Die schwächelnde Stahlsparte bereitet Thyssenkrupp immer größere Sorgen. Einbrüche bei den Werkstoffgeschäften brockten dem Konzern im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2015/16 (per Ende September) einen Verlust von 23 Millionen Euro ein. "Wir sehen ja sehr deutlich, dass die Verschlechterung unseres Ergebnisses aus den Stahlmärkten kommt", sagte Finanzchef Guido Kerkhoff am Freitag. Allerdings gebe es Anzeichen, dass bei den stark gefallenen Preisen der Tiefpunkt erreicht sei. Auch seien die Lager der Kunden so leer, dass die Nachfrage anziehen müsse.

Das Prinzip Hoffnung gilt auch für die Prognose: Vorstandschef Heinrich Hiesinger bekräftigte zwar die Jahresziele, machte sie aber erneut von einer Entspannung der Lage abhängig. Im Gesamtjahr soll der operative Gewinn bei 1,6 bis 1,9 (Vorjahr: 1,67) Milliarden Euro liegen und der Überschuss im Vergleich zu zuletzt 268 Millionen Euro deutlich steigen. Voraussetzung sei jedoch, dass es zu einer deutlichen Erholung der Werkstoffmärkte in der zweiten Jahreshälfte komme. Hiesinger setzt den Rotstift an. "Mit unserem Effizienzsteigerungsprogramm steuern wir aktiv gegen." Damit will er im Geschäftsjahr 850 Millionen Euro einsparen. 250 Millionen hat er schon zusammen.

EU-KOMMISSION GEHT GEGEN BILLIGIMPORTE AUS CHINA VOR



Wie der gesamten Stahlbranche machen Thyssenkrupp Überkapazitäten, Preisdruck und Billigimporte aus China zu schaffen. Die EU-Kommission kündigte am Freitag Anti-Dumping-Ermittlungen gegen einige Produkte aus China an. Dies hatten viele europäische Hersteller gefordert. Sie werfen den Konkurrenten aus Fernost vor, die Waren dank staatlicher Subventionen in Europa zu günstig zu verkaufen. Zudem will die EU auf kaltgewalzten Flachstahl aus China und Russland vorläufige Anti-Dumping-Zölle erheben. Von der Ankündigung der EU profitierte neben anderen Stahlwerten auch die Thyssenkrupp-Aktie, die zeitweise zwei Prozent im Plus lag.

Bei Thyssenkrupp schmolz im europäischen Stahlgeschäft der operative Gewinn um gut ein Drittel auf 51 Millionen Euro. Die amerikanische Stahlsparte mit dem Werk in Brasilien verzeichnete einen Fehlbetrag von 74 Millionen Euro nach einem ausgeglichenen Ergebnis im Vorjahreszeitraum. Hohe Verluste und technische Probleme in dem Werk bereiten dem Konzern seit Jahren Schwierigkeiten.

THYSSENKRUPP WILL BEI KONSOLIDIERUNG MITMISCHEN



Mit den Problemen im Stahlgeschäft ist das Traditionsunternehmen nicht alleine. Am Dienstag hatte der österreichische Stahlkonzern Voestalpine für das vergangene Quartal einen Rückgang des Betriebsgewinns (Ebit) um knapp 17 Prozent auf rund 152 Millionen Euro vorgelegt. Seit Jahren gibt es Erwartungen, dass die Industrie mit Fusionen und Übernahmen der Krise begegnet. "Wir würden gerne an einer Konsolidierung teilnehmen", sagte Kerkhoff. In der Sache gebe es aber nicht Neues.

Thyssenkrupp hatte es im Quartal einmal mehr der Aufzugsparte zu verdanken, dass das Ergebnis nicht weiter abrutschte. Sie steigerte ihr Ergebnis um 14 Prozent auf 203 Millionen Euro. Damit sorgte sie fast im Alleingang für das operative Ergebnis. Dies fiel stärker als von Analysten erwartet um gut ein Viertel auf 234 Millionen Euro. Forderungen einiger Investoren, das Geschäft zu verkaufen, erteilte Finanzchef Kerkhoff erneut eine Absage. "Das sind doch gerade die Teile, die unseren Konzern richtig positiv nach vorne bringen."

Reuters