Weihnachtsquartal entspräche, in dem der E-Auto-Pionier Erlöse von 17,6 Milliarden Dollar eingefahren hatte. Beim Gewinn je Aktie belaufen sich die Konsensschätzungen auf 2,27 Dollar nach 2,54 Dollar im Vorquartal. Gut möglich, dass Tesla die Erwartungen übertreffen kann. Trotzdem erscheint das Papier verglichen mit den Bewertungen anderer Autohersteller stark überteuert. Der Börsenwert von einer Billion Dollar entspricht beinahe dem der restlichen weltweiten Autoindustrie. Börse Online rät daher vom Kauf der Aktie ab.