Sie wird die erste Frau an der Spitze des Konzernbetriebsrats und soll auch das Mandat von Osterloh im Aufsichtsrat und in dessen engerem Führungszirkel, dem Präsidium von Volkswagen, übernehmen, wie der Betriebsrat am Freitag mitteilte. Die Schritte für ihre Bestellung über das Registergericht seien bereits eingeleitet.
Der Wechsel gilt nicht nur als das Ende einer Ära, in der der Betriebsratschef als "Co-Manager" wichtige Fäden in dem Konzern mit weltweit rund 660.000 Mitarbeitern in den Händen hielt. Damit könnten sich auch die Machtverhältnisse zugunsten des Managements verschieben. "Der schärfste Widersacher von VW-Chef Herbert Diess ist aus dem Weg geräumt und man kann sagen, dass dies die Möglichkeit schafft, VW rationaler zu führen", ordnete Arndt Ellinghorst von Bernstein Research die Nachricht ein. Dadurch könne Diess außerdem Rückenwind für eine Verlängerung seines Vertrags über 2023 hinaus erhalten. Der Konflikt darum hätte den Vorstandsvorsitzenden im vergangenen Jahr beinahe den Job gekostet. Osterloh ist als schärfster Kritiker des ehemaligen BMW-Managers bekannt, der den Wolfsburger Konzern zu einem führenden Anbieter von E-Autos und Mobilitätsdiensten umbaut und die Kosten weiter senken will.
"ICH WILL UNTERNEHMERISCH GESTALTEN"
Osterloh erklärte, der Wechsel falle ihm nach all den Jahren nicht leicht. Das Unternehmen sei mit dem Angebot an ihn herangetreten, bei Traton die vakante Position des Personalvorstands zu übernehmen. "Diese Aufgabe reizt mich", sagte er. "Ich will noch einmal unternehmerisch gestalten und in den nächsten Jahren ganz konkret mit meiner Arbeit im Vorstand dazu beitragen, dass die Traton SE ihren Weg zu einem 'Global Champion' in der Nutzfahrzeugbranche erfolgreich meistert." Osterloh arbeitet seit 44 Jahren bei Volkswagen und ist seit 1982 gewählter Belegschaftsvertreter. 2005 rückte er an die Spitze des Konzernbetriebsrats, als sein Vorgänger Klaus Volkert im Zuge eines Bestechungsskandals seinen Posten räumen musste.
Ein Wechsel an der Betriebsratsspitze des weltweit zweitgrößten Autokonzerns war erwartet worden. Allerdings hatte es lange geheißen, Osterloh wolle bei den im nächsten Frühjahr anstehenden Betriebsratswahlen noch einmal antreten und sich erst zur Mitte der Amtszeit zurückziehen. Anfang September beginnt außerdem ein Prozess gegen vier Personalmanager von Volkswagen wegen des Verdachts der Untreue. Sie sollen insgesamt fünf Arbeitnehmervertretern, darunter Osterloh, überhöhte Gehälter und Boni gewährt haben. Osterloh hatte 2017 erklärt, in der Spitze bis zu 750.000 Euro im Jahr verdient zu haben. Sein Gehalt werde vom Unternehmen festgelegt und entspreche dem Betriebsverfassungsetz.
FAMILIENEIGNER ERWARTEN BEITRAG ZUR RESTRUKTURIERUNG
Die Konzernspitze von Volkswagen würdigte Osterlohs langjährigen Einsatz für den Konzern. Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch erklärte: "Er hat wichtige strategische Schritte zur Weiterentwicklung des Konzerns und bei der Transformation mitgetragen und mit vorangetrieben." Osterloh zeichne neben seinen großen Kompetenzen im Personalbereich vor allem unternehmerischer Gestaltungswille und Durchsetzungsstärke aus. Die Familien Porsche und Piech, die über die Holding Porsche SE die Mehrheit an Volkswagen halten, erklärten, man sei nicht immer einer Meinung gewesen. Es stehe aber außer Frage, dass Osterloh aufgrund seines unternehmerischen Geschicks und seiner hohen fachlichen Kompetenz für die Vorstandsposition bei Traton qualifiziert sei. "Wir erwarten deshalb von ihm, dass er einen entscheidenden Beitrag bei der laufenden Restrukturierung im Traton-Konzern leisten wird."
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte, Osterloh habe die Belegschaft durch schwierige Zeiten mit großem Engagement und einem klaren Kompass begleitet. Der Betriebsrat bei Volkswagen hat aufgrund der Geschichte des Unternehmens eine besondere Stellung. Gegen die Arbeitnehmervertretung und das mit 20 Prozent an dem Autobauer beteiligte Land Niedersachsen kann so gut wie keine wichtige Unternehmensentscheidung durchgesetzt werden. Diese Macht hat schon mehrfach zu Konflikten geführt. Investoren kritisieren seit langem eine mangelnde Transparenz und werfen VW schlechte Unternehmensführung vor. Osterlohs Wechsel zu Traton dürfte die Kritik nicht verstummen lassen.
rtr