Die Finanzierung von ThyssenKrupp sei eine Zeit lang angespannt gewesen, die Lage habe sich aber etwas entspannt. Auch dies reiche jedoch noch nicht. "Die Eigenkapitalquote ist jetzt immer noch nicht zum 'Hurra'-Schreien". Am Freitag treffen sich die Aktionäre zur Hauptversammlung in Bochum.
Vorstandschef Heinrich Hiesinger werde dabei die künftige Strategie näher erläutern, sagte Lehner. Auch Hiesinger hat angekündigt, die Ergebnisse weiter zu verbessern. "Jedem im Vorstand ist klar, dass es sich bei dem jetzt erreichten Jahresüberschuss nur um einen Zwischenschritt handelt", hatte er vor wenigen Wochen auf der Bilanzpressekonferenz gesagt. Im laufenden Geschäftsjahr 2014/15 (per Ende September) will ThyssenKrupp den bereinigten Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) auf mindestens 1,5 Milliarden Euro von 1,3 Milliarden steigern und einen deutlichen Überschuss erzielen.
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LEHNER: AKTIVISTISCHE INVESTOREN GEWINNEN AN BEDEUTUNG
Der Mischkonzern hatte 2013/14 nach jahrelanger Krise mit einem Nettogewinn von 210 Millionen Euro erstmals wieder schwarze Zahlen geschrieben. Die Anleger sollen nach zweijähriger Durststrecke eine Dividende erhalten. Diese fällt mit elf Cent nach zuletzt 45 Cent je Aktie allerdings noch schmal aus.
Im Konzern würden die einzelnen Geschäftsbereiche weiter auf den Prüfstand gestellt, berichtete Lehner. Dabei gehe es unter anderem um die Gewinnaussichten, die Wettbewerbsfähigkeit und den Kapitalbedarf. Hiesinger will den Konzern stärker auf die Technologiegeschäfte mit Aufzügen, Fahrtreppen, Maschinen und Anlagen oder den Bau von U-Booten ausrichten. Das Stahlgeschäft macht inzwischen weniger als 30 Prozent des Umsatzes aus.
Lehner hatte im April 2013 den Chefposten von Gerhard Cromme übernommen, der im Zuge der Milliardenverluste mit den Überseestahlwerken und der Serie von Korruptionsvorwürfen und Kartellverstößen seinen Hut nehmen musste. Die Aufgabe sei ihm vom wenige Monate später verstorbenen Konzernpatriarchen Berthold Beitz angetragen worden, schilderte Lehner. Auf die Frage, ob er sich in besonderer Weise dem Vermächtnis von Beitz verpflichtet fühle, sagte er: "Wenn das Vermächtnis ist, dass ThyssenKrupp ein wettbewerbsfähiges, zukunftsfestes Unternehmen ist, dann ja."
ThyssenKrupp erlebt derzeit einen Zeitenwandel. Der Einfluss der Krupp-Stiftung, die mit rund 23 Prozent größter Einzelaktionär ist, schwindet. Auf der Hauptversammlung am Freitag soll derweil der Deutschlandchef des Finanzinvestors Cevian, Jens Tischendorf, in den Aufsichtsrat gewählt werden. Cevian hält gut 15 Prozent an dem Konzern und gilt als aktivistischer Investor, der gerne in Unternehmen mitmischt.
Lehner, der auch das Kontrollgremium der Deutschen Telekom führt und im Aufsichtsrat von E.ON ist, glaubt, dass solche Investoren künftig eine größere Rolle spielen werden. "Aktivistische Investoren werden an Bedeutung gewinnen, die kein Interesse am Unternehmen an sich haben, kein Interesse an den Mitarbeitern, kein Interesse an der nationalen Bedeutung des Unternehmens, sondern nur an der Entwicklung ihres Share-Preises. Und da muss der Aufsichtsrat eine vernünftige Position zu beziehen können."
Reuters