BÖRSE ONLINE: Herr Goddijn, was war der Anlass für einen möglichen Verkauf der Telematik-Sparte?


Harold Goddijn: Wir wollen TomTom auf seine Karten- und Lokalisierungstechnologien fokussieren. Für die Telematiksparte haben wir viele Anfragen bekommen. Es ist ein großes Geschäft in Europa, geographisch gut aufgestellt, mit regelmäßigen Einnahmen, wachsenden Erträgen und gut geführt. Wir denken, dass es für Käufer sehr attraktiv ist. Zudem kommt unsere Fokussierung auch der Strategie des Telematik-Teams entgegen. Wir setzen auf einen Käufer, der Sparte ausreichend Freiraum für die Entwicklung ihres Geschäfts bieten kann.

Bevorzugen Sie eine bestimmte Käufergruppe?


Nein. Sowohl Unternehmen aus der Wirtschaft als auch aus Private-Equity-Firmen haben Interesse signalisiert. Wir wollen den besten Deal für unsere Aktionäre.

War der jüngste Deal zwischen Google und TomToms wichtigem Kunden Renault der Auslöser für die angestrebte Fokussierung?


Nein. Dieser Prozess läuft schon länger. Wir haben das jetzt öffentlich gemacht, um alle Betroffenen - Mitarbeiter und Aktionäre - rechtzeitig zu informieren, um so auch zu vermeiden, dass Informationen ungewollt öffentlich werden.

Was bedeutet Googles Deal mit Renault für die Branche?


Er ist eine Warnung und Signal darüber nachzudenken, ob das die gewünschte Entwicklung ist. Bisherige Erfahrungen haben gezeigt, dass es für die Perspektiven in Zukunftsmärkten nicht gut ist, wenn die Entwicklung von Software und Auswertung der Daten anderen ganz überlassen wird. Wir denken, dass Firmen in ihrem eigenen Interesse versuchen werden diesen Trend zu bremsen.

Wird TomTom seine Kooperationen mit Kunden aus der Autoindustrie jetzt stärker ausbauen und vertiefen?


Das ist eine Option. Wir müssen abwarten bis sich der durch Google aufgewirbelte Staub gelegt hat.

Ist der Erwerb von Anteilen an TomTom durch Kunden dafür eine Option?


Darüber will ich nicht spekulieren. Wir befinden uns in einem sehr dynamischen Markt und wollen das Geschäft im Sinne einer langfristigen Wertsteigerung für die Aktionäre entwickeln. Grundsätzlich wollen wir TomTom stark am Karten- und Lokalisierungsgeschäft ausrichten

Braucht TomTom dazu auch das Geld aus dem Verkauf der Telematik?


Unser Kartengeschäft legt zu und liefert nachhaltige Mittelzuflüsse. Es läuft alles nach Plan. Aber wie gesagt, der Markt ist sehr dynamisch.

Erwarten Sie mehr Wettbewerb von chinesischen Konkurrenten wie Tencent oder Alibaba?


Nein. In den westlichen Industrieländern ist die Wahrscheinlichkeit dafür gering.

Wie sehen TomToms Perspektiven in China aus?


Wir kooperieren dort mit Baidu Maps. Wir liefern ihnen Werkzeuge zur Entwicklung von Technologien für Karten für autonomes Fahren. Im Gegenzug stellt uns Baidu Daten aus ihrem Netzwerk aus Fahrzeugen zur Verfügung.