Auch Wirtschaftsverbände und Konzerne weltweit einschließlich der USA kritisierten Präsident Donald Trump und bekannten sich zum Klimaschutz. Die deutsche Industrie warnte aber vor Wettbewerbsverzerrungen und lehnte zusätzliche Anstrengungen wegen des US-Ausstiegs ab. Die Bundesregierung verwies im Bemühen um weltweite Einheit darauf, die Lücke der USA müsse jetzt nicht von anderen geschlossen werden.

Russlands Präsident Wladimir Putin hat indes demonstrativ gelassen auf die Ankündigung Trumps reagiert. Man könne sich immer noch verständigen, sagte er in St. Petersburg mit Blick darauf, dass konkrete Klimaschutzziele in dem Abkommen nicht verpflichtend verankert seien.

Merkel unterdrückte ihren Ärger über die Erklärung Trumps zum Ausstieg aus dem Klimavertrag nicht. "Wir brauchen dieses Pariser Abkommen, um unsere Schöpfung zu bewahren." Deutschland werde seine Verpflichtungen erfüllen: "Entschlossener denn je werden wir in Deutschland, in Europa und in der Welt alle Kräfte bündeln, große Menschheits-Herausforderungen wie die des Klimawandels aufzunehmen und erfolgreich diese Herausforderung zu bewältigen." Sie schloss ihre Ansprache mit den Worten: "Lassen Sie uns gemeinsam den Weg weitergehen, damit wir erfolgreich sind für unsere Mutter Erde."

DEUTSCHLAND WILL KEINE KONFRONTATION MIT USA



Die Bundesregierung warnte aber davor, auf Konfrontationskurs mit den USA zu gehen. Sanktionen stünden nicht zur Debatte, machte Regierungssprecher Steffen Seibert klar. Man werde mit den USA und auch Trump weiter eng zusammenarbeiten. Deutschland hat derzeit die Präsidentschaft bei den 20 wichtigsten Ländern der Welt (G20) inne. Merkel ist Gastgeberin des Gipfels Anfang Juli in Hamburg und will dort eine möglichst geschlossene Position der Länder erreichen. Seibert sagte, man dürfe hier nicht nur auf ein Land blicken. Schon beim G7-Gipfel vergangene Woche hatten sechs Staaten in der Klimafrage gegen die USA gestanden. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks setzt auf eine Doppelstrategie, um den Klimaschutz auch in den USA voranzutreiben. Der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten" sagte Hendricks, sie werde nun stärker auf Partnerschaften in den US-Bundesstaaten setzen. "Aber wir werden auch die Gesprächsfäden nach Washington nicht abreißen lassen."

Obwohl die EU und China in Handelsfragen eine Reihe von Streitfällen haben, führte die Entscheidung Trumps zu einem Schulterschluss: In einer gemeinsamen Erklärung bekannten sich beide Seiten nicht nur zum Klimavertrag und ihren Verpflichtungen. Beim Besuch des chinesischen Ministerpräsidenten Li Kequiang bekräftigten beide Seiten auch zu beschlossene Milliarden-Hilfen für ärmere Länder, um die Folgen des Klimawandels zu mildern. Beschlossen ist ein Fonds von weltweit 100 Milliarden Dollar jährlich aus öffentlichen und privaten Mitteln ab 2020. Trump hat angekündigt, kein Geld mehr einzuzahlen. Ob andere Länder nun ihren Beitrag aufstocken, ist offen. Die Bundesregierung betonte im Bemühen um Geschlossenheit, kein Land sei dazu verpflichtet.

Im Vertrag von Paris verpflichtet sich die Weltgemeinschaft zwar, die Erderwärmung auf maximal zwei Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu beschränken. Die nationalen Selbstverpflichtungen sind aber freiwillig, Sanktionen nicht vorgesehen.

DEUTSCHE WIRTSCHAFT GEGEN ZUSÄTZLICHE ANSTRENGUNGEN



Sorgen wurden in der Wirtschaft laut: Zum einen könnten die USA mit dem Verzicht auf Klimaschutz einen Wettbewerbsvorteil bekommen. Zum anderen wird befürchtet, dass nun mehr Anstrengungen verlangt würden, um den Beitrag der USA zu ersetzten. Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Dieter Kempf, sagte: "Der isolationistische Kurs von Donald Trump in der Klimapolitik wendet sich gegen die Investitionsstrategien vieler Unternehmen in den USA selbst und weltweit, die das Paris-Abkommen unterstützen." Zugleich wäre es falsch, nun die eigenen Reduktionsziele weiter zu verschärfen. Der Präsident des Automobilverbandes VdA, Matthias Wissmann, warnte: "Der Erhalt unserer internationalen Wettbewerbsfähigkeit ist die Voraussetzung für erfolgreichen Klimaschutz." Außenhandelspräsident Anton Börner sagte Reuters, kurzfristig werde es keine Auswirkungen geben. Insgesamt aber schaffe Trump so Unsicherheit.

In den USA bekam Trump von republikanischen Gefolgsleuten Rückendeckung für seinen Schritt. Aus der Wirtschaft kamen aber auch zahlreiche kritische Stimmen: Tesla-Chef Elon Musk und Disney Robert Iger kündigten aus Protest ihre Beraterfunktionen bei Trump. Facebook-Vorstandschef Mark Zuckerberg schrieb in seinem Online-Netzwerk, der Beschluss sei "schlecht für die Umwelt, schlecht für die Wirtschaft und gefährdet die Zukunft unserer Kinder". In seinem ersten Kommentar auf Twitter sprach Goldman-Sachs-Chef Lloyd Blankfein von einem "Rückschlag für die Umwelt und für die US-Führungsposition in der Welt".

rtr