von Andreas Büchler




Chart 1 - Intradaychart auf Fünf-Minuten-Basis



Ausgerechnet jetzt, als die Chancen für eine Beruhigung am deutschen Aktienmarkt wieder deutlich gestiegen sind, kommen Impulse von den US-Börsen, die dem angeschlagenen DAX den Rest geben könnten. Dort hat der Leitindex S&P 500 das Areal um 1880/1905 Zähler unterschritten. Dort liegt der von vielen Marktteilnehmern stark beachtete 200-Tage-Durchschnittskurs und auch ein Bereich, in dem seit Jahresbeginn zahlreiche Umsätze abgewickelt wurden. Die daraus resultierende charttechnische Unterstützung ist mit einer klaren Abwärtsbewegung nach unten durchgehandelt worden. Die ausbleibenden Käufer auf diesem Niveau senden eine eindeutige Botschaft.

Kommt es heute - oder spätestens morgen - nicht zu einer eindeutigen Gegenbewegung zurück nach oben, nutzen also Anleger die niedrigeren Preise nicht massiv zum Kaufen, droht auch an der bislang noch vergleichsweise stabilen Wall Street ein länger anhaltender Trendwechsel zurück nach unten. Bis mindestens 1815 Punkte reicht dann der Spielraum nach Süden, eventuell sogar bis an die 1750er-Marke. In Prozent betrachtet wäre das kein Drama, ausgehend vom Hoch des S&P 500 ist das eine Korrektur von 10 bis 15 Prozentpunkten - eine "normale" Gegenbewegung, wenn man den starken Anstieg der Vormonate und Vorjahre berücksichtigt.

Für den derzeit labilen DAX aber wäre es der finale KO-Schlag. Die Kursentwicklung des Deutschen Aktienindex ist extrem abhängig von den US-Börsen und kann sich einem Trend dort nie widersetzen. Fallen die Notierungen an der Wall Street, kann der DAX ein Eigenleben nur insofern entwickeln, dass er etwas stärker oder etwas schwächer mit abstürzt, aber er wird ebenfalls weiter abwärts tendieren - selbst wenn er wie jetzt bereits überreif für eine Bodenbildung ist.

Es ist zu befürchten, dass eine weitere Ausverkaufswelle bevor steht, die den Index bis an die Untergrenze des im Intradaychart erkennbaren Abwärtstrendkanals bei 8600 Punkten bringt, bevor er zu einer nächsten Zwischenerholung oder Bärenmarktrally ansetzen kann. Und das, obwohl nach dem starken Einbruch der vergangenen Tage der Abstand zu seinem Monatsdurchschnittskurs - ein wichtiger Indikator für eine Stabilisierung - mit bis zu minus sieben Prozent so hoch ist wie nur selten in den vergangenen Jahren. Nur in Crash-Phasen 2008/2009 und 2011 war die Abweichung höher. Daher glauben wir auch weiterhin nicht an einen zu großen Ausverkauf in den nächsten Tagen. Das Szenario einer schnellen Erholung ist aber heute vorerst auch vom Tisch. Selbst ein Test des Abwärtstrends und der Abverkaufszone der vergangenen Tage bei 8880 Punkten ist nicht mehr wahrscheinlich, und ein Ausbruch darüber bis an den nächsten Widerstand bei 9170/90 Punkten vorläufig fast gar nicht mehr vorstellbar.

Chart 2 - S&P 500- Tageschart mit Abstand zum 21- und 200-Tage-Durchschnitt in %



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Chart 3 - Tageschart mit Abstand zur 21-Tage-Linie in %



Im Tageschart ist der Ausbruch unter die 8900er-Marke nun das zentrale Ereignis. Die dort erstmals seit Ende 2013 ausgebliebene Nachfrage lässt für die kommenden Wochen und Monate auf weitere Kursrückgänge schließen. Dabei sind Kursziele von 8500 und 8000/8150 Punkten realistisch. An der letztgenannten Marke verlief lange Zeit das Allzeithoch des Deutschen Aktienindex, sie ist in den Köpfen der Marktteilnehmer noch präsent. Wenn der Index erneut auf dieses Niveau zurück fällt, könnten viele lanfristig denkende Anleger dies als zweite Einstiegschance sehen. Abwenden würde der Markt die negative mittelfristige Prognose nur, wenn er sich zügig und nachhaltig über die 8900 erholt. Ein kurzfristiger Anstieg über diese Zone ist zwar zu erwarten, doch von Dauer dürfte er aus heutiger Sicht nicht sein.





Chart 4 - Wochenchart



Im Wochenchart ist der Aufwärtstrend gebrochen, hier ist Abwärtspotenzial erkennbar. Bevor die Kurse nicht mindestens 25 bis 35 Prozent unter die 200-Tage-Linie fallen, ist der Markt aus ganz langfristiger Sicht nicht als überverkauft zu sehen. Kursverluste bis an die 7500er-Marke, wo eine weitere Unterstützung liegt, sind aus dieser Perspektive durchaus möglich. Allerdings nur, wenn die 8900er-Marke nicht halten sollte. Derzeit ist dies noch offen, Anleger müssen noch nicht mit dem Schlimmsten rechnen.

Insbesondere aus dem übergeordneten Sichtwinkel wird erkennbar: Seit 2009 tendiert der Markt nach oben, und selbst Korrekturen wie der Mini-Crash in 2011 konnten den DAX nicht allzu lange vom Steigen abhalten. Diese Tendenz dürfte sich auch nach einer ausgeprägten Konsolidierung, wenn sie denn kommt, wieder fortsetzen.



Chart 5 - Kerzenchart auf Tagesbasis





Unterstützungen und Widerstände




























































Andreas Büchler ist Herausgeber des "Index-Radar", der größte tägliche Börsenstatistik-Report Deutschlands. Der Experte für Handelssysteme ist zudem Vorstand der Qarat AG, einer auf Quantitative Analyse und Algorithmic Trading spezialisierten Forschungsgesellschaft.

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