Weil der Bieter in der Regel einen Aufschlag gegenüber dem bisher gültigen Aktienkurs offeriert, um so die Anteilseigner zum Verkauf zu bewegen, sind Fusionskandidaten auch aus Anlegersicht ein interessantes Zielobjekt. Auch bei den Investmentbanken zerbrechen sich die Analysten wegen der Chance auf schnelle Gewinne mit den richtigen Aktien im Depot den Kopf darüber, wer als Übernahmekandidat in Frage kommt.
Das Société Générale Cross Asset Research Team hat gerade die Ergebnisse der hausinternen zu dieser Fragestellung angestellten Überlegungen in einer Studie veröffentlicht. Beim Durchforsten des eigenen Anlageuniversums in Europa und Nordamerika zeigt sich, das Unternehmen mit einer relativ hohen Übernahmewahrscheinlichkeit vor allen aus den Bereichen Kohle, Eisenerz, Stahl, Wasser und Bergbau kommen. Regional betrachtet sind zudem in den USA die Versorger besonders häufig mögliche Zielobjekte und in Europa Gesellschaften aus den Bereichen Media und Internet.
Auf Länderebene fällt zudem auf, dass von den 15 Unternehmen mit der höchsten Übernahmewahrscheinlichkeit gleich fünf aus Deutschland stammen. Börse Online nennt Ihnen die Namen dieser Unternehmen und was auch abseits von der Übernahmephantasie von diesen Titeln zu halten ist.
Auf Seite 2: Lanxess AG
Heißer deutscher Übernahmekandidat, Platz fünf: Lanxess AG (WKN: 547040, 47,475 Euro)
Auf Platz fünfzehn der Rangliste der wahrscheinlichsten Übernahmekandidaten rangiert Lanxess. Die Analysten des Société Générale Cross Asset Research Teams beziffern die Übernahmewahrscheinlichkeit hier auf 6,26 Prozent. Damit ist der Spezialchemiekonzern der Titel aus Deutschland, bei dem die Chancen auf eine Übernahmeofferte als am fünfthöchsten eingestuft werden. Aber obwohl sich derartige Gerüchte schon seit Jahren um den DAX-Vertreter ranken und dabei teilweise auch Größen wie der US-Konzern Dow Chemical als mögliche Interessenten gehandelt wurden, tritt der Aktienkurs von Lanxess nun schon seit fast vier Jahren per Saldo nur auf der Stelle.
Damit zeigt dieses Beispiel auch gleich, dass Übernahmegerüchte nicht gleichzusetzen sind mit einer eingebauten Kursgewinngarantie. Solange keine Offerte vorgelegt werden, kommt es bei der Kursfindung vor allem auf die operative Entwicklung und Bewertungsüberlegungen an. Beim letztgenannten Punkt macht Lanxess derzeit mit einem geschätzten KGV von rund 32 auf Basis der von der Börse Online Datenbank ausgewiesenen Ergebnisschätzung für 2014 einen bereits relativ teuren Eindruck.
Als kursbremsender Faktor kommt zudem eine momentan eher schwierige Branchenkonjunktur hinzu. So hat die deutsche Chemieindustrie unlängst die Produktionsprognose für das laufende Jahr von plus 2,0 auf 1,5 Prozent gesenkt, wobei man bei einer ausbleibenden Zuspitzung der geopolitischen Lage im zweiten Halbjahr wieder auf eine leichte Belebung der Nachfrage hofft. Lanxess selbst hat im abgelaufenen Quartal das Nettoergebnis nach einer schwachen Vorjahresperiode zwar von neun auf 55 Millionen Euro gesteigert, aber gleichzeitig hieß es, das Wettbewerbsumfeld bleibe herausfordernd und auch als Weltmarktführer leide man unter dem von Überkapazitäten verursachten Preisdruck bei synthetischem Kautschuk. Die Kreditwürdigkeitsagentur Fitch hat wegen der anhaltenden operativen Schwäche im synthetischen Kautschukgeschäft das Rating im August um eine Stufe auf BBB- gesenkt.
Das sind nicht die Botschaften, die Bullen unter den Börsianern aus der Reserve lockt. Um deren Interesse zu wecken, kommt es deswegen jetzt darauf an, bei der im November erwarteten Vorstellung der künftigen Unternehmensstrategie mit einem Konzept aus einem Guss zu überzeugen. Vor diesem Termin ist nicht unbedingt mit einer plötzlichen Kursexplosion zu rechnen, so dass hier derzeit beim Einsteigen keine Eile besteht.
Auf Seite 3: ThyssenKrupp AG
Heißer deutscher Übernahmekandidat, Platz vier: ThyssenKrupp AG (WKN: 750000, 22,045 Euro)
Mit ThyssenKrupp hat es neben Lanxess auch noch ein zweiter Vertreter aus dem DAX in die vorderste Reihe der Société Générale-Übernahme-Rangliste geschafft. Mit Gesamtplatz 13 ist der Stahl- und Industriegüterhersteller im hausintern beobachteten Universum das Unternehmen aus Deutschland, bei dem mit der viertgrößten Wahrscheinlichkeit eine Übernahme unterstellt wird. Konkret beziffert wird diese Wahrscheinlichkeit auf 6,29 Prozent.
Anders als bei Lanxess war bei der Aktie von ThyssenKrupp zuletzt etwas mehr Zug drin. Zurückzuführen ist das auf die Hoffnung, dass die Essener ihre geschäftlichen Probleme endlich in den Griff bekommen. Die für das dritte Quartal im Geschäftsjahr 2013/14 vorgelegten Ergebnisse untermauerten diesen Optimismus. Denn es ist gelungen, aus einem Nettoverlust von 395 Millionen Euro in der Vorjahresperiode einen Nettogewinn von 39 Millionen Euro zu machen. Dabei geholfen haben auch Verbesserungen beim verlustreichen Stahlwerk in Brasilien, das dieses Mal einen operativen Gewinn ausweisen konnte.
Zudem wurde die Jahresprognose leicht angehoben. Die Verantwortlichen rechnen demnach nun damit, zum ersten Mal seit drei Jahren unter dem Strich mindestens ein ausgeglichenes Ergebnis zu erzielen. Das klingt gut, allerdings muss das Unternehmen erst noch beweisen, inwieweit diese Trendwende zum Besseren auch langfristig verteidigt werden kann. Zuversichtlich zeigen sich die Analysten bei der Investmentbank Jefferies. Ihrer Einschätzung zufolge sollten sich die jüngst getätigten Investitionen in das Industriegeschäft auszahlen und das Ergebnis im Stahlgeschäft in den kommenden Jahren dank einer schrittweisen Erholung des europäischen Stahlmarktes mehr als verdoppeln. Selbst an eine Ausschüttung von Dividenden sei mittelfristig wieder zu denken.
Allerdings setzt diese Erwartungshaltung das Management auch unter einen gewissen Erfolgszwang. Das gilt umso mehr, als die Bewertung mit einem geschätzten KGV für 2014 von gut 37 sehr anspruchsvoll ist. Zumal bei ThyssenKrupp auch noch eine relativ hohe Verschuldung hinzukommt. Börse Online setzt bei einem Kursziel von 27 Euro aber auf eine Fortschreibung der jüngsten Verbesserungstendenzen.
Auf Seite 4: Klöckner & Co
Heißer deutscher Übernahmekandidat, Platz drei: Klöckner & Co (WKN: KC0100, 11,22 Euro)
Als weiterer deutscher Übernahmekandidat wird bei der Société Générale der Stahlhändler Klöckner & Co gehandelt. Mit einer Wahrscheinlichkeitsrate von 6,65 Prozent liegt das MDAX-Mitglied auf Platz fünf der Gesamtrangliste und auf Platz drei unter den deutschen Übernahmekandidaten.
Für die Kursgewinne, die dieser Wert in den vergangenen Tagen eingefahren hat, war aber weniger das, sondern vielmehr positive Aussagen aus dem Unternehmen verantwortlich. Konzernchef Gisbert Rühl sprach in einem Interview von der Chance einer Erholung der Stahlbranche in Europa. Konkret rechnet er für 2015 mit einem Nachfrageplus in Europa von mehr als zwei Prozent. Und weil der Stahlhändler Veränderungen in der Branchenkonjunktur besonders frühzeitig merkt, dürfte diese Einschätzung nicht nur auf Hoffnungen basieren, sondern auf entsprechend positiven Marktbeobachtungen. Ebenfalls positiv aufgenommen wurden zudem die von Rühl bestätigten Ziele bei der Profitabilität und bei der Dividendenzahlung.
Ein Pluspunkt wäre es für Klöckner & Co außerdem, wenn sich die jüngste Euro-Schwäche weiter fortsetzen sollte. Denn weil das Unternehmen mehr als 40 Prozent des Umsatzes in den USA erzielt, sehen Analysten wie jene bei der Baader Bank die Gesellschaft als Profiteur eines anziehenden Dollar. Das Manko ist ähnlich wie bei ThyssenKrupp aber eine bereits anspruchsvolle Bewertung. Das KGV für 2014 bewegt sich bei 402 und das Geschäft muss sich erst einmal entsprechend verbessern, um das zu rechtfertigen. Auch deswegen gibt es hier noch keinen echten Zwang, diesen Titel zu kaufen, zumal auch der Chart erst bei Kursen über dem Jahreshoch von 12,66 Euro wirklich nachhaltige Kaufsignale generieren würde.
Auf Seite 5: Aurubis AG
Heißer deutscher Übernahmekandidat, Platz zwei: Aurubis AG (WKN: 676650, 38,945 Euro)
Ebenfalls im MDAX enthalten ist mit Aurubis jene Gesellschaft, die in der Übernahmeliste der Société Générale allgemein Platz drei belegt. Die Wahrscheinlichkeitsrate wird in diesem Fall mit 6,96 Prozent angegeben, was für deutsche Unternehmen der zweithöchste Wert ist. Was aus dieser Übernahmespekulation wird, bleibt abzuwarten, unabhängig davon hat es der Kupferhersteller im dritten Geschäftsquartal aber geschafft, die Produktionsprobleme zu beheben. Trotz eines in diesem Zeitraum verbuchten Umsatzrückgangs von zehn Prozent auf 2,628 Milliarden Euro ist es auch gelungen, den operativen Gewinn vor Steuern und Zinsen von minus neun Millionen auf plus 48 Millionen Euro zu verbessern. Zudem wurde die Prognose für das Gesamtjahr bestätigt, die ein über dem Vorjahr liegendes Ergebnis für das laufende Geschäftsjahr beinhaltet.
Das KGV aus Basis der Gewinnerwartungen für das Geschäftsjahr 2013/14 ist mit gut 24 zwar nicht unbedingt niedrig, doch das könnte sich schnell ändern, wenn sich die Geschäftslage im kommenden Jahr weiter verbessert. Ist das der Fall, würde sich das KGV basierend auf den Ergebnisschätzungen auf 10,55 verringern. Hinzu kommt ein moderates Kurs-Buchwert-Verhältnis von nur etwas über eins. Was jetzt noch fehlt, sind positive Signale vom Aktienkurs, denn dieser bewegt sich noch immer in einem langfristigen Abwärtstrend. Schwung auf die Notiz ging bisher auch nicht vom schwachen Euro aus, obwohl die Baader Bank auch Aurubis als Profiteur dieser Entwicklung sieht. Schließlich seien die auf Dollar basierenden Schmelzlöhne des Kupferproduzenten dessen wichtigster Gewinntreiber, heißt es in einer Studie. Börse Online geht davon aus, dass sich Einflussfaktoren wie dieser noch positiv bemerkbar machen und als Kursziel haben wir 45 Euro ausgerufen.
Auf Seite 6: Aixtron SE
Heißer deutscher Übernahmekandidat, Platz eins: Aixtron SE (WKN: A0WMPJ, 9,876 Euro)
Nachhaltige Chartsignale lassen auch bei Aixtron noch auf sich warten. Das hat mit den geschäftlichen Problemen zu tun, mit denen sich der Spezialanlagenbauer nach wie vor herumschlägt und am Markt sind die Akteure bisher eben noch nicht definitiv von einer Wende zum Besseren überzeugt.
Weil der TecDAX-Vertreter aber trotz allem technologisch gesehen einiges zu bieten hat und mit dem US-Konkurrenten Veeco den Markt für Verbindungs-Halbleiter-Anlagen dominiert, wird er nicht erst seit gestern auch als Übernahmekandidat gehandelt. In der entsprechenden Liste der Société Générale thront der Titel mit einer auf 7,58 Prozent bezifferten Übernahmewahrscheinlichkeit sogar auf Platz eins.
Auch in der Börse Online-Ausgabe 36-14 hatten wir erst wieder auf entsprechende Spekulationen hingewiesen. Demnach werden am Markt als potenzielle Kaufinteressenten Unternehmen wie Applied Materials, Samsung Electronics oder Cree gehandelt. Relativ einfach wäre eine Offerte hier auch deshalb umzusetzen, weil der Aktien-Streubesitz hohe 99 Prozent beträgt.
Die Hoffnung auf eine Übernahme ist aber kein Geschäftsmodell und deshalb kommt es vor allem darauf an, das Unternehmen wieder zurück in die Gewinnzone zu führen. Bei diesem Versuch gab es zuletzt immer wieder Rückschläge, weil sich die erhoffte Nachfrage nach den eigenen LED-Produktionsanlagen nicht im erwünschten Ausmaß eingestellt hat. Nun soll alles mit Hilfe einer neuen Generation von Produktionslagen besser werden, die im laufenden zweiten Halbjahr in den Markt eingeführt werden.
Aber selbst wenn es wie in der Börse Online-Datenbank ausgewiesen gelingt, 2015 in die Gewinnzone vorzustoßen, dann würde sich auf Basis der da erwarteten 0,17 Euro das KGV auf rund 58 belaufen. Um das zu rechtfertigen müsste beim Ergebnis in den kommenden Jahren weiter deutlich nachgelegt werden. Weil das noch mit einigen Unsicherheiten behaftet ist, wird Aixtron derzeit von Börse Online noch mit Verkaufen eingestuft.