"Wir haben klar gesagt, dass wir - neben der Vorbereitung des Börsengangs - die vorliegenden Interessensbekundungen potenzieller Interessenten prüfen", erklärte das Unternehmen am Mittwoch. Deshalb habe das Management einen strukturierten Prozess für die Bewertung von Angeboten von strategischen Investoren und Finanzinvestoren eingeleitet. Insider sagten der Nachrichtenagentur Reuters, Briefe seien sowohl an Konkurrenten wie Kone als auch an Finanzinvestoren rausgegangen. Experten beziffern den Wert der Aufzugssparte auf zwölf bis 17 Milliarden Euro.
Thyssenkrupp-Chef Guido Kerkhoff wollte ursprünglich lediglich eine Minderheitsbeteilung der als Ertragsperle geltenden Sparte an die Börse bringen, inzwischen erscheint selbst ein kompletter Verkauf als nicht ausgeschlossen. Neben Kone seien Schreiben an Schindler, Otis und Hitachi gegangen sowie an die Finanzinvestoren KKR, Bain, Advent, CVC, EQT, Blackstone, Partner Group und Apollo, sagten mehrere Insider. Die Firmen lehnten eine Stellungnahme dazu ab oder waren zunächst nicht zu erreichen.
Thyssenkrupp betonte am Mittwoch, mit dem zweigleisigen Prozess wolle man sicherstellen, dass die Entscheidung für den Konzern und seine Anteilseigner nachhaltig und die beste sei. Der Traditionskonzern kämpft mit hohen Verlusten, steigenden Schulden und steht im Visier der Ratingagenturen. Kerkhoff macht nun Tempo. Antworten auf die Briefe würden binnen zwei Wochen erwartet, sagten zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen. Ende des Jahres könne der Deal unterschriftsreif sein, fügte eine hinzu. Thyssenkrupp wolle ein Paket von mehr als 25 Prozent behalten. Die Aktie legte am Mittwoch zeitweise um mehr als fünf Prozent zu.
Abschied aus dem DAX - Konzernchef sieht wichtigere Fragen
Reuters hatte bereits in der vergangenen Woche berichtet, dass Thyssenkrupp seine Fühler auch nach direkten Käufern ausstreckt und dafür einen strukturierten Prozess einleiten werde. Es sei gut möglich, dass die kapitalstarken Finanzinvestoren gleich für das ganze Geschäft bieten, hatten Insider gesagt. Denn sie wollten in der Regel freie Hand haben und keinen Altaktionär als Bremsklotz. Es würden sich bereits Konsortien bilden. Sollte die Summe stimmen, werde Kerkhoff kaum Nein sagen können.
Die Aufzugssparte ist seit Jahren der größte Gewinnbringer bei Thyssenkrupp. Mit einem operativen Gewinn von 866 Millionen Euro steuerte sie zuletzt mehr als die Hälfte zum Konzerngewinn bei. Kerkhoff benötigt die Einnahmen, um den kriselnden Mischkonzern zu restrukturieren. Noch am Mittwochabend wurde eine Entscheidung der Deutschen Börse erwartet, wonach Thyssenkrupp aus dem deutschen Leitindex Dax ausscheiden könnte. Kerkhoff hatte die Bedeutung dieser Gefahr schon vor Wochen zu relativieren versucht: "Die Zugehörigkeit zu einem Index ist deutlich nachrangig zu dem, was wir hier an Aufgaben vor uns haben."
rtr