Marktteilnehmer reagierten nervös darauf, dass ein US-Notenbank-Mitglied die Hoffnungen auf eine finanzielle Rückendeckung dämpfte. Ankara wittert indes Marktmanipulation und will stärker gegen Spekulanten vorgehen.

Die Türkei, die auf ihre zweite Rezession innerhalb von weniger als zwei Jahren zusteuert, hat die US-Notenbank und andere Zentralbanken um Zugang zu Finanzmitteln gebeten. Hintergrund sind die eigenen Nettowährungsreserven, die von 40 Milliarden Dollar im bisherigen Jahresverlauf auf rund 28 Milliarden Dollar gesunken sind. Doch angesprochen auf die Erweiterung von Swap-Kreditlinien, die klammen Staaten wie der Türkei Zugang zu Dollar-Bargeld ermöglichen würde, machte Fed-Mitglied Thomas Barkin darauf wenig Hoffnung. Das werde nicht für alle Länder möglich sein, sagte er am Mittwoch am Rande einer Online-Podiumsdiskussion. Die Mittel der US-Zentralbank seien dazu gedacht, die Märkte zu stabilisieren und nicht dazu, Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. Diese Aussagen hätten die Talfahrt der Lira beschleunigt, sagte ein Devisenhändler. "Wir denken, der Druck auf die Lira wird auf kurze Sicht anhalten."

Seit Jahresbeginn hat die Devise im Zuge der Coronavirus-Pandemie rund 18 Prozent abgewertet. Die Türkei zählt zu den Ländern, die erst spät mit Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus begonnen haben. Analysten sehen bei der derzeitigen Abwertungsgeschwindigkeit eine steigende Gefahr, dass eine Abwärtsspirale entsteht und Devisenverbindlichkeiten unter Druck geraten. "Wir sind bereits mit einem Fuß in einer Währungskrise", sagte Schwellenland-Experte Cristian Maggio vom Handelshaus TD Securities. Mit der sinkenden Lira wird es für die Türkei deutlich teurer, ihre in harten Währungen wie US-Dollar und Euro begebenen Anleihen zurückzuzahlen. Die Nervosität der Anleger spiegelte sich auch am Anleihemarkt wider. Staatsanleihen des Landes wurden verkauft, das trieb die Rendite der bis 2030 laufenden Dollar-Bonds auf 8,406 von zuvor 8,031 Prozent.

AUSLÄNDISCHE BANKEN ALS WÄHRUNGSMANIPULANTEN IM VISIER


Finanzminister Berat Albayrak hatte am Mittwoch in einer Telefonkonferenz noch versucht, die Investoren zu beruhigen und die türkischen Währungsreserven als "mehr als ausreichend" bezeichnet. Die Regierung nahm angesichts des anhaltenden Kursverfalls der Lira die Devisentransaktionen ausländischer Banken ins Visier und verhängte strengere Regeln gegen Marktmanipulation.

Der staatlichen Agentur Anadolu zufolge stehen einige ausländische Banken im Verdacht, Fremdwährungen im großen Stil gekauft und daraus folgende Lira-Verpflichtungen nicht bedient zu haben, um die Währung gezielt zu schwächen. Die Finanzaufsicht untersagte den Banken BNP Paribas, Citi und UBS den Handel mit Lira. Generell will Ankara gegen Institutionen vorgehen, die "falsche oder missverständliche Informationen" an den Börsen verbreiteten. Die Wettbewerbsbehörden teilten mit, Ermittlungen gegen 29 Unternehmen wegen ungewöhnlicher Preisbewegungen in der Pandemie-Zeit eingeleitet zu haben.

rtr