von Martin Blümel

Auch wenn man am liebsten in deutsche Aktien investiert, so schielt man doch gern immer wieder über den großen Teich, wenn dort wichtige Konjunkturdaten anstehen - die Wall Street gibt langfristig gesehen doch immer noch die Richtung auch für Europas Börsen vor. Am vergangenen Freitag standen die US-Arbeitsmarktdaten im Mittelpunkt. Und die konnten nicht so recht überzeugen.

Die Arbeitslosenquote verharrte bei 5,3 Prozent, was in Ordnung ist, allerdings ist die Partizipationsrate am Arbeitsmarkt weiter erschreckend niedrig. Mit 62,6 Prozent liegt sie auf dem Niveau von 1977. Letztlich ist es so, dass seit Beendigung des QE-Programms im Herbst 2014 die Dynamik beim Arbeitsplatzaufbau nachgelassen hat. Außerdem sind in Summe seit 2007 1,4 Millionen hochbezahlte Jobs im Produktionssektor verloren gegangen. Zugenommen haben dagegen die Jobs im Niedriglohnbereich. Das ist unbefriedigend.

Und trotzdem steht die erste Zinsanhebung in den USA nach vielen Jahren wohl bald bevor. Zumindest wenn es nach dem Präsidenten der Fed von Atlanta, Dennis Lockhart, geht. "Ich glaube, der Punkt der Anhebung ist nahe", sagte er. Die größte Volkswirtschaft der Welt habe große Zuwächse erzielt und normalisiere sich. "Die Bedingungen sind nicht länger außergewöhnlich." Also eventuell schon eine Zinserhöhung im nächsten Monat? Die nächste geldpolitische Sitzung der Fed ist jedenfalls für den 16. und 17. September geplant. Wir erinnern uns: In den USA liegen die Leitzinsen schon seit der weltweiten Finanzkrise Ende 2008 auf dem Rekordtief von null bis 0,25 Prozent.

Auf Seite 2: Chinas Zentralbank sorgt für Unsicherheit am Markt





Man wird sehen, vielleicht revidiert Lockhart seine Aussage ja noch einmal. Denn kaum waren seine Worte verklungen, griff man in Fernost in die Märkte ein. Chinas Zentralbank hat die Währung des Landes deutlich abgewertet. Und zwar um gleich 1,9 Prozent - so stark wie nie zuvor. Die chinesische Währung sank damit auf den niedrigsten Stand seit drei Jahren. Grund der drastischen Aktion: Chinas Exporte legen nicht mehr in jenem Tempo zu, das man jahrelang gewohnt war. Man darf spekulieren, ob China damit auch in den Abwertungswettlauf einsteigen will, um die eigene Wirtschaft anzuschieben. Vorbilder gibt es ja genug, angefangen bei den USA bis aktuell Japan und Euroraum.

Die Aktion sorgte jedenfalls für viel Unsicherheit am Markt. Nach Kursgewinnen beim DAX und Dow Jones zum Wochenstart ging es am Dienstag doch wieder recht deutlich nach unten (Stand Redaktionsschluss). Dass es auch Positives zu vermelden gab, wurde zunächst ignoriert. Die Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket für Griechenland kommen nämlich voran: Das krisengeplagte südeuropäische Land und seine Gläubiger haben sich wohl auf die Haushaltsvorgaben für die kommenden drei Jahre verständigt. Und das in Rekordzeit. Ist da jetzt plötzlich Zug drin in Athen? Es wäre ja zu schön.

Die Börse bewegt sich derweil so, wie sie es meist tut in den Sommermonaten: unentschlossen. Sommertheater eben. Nicht umsonst gibt es ja Strategiezertifikate, die ganz bewusst in den Sommermonaten nicht investiert sind. Ob sich der DAX weiter in Richtung 11 800 Punkte bewegt, dem Zwischenhoch von Mitte Juli, darf nach dem Absturz am Dienstag bezweifelt werden. Gelingt es dennoch, wird sich zeigen, ob das Sommertheater und die Aussichten einer Zinserhöhung in den USA für einen dann doch eher schwachen September sorgen werden.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com