Der Ölmarkt hat ein denkwürdiges Jahr 2020 hinter sich. Aufgrund der Corona-Pandemie und damit verbundener wirtschaftlicher Unsicherheiten war weltweit ein deutlicher Rückgang in der Nachfrage nach dem schwarzen Gold zu beobachten. Der Ölpreis für die Sorte WTI stürzte im Frühjahr sogar erstmals ins Negative, und die OPEC reagierte mit einer Kürzung der Ölfördermenge bis Ende des Jahres auf die neuen Gegebenheiten. Spätestens mit dem Durchbruch in der Entwicklung eines Corona-Impfstoffs im November haben sich jedoch die Aussichten nicht nur für Ölunternehmen wieder aufgehellt.

Rund um den Globus erwarten Experten eine deutliche Erholung der Konjunktur im Jahr 2021. Auch die OPEC geht von einer Erholung der Konjunktur und einer steigenden Nachfrage nach Öl aus. Jüngst haben die erdölproduzierenden Länder eine Erhöhung der Produktion um täglich 500 000 Barrel Öl ab Januar 2021 beschlossen. Getrieben werden dürfte die Nachfrage nach Öl unter anderem von einem Anziehen des Flugverkehrs. Viele Länder planen Reisebeschränkungen aufzuheben, was vor allem bei Geschäftsreisen zu einer spürbaren Belebung führen sollte. Auch dadurch sollte sich der Ölverbrauch Stück für Stück wieder normalisieren.

Nicht unterschätzt werden darf bei der Entwicklung des Ölpreises, welches Signal vom Schieferölmarkt ausgehen kann. In der Vergangenheit haben bei steigenden Ölpreisen Schieferölfirmen schnell mit zusätzlichen Bohrungen und einer stärkeren Produktion reagiert. Im Vergleich zu herkömmlichem Erdöl lässt sich Schieferöl vergleichsweise schnell produzieren, sodass es innerhalb kurzer Zeit in den Markt nachgeschossen und die Preise niedrig gehalten werden konnten. Für 2021 rechnen Experten aber mit einer Stagnation in der Produktion von Schieferöl, sodass der Schieferölmarkt keinen Deckel mehr für den Ölpreis bilden würde. Weil die Schieferölproduktion nur noch stagniert und die Produktion von herkömmlichem Erdöl wesentlich mehr Zeit beansprucht, bedarf es eines steigenden Ölpreises, um weitere Investitionen überhaupt erst auszulösen. Ein Anstieg der Ölpreise wäre somit nachhaltiger als in den vergangenen Jahren.

Zahlreiche Analysten, beispielsweise von den US-Großbanken JP Morgan und Wells Fargo, sind jedenfalls äußerst bullish für die Entwicklung des Ölpreises. Für eine Belebung der Ölpreise könnten indes Finanzinvestoren sorgen. Nachdem sich viele von ihnen im Zuge der Corona-Pandemie von Aktien aus dem Rohstoffbereich abgewendet haben, kehren immer mehr an die Rohstoffmärkte zurück. Vor allem an den Future-Märkten hat die Aktivität zugenommen. Welche Rolle Finanzinvestoren bei der Entwicklung von Rohstoffen spielen können, wurde zuletzt am Markt für Kupfer deutlich, wo der Preis in den vergangenen Monaten deutlich angestiegen war. Diese Entwicklung ist auch für den Ölpreis vorstellbar.

Zwar plant die neue US-Regierung eine Erhöhung der Körperschaftsteuer, mit einer großen Steuerreform, wie es sie unter Donald Trump gab, ist aber nicht zu rechnen. Unternehmen der Ölindustrie könnten durch eine Steuererhöhung in ihrer Liquidität beschränkt werden, und auch die Finanzierung könnte sich schwieriger gestalten. All dies dürfte sich aber nicht in der Entwicklung des Ölpreises niederschlagen. Zwar kündigte Präsident Joe Biden bereits an, erneuerbare Energien ausbauen zu wollen, eine Abkehr von der Ölindustrie bedeutet dies aber nicht. Biden wird keine Abhängigkeit der USA von anderen Ölexporteuren riskieren wollen und auch nicht Millionen von Arbeitsplätzen aufs Spiel setzen. Ohnehin ist der Einfluss der US-Regierung auf die Ölbranche nur eingeschränkt, da die Ölförderung und -produktion in den USA Sache der Bundesstaaten ist. In diesen herrschen bereits hohe Standards. Interesse, noch weiter an der Regulierungsschraube zu drehen, dürfte kaum jemand haben.


Thomas Gutschlag

Gutschlag war 2006 Mitgründer der Deutschen Rohstoff AG. Seit Mai 2007 ist er Vorstand und seit 2015 CEO der Gesellschaft. Die Deutsche Rohstoff identifiziert, entwickelt und veräußert Rohstoffvorkommen vorrangig in Nordamerika, Australien und Europa. Der Schwerpunkt liegt in der Erschließung von Öl- und Gaslagerstätten in den USA. Gold, Kupfer, Seltene Erden und Wolfram runden das Portfolio ab.