Der Frankfurter Leitindex verabschiedete sich letztlich mit einem Minus von 3,6 Prozent auf 11.083,20 Punkte aus dem Handel. Der europäische Auswahlindex schloss 4,2 Prozent tiefer bei 3468,90 Zählern. Die US-Börsen lagen knapp ein Prozent im Minus. "Durch die vergleichsweise gefasste Reaktion der Finanzmärkte auf die neue politische Ausgangslage und die hiermit deutlich gestiegene 'Grexit'-Gefahr sehen wir uns in unserer Auffassung bestätigt, dass ein Euro-Ausscheiden Griechenlands zwar ein herber Einschnitt für Europa wäre, aber außerhalb Griechenlands kein Katastrophenszenario darstellt", erklärte LBBW-Experte Markus Herrmann.
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INVESTOREN WITTERN EINSTIEGSCHANCEN
Auch andere Börsianer zeigten sich verhalten optimistisch. Asoka Wöhrmann, Chef-Anleger der Vermögensverwaltungstochter der Deutschen Bank, sprach angesichts der Marktturbulenzen bereits von Einstiegschancen. Marktanalyst Heino Ruland von Ruland Research ging davon aus, dass sich die Griechen bei dem Referendum für eine Annahme der Reformvorschläge aussprechen und damit der Regierung einen klaren Sanierungsauftrag erteilen werden. Dies sei vielleicht sogar ohne einen Abschied Griechenlands aus der Euro-Zone möglich.
Auslöser für den Abbruch der Schuldengespräche am Wochenende war die überraschende Ankündigung eines griechischen Referendums über die Reformvorschläge der Gläubiger. Ohne weitere Finanzspritzen wird das Land die am Dienstag fällige 1,6 Milliarden Euro schwere Rate an den Internationalen Währungsfonds (IWF) wohl nicht zurückzahlen können. Um einen Ansturm auf die Banken zu verhindern, bleiben diese ebenso wie die Börse in Athen zeitweise geschlossen.
Auf Seite 3: AUSVERKAUF BEI GRIECHEN-BONDS - EURO ZEITWEISE UNTER DRUCK
AUSVERKAUF BEI GRIECHEN-BONDS - EURO ZEITWEISE UNTER DRUCK
Verkäufe bei den griechischen Staatsanleihen trieben die Rendite der zweijährigen Titel um mehr als 16 Prozentpunkte in die Höhe auf 37,3 Prozent. Die Furcht vor einem Überschwappen der Krise auf andere hoch verschuldete Staaten wie Italien oder Spanien setzte den dortigen Börsen zu. Die Leitindizes in Mailand und Madrid gaben jeweils um mehr als vier Prozent nach. Die Renditen der zehnjährigen Bonds stiegen auf 2,388 Prozent und 2,353 Prozent. Zum Höhepunkt der europäischen Schuldenkrise im Sommer 2012 lagen sie aber etwa drei Mal so hoch. Bei Experten gelten erst Renditen oberhalb von fünf Prozent als kritisch für die Staatsfinanzierung.
Am Devisenmarkt fiel der Euro zu Wochenbeginn zeitweise um etwa zwei US-Cent auf ein Vier-Wochen-Tief von 1,0953 Dollar, allerdings fing sich auch die Gemeinschaftswährung relativ schnell wieder und legte am Abend sogar auf 1,1181 Dollar zu. "Man kann von einer relativ begrenzten Reaktion sprechen, die Lage am Devisenmarkt hat sich wieder schnell entspannt", fasste Commerzbank-Analyst Ulrich Leuchtmann zusammen. Dazu hätten auch Stützungskäufe der Schweizer Notenbank beigetragen, die damit eine Aufwertung des Franken zum Euro bremsen wollte.
Die hohe Nachfrage nach Bundesanleihen hievte den Bund-Future um 157 Ticks in die Höhe auf 151,76 Punkte. Die "Antikrisen-Währung" Gold verteuerte sich in der Spitze um ein Prozent auf 1186,91 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Auch am Rohstoffmarkt hinterließ die Hellas-Krise Spuren: Nordseeöl der Sorte Brent verbilligte sich um bis zu drei Prozent.
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BANKEN EUROPAWEIT AUF TALFAHRT
Am Aktienmarkt gerieten vor allem die Finanzwerte unter die Räder. Der Index für die Banken der Euro-Zone stürzte um 5,7 Prozent ab. "Der Markt pickt sich diejenigen Banken mit den größten Engagements in europäischen Staatsanleihen heraus", sagte Chris Parkinson, Chef-Analyst des Brokerhauses Christopher Street Capital. Die portugiesische BCP, die italienische Banca Monte dei Paschi di Siena (BMPS) und der spanische Banco Popular waren mit Verlusten zwischen sieben und elf Prozent die schwächsten Werte. Deutsche Bank und Commerzbank verloren jeweils rund fünf Prozent.
Touristikwerte verbuchten ebenfalls heftige Kursverluste. So brachen die in London notierten Titel von TUI um bis zu 10,4 Prozent ein. Auslöser für die Verkäufe war Börsianern zufolge vor allem der Anschlag in Tunesien.
Reuters