"Er hat meine volle Unterstützung, den Weg zu stärkerer Rentabilität und Wachstum zu gestalten." VW-Chef Herbert Diess twitterte am Donnerstag: "Das ist der richtige Schritt zur richtigen Zeit."
Levins wichtigste Aufgabe wird, die Zusammenarbeit zwischen den Marken Scania, MAN und Navistar zu verbessern. Traton ist zwar an der Börse, gehört aber zu 90 Prozent dem VW-Konzern, der die Münchner an der kurzen Leine führt und Gründler zuletzt den ehemaligen Betriebsratschef Bernd Osterloh als Personalvorstand zur Seite gestellt hatte. Das war bei Traton nicht nur auf Begeisterung gestoßen. Während Scania mit starken Zahlen glänzt und bei der Rendite weit voraus fährt, ist MAN das Sorgenkind und steckt in einer Restrukturierung, bei der 3500 Stellen wegfallen sollen und zwei Werke verkauft worden sind. Von dem Renditeziel von acht Prozent ist das Traditionsunternehmen weit entfernt.
Levin erklärte, sein Fokus werde auf der Transformation des Geschäfts in neue Technologiebereiche und Regionen liegen, sowie auf Synergien durch Modularisierung und Skalierbarkeit. Der Schwede hatte erst im Mai den Spitzenposten bei Scania von Henrik Henriksson übernommen. Er gilt als zugänglicher als sein Vorgänger, der den schwedischen Lkw-Bauer stärker von VW und MAN abgegrenzt hatte.
MAN-Chef Andreas Tostmann zeigte sich im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters offen für die Zusammenarbeit mit Levin. Als langjähriger Traton-Kollege kenne dieser die Marken, ihre Potenziale und Bedürfnisse. Die Kooperation von MAN und Scania werde immer enger, das zeigten Projekte wie der gemeinsame Motor CBE. "Ich sehe darin große Chancen für alle Marken, besonders auch für uns bei MAN, vor allem mit Blick auf die großen Entwicklungsaufgaben bei 'Zero Emission', Automatisierung und Digitalisierung." Unternehmenskreisen zufolge hakt jedoch die Zusammenarbeit etwa in der Elektromobilität, wo Scania und MAN jeweils eigene Batterietypen entwickeln - anders als im VW-Konzern, wo Diess auf eine Einheitszelle setzt.
Ob mit der Neubesetzung die Trendwende geschafft wird, ist nach Einschätzung der Jefferies-Analysten unklar. Traton kämpfe seit Jahren damit, MAN und Scania enger zu verzahnen, was schon den Abgang von Andreas Renschler mit ausgelöst habe. "Die jüngsten Ankündigungen werfen Fragen zur Integration von Navistar auf." Ein weiterer Knackpunkt sei eine Kapitalerhöhung: Gründler und der scheidende Finanzchef Christian Schulz hätten sich dafür ausgesprochen. "Obwohl es ermutigende Signale in diesem Jahr gegeben hat, bleibt VW zurückhaltend." Immerhin sicherte VW-Chef Diess per Twitter Levin zu, Traton die nötige Beinfreiheit zu geben, um die Strategie erfolgreich umzusetzen.
FINANZCHEF GEHT EBENFALLS
Im Sommer 2020 hatte sich Traton Knall auf Fall von Renschler getrennt, der das Unternehmen ein Jahr zuvor an die Börse geführt hatte. Man holte Gründler zurück, der bis 2018 dort Finanzchef gewesen war. Der 56-jährige trieb den Navistar-Kauf maßgeblich voran und stärkte Traton auf dem wichtigen US-Markt Er selbst begründet seinen vorzeitigen Abgang damit, er habe seine Strategie schneller umgesetzt als erwartet. Ein Traton-Sprecher sagte, Gründler habe stets klar gemacht, nur für eine Amtszeit bleiben zu wollen. Sein Vertrag wäre bis Juni 2023 gelaufen.
Auch Traton-Finanzchef Schulz, der maßgeblich den Börsengang organisiert hatte, verlässt das Unternehmen. Schon am Freitag steigt Annette Danielski, die seit drei Jahren für die Finanzen bei Traton verantwortlich ist, zum Vorstand auf. Über Schulz' Abgang war bereits spekuliert worden. Schulz sehe sich durch VW gebremst, berichtete das "Manager Magazin". Auch MAN verliert seinen Finanzchef: Christian Schenk wechselt am Freitag zur VW-Marke Skoda und übernimmt dort das Finanzressort. Damit sei der Skoda-Vorstand komplett. Ein Nachfolger bei MAN steht noch nicht fest.
rtr