Am Finanzmarkt kamen die Nachrichten schlecht an. Die Tui-Aktie verlor am Morgen fast fünf Prozent an Wert und war damit schwächster Wert im Londoner Leitindex FTSE 100.
"Die Last-Minute-Buchungen sind gering", sagte Joussen. Trotzdem habe Tui bis jetzt 86 Prozent des Sommerangebots verkauft. Die Zahl der Kunden liege derzeit vier Prozent höher als vor einem Jahr, und die Umsätze seien in den jeweiligen Landeswährungen um fünf Prozent gestiegen.
Auch bei den Reisen in krisengeschüttelte Urlaubsländer geht es Joussen zufolge aufwärts. "Die Türkei kommt zurück, die Buchungen sind sehr stark." Das Land hatte in den vergangenen Jahren nach Terroranschlägen und Putschversuch einen herben Einbruch bei den Urlauberzahlen erlitten. Auch bei Reisen nach Ägypten und Marokko gehe es wieder aufwärts, sagte der Tui-Chef.
Für das laufende Geschäftsjahr bis Ende September geht der Manager weiterhin davon aus, den bereinigten operativen Gewinn auf Basis konstanter Wechselkurse um mindestens 10 Prozent zu steigern. Dass es wie in den Vorjahren eher 13 Prozent werden, sei jetzt aber weniger zu erwarten, räumte er ein. Reiseveranstalter fahren ihre Gewinne hauptsächlich im Sommer ein. Daher ist der Erfolg in der Zeit von Juli bis September für Unternehmen wie Tui und Thomas Cook entscheidend.
Europas zweitgrößter Reiseveranstalter Thomas Cook (Neckermann Reisen, Condor) hatte bereits vergangene Woche von Problemen im Last-Minute-Geschäft berichtet. Viele Kunden hätten ihren Urlaub angesichts des heißen Wetters in der Heimat aufgeschoben. Sie wollten die derzeitigen Rekordtemperaturen lieber zu Hause genießen, sagte Thomas-Cook-Chef Peter Fankhauser.
Im dritten Geschäftsquartal bis Ende Juni steigerte Tui den Umsatz auf vergleichbarer Basis um fünf Prozent auf 5,0 Milliarden Euro. Der um Sonderposten bereinigte operative Gewinn (Ebita) ging wegen des schwachen britischen Pfund im Vergleich zum Vorjahreszeitraums hingegen um 13 Prozent auf 193 Millionen Euro zurück.
Belastend wirkten sich auch die Fluglotsenstreiks in Frankreich aus, die Tui 13 Millionen Euro kosteten. Der Nettogewinn verdreifachte sich zwar auf 146 Millionen Euro. Allerdings hatte ein Jahr zuvor der Verkauf der Spezialreise-Sparte Travelopia das Ergebnis belastet.
Zu schaffen macht Tui der Brexit. Das britische Pfund hat wegen des bevorstehenden Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union deutlich an Wert verloren. Das macht Reisen für Briten in Euro-Länder wie Spanien teurer. Dennoch gelang es Tui, im Vereinigten Königreich viele Reisen zu verkaufen. Auch im abgelaufenen Quartal sei die Nachfrage hoch gewesen, betonte das Management. Dies ging allerdings zulasten des Gewinns. In der Region Nord mit Großbritannien als größtem Markt sackte der bereinigte operative Gewinn um 80 Prozent auf 16 Millionen Euro nach unten.
Auch um den Brexit selbst macht sich Tui eine Menge Gedanken. "Wenn man nicht weiß, was passieren wird, bereitet man sich auf alles vor", sagte Joussen. Die Liste der Überlegungen sei sehr lang. Wie genau der Konzern einem möglichen harten Brexit begegnen will, wollte er aber nicht erläutern.
Die Frage ist etwa, unter welchen Bedingungen Fluggesellschaften aus Großbritannien künftig in die EU und innerhalb der Europäischen Union fliegen dürfen. Zu Tui gehören mehrere Fluggesellschaften, etwa Tuifly in Deutschland und die frühere Thomson Airways in Großbritannien, die inzwischen auch unter der Marke Tui fliegt./stw/jsl/jha/