Recep Tayyip Erdogan war lange Zeit erfolgreich. Unter seiner Führung wuchs der Wohlstand in der Türkei kräftig. So ist in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten die Wirtschaftsleistung pro Kopf sichtbar gestiegen.
Doch der Wind hat sich gedreht. Das Land am Bosporus steuert auf eine politisch und wirtschaftlich größere Krise zu. Dazu haben zahlreiche Terroranschläge, der Putschversuch im Juli 2016 und die darauf folgenden drakonischen Maßnahmen der Regierung sowie die wachsende Spaltung des Landes beigetragen. Der zunehmend autokratische Kurs des Präsidenten gipfelt im Referendum am 16. April zur Einführung eines Präsidialsystems in der Türkei.
Von der wirtschaftlichen Aufbruchstimmung der vergangenen Jahre ist nicht mehr viel übrig geblieben. Die politischen Turbulenzen sorgen bei Investoren für Verunsicherung. Hinzu kommt, dass die drei großen Ratingagenturen die Bonitätseinschätzung des Landes im Ramschbereich sehen. Und die Inflationsrate kletterte im März mit 11,29 Prozent auf den höchsten Stand seit Oktober 2008 - das offizielle Inflationsziel der Zentralbank liegt bei fünf Prozent. Insbesondere bei Lebensmitteln, Alkohol und Verkehrskosten fiel zuletzt der Anstieg besonders dramatisch aus, also gerade bei jenen Ausgaben, welche die Bevölkerung tagtäglich zu spüren bekommt.
Türkische Lira eingebrochen
Ein wesentlicher Grund für den drastischen Preisanstieg ist die chronische Schwäche der Türkischen Lira. Investoren haben wegen Erdogans politischem Kurs auch das Vertrauen in die Währung verloren. Innerhalb eines Jahres hat die Lira um rund ein Viertel zum Dollar abgewertet. Auch gegenüber dem Euro hat die türkische Währung etwa ein Viertel an Wert verloren. Das verteuert Importe des rohstoffarmen Landes.
Derzeit spricht wenig dafür, dass sich die Lira so bald erholen wird. Auch nach der Volksabstimmung über die auf Erdogan zugeschnittene Verfassung dürfte die Unsicherheit der Investoren weiterhin groß sein. Experten erwarten, dass die Lage so oder so schwierig bleibt: Ein Nein könnte für weitere Unsicherheit sorgen, ein Ja könnte zu einem Ein-Mann-Staat führen und Investoren noch mehr abschrecken.
Rohstoffproduzent Südafrika
Nicht viel besser sind die Aussichten eines anderen Schwellenlands: Süd-afrika. Der radikale Umbau des Kabinetts, vor allem die Entlassung des angesehenen Finanzministers Pravin Gordhan, hat jüngst viele Investoren verschreckt. Gordhan galt als Hüter der Ausgabendisziplin in Südafrika. Er hatte die von Präsident Jacob Zuma anvisierte ausschweifende Erhöhung der Staatsausgaben blockiert.
Der Südafrikanische Rand, der in den vergangenen Monaten noch zu den besten Schwellenländerwährungen gehörte, rauschte zuletzt in den Keller. Während der Rand gegenüber dem Euro in den vergangenen zwölf Monaten um 13 Prozent aufwertete, verlor er gegenüber der europäischen Leitwährung in den zurückliegenden vier Wochen circa vier Prozent.
2016 hatte sich die südafrikanische Währung dank der deutlich gestiegenen Rohstoffpreise positiv entwickelt. Das Land gehört aufgrund seines Reichtums an Bodenschätzen weltweit zu den führenden Rohstoffproduzenten. Nach dem Rauswurf des Finanzministers stufte die US-Ratingagentur Standard & Poor’s die Bonität Südafrikas jedoch auf Ramschniveau ab.
Aufgrund der unberechenbaren Politik sowohl in Südafrika als auch in der Türkei dürfte die Volatilität der beiden Landeswährungen hoch bleiben. Anleger haben mit Contracts for Difference (CFDs) - zu Deutsch: Differenzkontrakte - die Möglichkeit, überproportional von Kursbewegungen zu profitieren. Anleger setzen mit Long-CFDs auf steigende oder mit Short-CFDs auf fallende Notierungen.
CFDs mit großen Hebeln
Differenzkontrakte sind Hebelinvestments, die hohe Gewinne ermöglichen, aber auch große Verluste bescheren. Ein Hebel von zehn bedeutet etwa, dass der Wert eines Long-CFDs um zehn Prozent steigt, wenn sich der Basiswert um ein Prozent nach oben bewegt. Der Hebel wirkt aber in beide Richtungen. Er kommt dadurch zustande, dass Anleger nur einen Bruchteil des gehandelten Basiswerts zahlen. Sie hinterlegen bei ihrem Broker lediglich einen geringen Teil des Basiswerts als Sicherheitsleistung (Margin; siehe Glossar). Je kleiner die Margin, desto größer der Hebel. Beträgt beispielsweise die Margin nur ein Prozent des gehandelten Werts, entsteht dadurch ein gigantischer Hebel von 100. Der Basiswert braucht sich dann nur um ein Prozent in die falsche Richtung zu bewegen, damit es zum Totalverlust des Kapitaleinsatzes kommt.
Differenzkontrakte sind rechtlich gesehen eine Vereinbarung zwischen Anleger und Broker. Letzterer stellt die Kurse, legt die Bedingungen fest und bietet entsprechende Handelsmöglichkeiten für die Investoren.
Wie riskant CFDs sein können, die sich auf Währungen beziehen, zeigt der Devisencrash, den Anfang 2015 die Schweizerische Nationalbank verursachte. Die Zentralbank hatte damals den Mindestkurs von 1,20 Franken je Euro aufgegeben. Binnen Sekunden stürzte der Euro gegenüber dem Franken radikal ab und verlor in der Spitze 30 Prozent an Wert. Anleger, die mit Hebeln von 100 oder mehr agiert hatten, verloren zum Teil mehr als 100 000 Euro auf einen Schlag.
Durch die eingesetzten hohen Hebel rutschten viele CFD-Konten innerhalb von Minuten tief ins Minus. Da die Positionen nicht rechtzeitig glatt gestellt werden konnten, mussten viele Anleger Geld nachschießen.
Währungen wie die Türkische Lira oder der Südafrikanische Rand eignen sich besonders für risikobereite CFD-Anleger, die von starken Kursbewegungen überproportional profitieren wollen. Im Vorfeld sollten sie sich aber im Klaren darüber sein, wie viel Risiko sie eingehen wollen und entsprechend umsichtig bei der Auswahl des Hebels sein. Da Anleger mit Differenzkontrakten einen Vertrag mit dem CFD-Anbieter abschließen, sollten sie sich die AGB des Brokers genau ansehen.
Glossar
Margin: CFD-Anleger hinterlegen auf ihrem Handelskonto eine Sicherheitsleistung, auch Margin genannt. Sie ist geringer als die Kosten des eigentlichen Basiswerts. Dadurch entsteht bei dem Investment der Hebel. So können Investoren große Summen mit vergleichsweise -geringem Kapital handeln. Bevor das Konto ins Minus rutscht, werden in der Regel alle Positionen automatisch geschlossen. Bei extremen Marktbewegungen kann es jedoch zur Nachschusspflicht (siehe unten) kommen.
Nachschusspflicht: Das Verlustrisiko ist nicht auf die vom CFD- Anleger eingesetzte Margin beschränkt, sondern erfasst auch sein sonstiges Vermögen. Das Verlustrisiko ist also der Höhe nach unbegrenzt, sofern der Investor keine abweichende Vereinbarung mit dem Broker getroffen hat. Führen Verluste dazu, dass das auf dem CFD-Konto bereitgestellte Kapital zur Unterlegung offener Positionen nicht mehr ausreicht, müssen die Anleger Geld nachschießen.