Das Management von Thyssenkrupp Nucera strebt für das Wasserstoffgeschäft bis zum Geschäftsjahr 2024/25 (per Ende September) einen Umsatz von rund 600 Millionen bis 700 Millionen Euro an. Im abgelaufenen Jahr 2020/21 waren die Erlöse des Unternehmens um rund ein Viertel auf 319 Millionen Euro gestiegen, das operative Ergebnis (Ebit) lag stabil bei 27 Millionen Euro. Dabei dominierte noch das klassische Chlor-Alkali-Geschäft. Dies soll sich jedoch mittelfristig ins Gegenteil verkehren. Die Schwelle zur Profitabilität soll das Wasserstoffgeschäft im Geschäftsjahr 2023/24 erreichen. Langfristig rechnet Finanzvorstand Arno Pfannschmidt hier mit Renditen im niedrigen zweistelligen Prozentbereich.
Per Ende Dezember konnte Nucera auf einen Auftragsbestand für "grünen" Wasserstoff von rund 900 Millionen Euro blicken. Das Chlor-Alkali-Geschäft komme dazu auf ein Neugeschäft von etwa 400 Millionen Euro. Die Erlöse sollen sich in dem Bereich in den kommenden Jahren weiter stabil entwickeln, sagte Pfannschmidt auf der Investorenveranstaltung - mit etwa 300 Millionen Euro bis 2025/26.
Die als Gemeinschaftsunternehmen mit der italienischen De Nora gegründete Nucera entwickelt und baut Elektrolyse-Anlagen. Thyssenkrupp hält zwei Drittel an dem Geschäft, das rund 400 Mitarbeiter beschäftigt, davon etwa die Hälfte in Deutschland.
Thyssenkrupp präferiert derzeit einen Börsengang für Nucera. Auf der Bilanzpressekonferenz im November hatte Konzernchefin Martina Merz als möglichen Zeitpunkt das Frühjahr ins Spiel gebracht. In jedem Falle würde Thyssenkrupp aber eine Mehrheit behalten, hatte sie betont. Die Bewertung für Nucera dürfte dabei in die Milliarden gehen. Die Nachrichtenagentur Bloomberg hatte von einer möglichen Bewertung von rund fünf Milliarden Euro berichtet, das "Handelsblatt" Ende des Jahres von vier bis sechs Milliarden Euro.
Nucera-Finanzvorstand Pfannschmidt kalkuliert mit primären Erlösen aus dem Börsengang von 500 bis 600 Millionen Euro. Dabei gebe es die Möglichkeit einer Zweitplatzierung, sagte er.
Die Firma baut Elektrolyse-Anlagen in industriellem Maßstab. Bei der Elektrolyse werden Ausgangsstoffe wie etwa Wasser mit Hilfe von Strom in ihre Bestandteile zerlegt, im Fall von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff. Ist der Strom zuvor klimaneutral etwa aus Windenergie oder Sonnenlicht erzeugt worden, spricht man von grünem Wasserstoff.
"Schon heute können wir jährlich Elektrolysezellen mit einer Gesamtleistung von einem Gigawatt liefern. Das ist erst der Anfang. Wir wollen zum Technologieführer für die Herstellung von grünem Wasserstoff im industriellen Maßstab werden", kommentierte der Chef von Nucera, Denis Krude. Das Hochfahren der Wasserstoff-Technologie werde den Schwerpunkt der geschäftlichen Aktivitäten des Unternehmens in den kommenden Jahren deutlich verändern, das sich selbst derzeit mit über zehn Gigawatt installierter Elektrolyse-Leistung als ein Marktführer in der Chlor-Alkali-Elektrolyse sieht.
Der Wasserstoffmarkt soll sich Erwartungen zufolge bis zum Jahr 2050 versiebenfachen. Die bisher fossile Erzeugung soll dann überwiegend auf grünen Wasserstoff umgestellt werden, so die Überzeugung. Studien zufolge sollen dann 60 bis 80 Prozent davon klimaneutral erzeugt werden. Die zusätzliche Nachfrage werde "in erheblichem Umfang" aus neuen Anwendungen kommen, etwa Stromerzeugung und -speicherung, Gebäudeheizung und Stromversorgung, Verkehr sowie industrielle Energie und Rohstoffe.
Wasserstoff spielt eine wichtige Rolle bei der geplanten Verringerung des Treibhausgas-Ausstoßes in Industrie und Energiewirtschaft. Die neue Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag zehn Gigawatt im Jahr 2030 als Ziel formuliert.
dpa-AFX