Auf Dreijahreshochs ist der Ölpreis der Nordseesorte Brent nach oben geschossen, jener der US-Sorte WTI sogar auf Siebenjahreshochs. Letzteres hat die US-Regierung auf den Plan gerufen. Sie hatte darüber nachgedacht, Öl aus der strategischen Reserve freizugeben, um einen Preisrückgang auszulösen. Den Plan hat sie jedoch verworfen. Zu Recht, schließlich dürfte die US-Regierung damit bestenfalls sehr kurzfristig Erfolg haben, weil mehrere Faktoren für kräftigen Aufwärtsdruck auf die Notierungen sorgen.
Zuletzt hatte das "OPEC+"-Treffen den Ölpreis nach oben getrieben. Die OPEC und ihre Partner, allen voran Russland, haben angekündigt, dass sie die im Juli vereinbarte monatliche Erhöhung der Förderung um 400 000 Barrel pro Tag auch im November fortsetzen wollen. Dabei prognostiziert die OPEC+, dass im Oktober die weltweite Nachfrage das Angebot um 1,2 Millionen Barrel pro Tag übersteigen soll, im November sollen es 0,9 Millionen sein. Zu dem Angebotsdefizit trägt einerseits bei, dass die Förderung der OPEC unter Plan liegt, weil Länder wie Angola oder Nigeria die Produktion nicht wie vereinbart ausweiten konnten.
Andererseits führt die Explosion des Gaspreises auf immer neue Rekordhochs dazu, dass Versorger allmählich von dem Energieträger auf Öl umsteigen. Laut dem Vorstandschef von Saudi Aramco, Amin Nasser, sorgt das für eine zusätzliche Nachfrage von rund 500 000 Barrel pro Tag. Umso besser ist das Umfeld für die Öl- und Gasmultis, wie den französischen Branchenriesen TotalEnergies.
Auf die Investitionsbremse treten
Das Unternehmen hatte am 1. Juli den Namen von Total zu TotalEnergies geändert, um den Wandel zu einem Energieunternehmen widerzuspiegeln. Im zweiten Quartal war der bereinigte Gewinn auf 3,5 Milliarden Dollar nach oben geschossen. Vorstandschef Patrick Pouyanné hat auf einem Investorentag am 27. und 28. September aufgezeigt, wie stark Aktionäre im vierten Quartal und in den Folgejahren an den guten Ergebnissen teilhaben sollen, und wie er den Konzern bis 2030 in Richtung erneuerbare Energien umbauen will.
Der Firmenlenker möchte die Energieproduktion bis 2030 um 30 Prozent steigern. Dabei soll das Wachstum je zur Hälfte aus dem Strombereich, vor allem durch erneuerbare Energien, sowie durch Flüssiggas kommen. Einerseits ist geplant, den Absatz von Ölprodukten bis 2030 um mindestens 30 Prozent zu reduzieren. Andererseits soll die installierte Kapazität bei erneuerbaren Energien von mehr als 10 Gigawatt (GW) per Ende 2021 auf 100 GW bis 2030 gesteigert werden. Zudem setzt Pouyanné auf Gas als Übergangstechnologie und will künftig an dem deutlichen Wachstum des Flüssiggasmarkts partizipieren. Damit soll im Jahr 2030 Öl nur noch 30 Prozent des Konzernabsatzes ausmachen, gegenüber 50 Prozent für Erdgas. Den Rest sollen Strom, Biomasse und Wasserstoff beisteuern.
Für den Zeitraum 2022 bis 2025 peilt das Unternehmen durchschnittliche Investitionen von 13 bis 15 Milliarden Dollar pro Jahr an. Das obere Ende der Prognose liegt um eine Milliarde Dollar unter der bisherigen. Die Maßnahmen sollen den Cashflow kräftig sprudeln lassen, selbst wenn der Ölpreis einbrechen sollte. Bei Notierungen von durchschnittlich 50 Dollar pro Barrel Brent soll der Cashflow zwischen 2021 und 2026 um fünf Milliarden Dollar gesteigert werden, davon jeweils 1,5 Milliarden Dollar durch erneuerbare Energien und Flüssiggas. Gleichzeitig will der Vorstandschef deutlich auf die Kostenbremse treten, wodurch die Eigenkapitalrendite bis 2025 auf mehr als 12 Prozent erhöht werden soll. Das wäre eine enorme Verbesserung, nachdem der Wert in den vier Quartalen bis Mitte 2021 auf 8,4 Prozent nach oben geschossen war.
Das Wachstum des Cashflows soll künftig dazu genutzt werden, die Dividende zu erhöhen. Zudem soll bei Ölpreisen von mehr als 60 Dollar bis zu 40 Prozent des überschüssigen Cashflows in Aktienrückkäufe fließen. Aufgrund der hohen Öl- und Gaspreise will der Konzern im laufenden Quartal für 1,5 Milliarden Dollar Aktien zurückkaufen. "TotalEnergies ist zuversichtlich, die Energiewende und die Rendite für die Aktionäre kombinieren zu können", sagte Pouyanné.
Auf einen Blick
TotalEnergies
Die Rally beim Ölpreis hat die Aktie auf das höchste Niveau seit Februar 2020 getrieben. Wegen der guten Geschäftsperspektiven sollte der Aufwärtstrend anhalten. Empfehlung: Kaufen