Eine Schocknachricht erreichte kürzlich Urlauber auf aller Welt. Der Reisekonzern Thomas Cook musste nach gescheiterten Verhandlungen über eine Finanzspritze Insolvenz anmelden. Unter anderem eine milliardenschwere Abschreibung sowie eine sinkende Reiselust trieben den mehr als 150 Jahre alten Konzern in die Pleite.
Aber nicht nur Thomas Cook ist in der Bredouille, der ganze Sektor leidet derzeit. Zum einen lagen laut dem touristischen Handels-Panel TDA Travel Intelligence die Umsätze mit Winterreisen im vergangenen Monat um drei Prozent unter dem Niveau von 2018. Zum anderen sorgen der Ausfall des Boeing-Fliegers 737 MAX sowie die von Aktivistin Greta Thunberg angestoßene Klimadiskussion für Unsicherheiten.
Deutschlands größter Reiseveranstalter TUI spürt den Gegenwind. Allein das Flugverbot für die 737-Max-Maschinen kostete den Konzern im abgelaufenen Quartal 144 Millionen Euro. Für das Gesamtjahr 2018/19 (30. September) rechnet TUI mit Sonderbelastungen von bis zu 300 Millionen Euro. Dies ist auch der Grund, warum das in Hannover ansässige Unternehmen Ende März von seiner ursprünglichen Gewinnprognose abrücken musste. Statt eines im Vergleich zum Vorjahr unveränderten Ebita wird ein Rückgang um bis zu 26 Prozent prognostiziert.
Dieses Ziel wurde nun nach dem dritten Quartal bestätigt. Vor dem Hintergrund, dass der Boeing-Flieger noch immer keine Betriebsgenehmigung bekommen hat, ist dies grundsätzlich positiv zu werten. Mit einer starken Entwicklung in den Bereichen "Hotels" und "Kreuzfahrten" versucht TUI, die Boeing-Misere abzufangen. Dank des Kapazitätsausbaus bei den Kreuzfahrtschiffen legte der Umsatz in dieser Sparte in den ersten neun Monaten um knapp ein Zehntel zu, der operative Gewinn verbesserte sich sogar um 14 Prozent. Dass die beiden Bereiche zudem immer rentabler werden, zeigt die langjährige Entwicklung der Kapitalrendite.
Besonders dynamisch entwickelt sich derzeit der Bereich "Zielgebietserlebnisse".Damit ist das Geschäft mit Ausflügen, Touren und Aktivitäten gemeint. Auf der Umsatzseite kommt TUI dabei die vor einem Jahr getätigte Übernahme der italienischen Musement zugute, die diesen Sektor deutlich stärkte. Ein guter Schachzug: Mit einem globalen Umsatz von 150 Milliarden Euro und einem jährlichen Wachstum von sieben Prozent gehört der Bereich zu den attraktivsten Feldern im Tourismusgeschäft. Die Segmenterlöse erhöhten sich in den ersten drei Quartalen um 328 Prozent. Das Ebita-Plus von 19,5 Prozent kann dem hohen Umsatztempo zwar nicht folgen, allerdings belasten noch Integrationskosten das Ergebnis. Diese werden aber sukzessive sinken, was im Umkehrschluss höhere Gewinne in der Zukunft bedeutet.
Spekulationen um Zukauf
TUI-Chef Fritz Joussen will aber auch in andere Felder investieren, etwa im Bereich der Airlines. Am Markt kursiert das Gerücht, der Konzern habe es auf die zu Thomas Cook zählende Fluglinie Condor abgesehen, um diese dann mit Tuifly zu fusionieren. Der Plan: die Gründung einer eigenständigen Charter- und Ferienfluggesellschaft. Bereits im Jahr 2016 versuchte Joussen dies mit der damaligen Air-Berlin-Tochter Niki, scheiterte allerdings.
An der Börse konnte TUI zuletzt nicht überzeugen. Auf einen Absturz Anfang des Jahres folgte ein Seitwärtstrend im Bereich zwischen acht und zehn Euro. Zurzeit klopft der Kurs wieder an der Oberseite des Korridors an. Die Hauptgründe für die schwache Kursentwicklung - der ungewisse Ausgang des Brexit sowie die Wiederinbetriebnahme der 737 Max - dürften allmählich gebührend in den Kurs eingeflossen sein. Zudem profitierte TUI zuletzt von der Pleite des Konkurrenten.
Es gibt noch weitere positive Faktoren. Dazu zählt neben den operativen Chancen auch, dass Boeing TUI wahrscheinlich für die Flugausfälle entschädigen muss. Hinzu kommt, dass die Aktie des Unternehmens extrem günstig bewertet ist. Aktuell kostet der Titel nur knapp das Achtfache der für das kommende Jahr prognostizierten Gewinne. Nach einem Rückgang im laufenden Jahr wird allerdings erwartet, dass das Ergebnis 2020 wieder auf das Niveau von 2018 klettern wird. Damals lag der TUI-Kurs deutlich im zweistelligen Bereich.