In die Verhandlungen mit dem Finanzministerium geht der ehemalige Investmentbanker mit geschwellter Brust: Der Gewinn stieg im zweiten Quartal stärker als erwartet zu auf mehr als eine Milliarde Euro. Die Aktien beider Banken legten zu.
Am Abend vor der Veröffentlichung der Halbjahreszahlen ließ Orcel die Bombe platzen: Er stehe in exklusiven Verhandlungen mit dem Staat, der seit einer milliardenschweren Rettungsaktion 2017 fast zwei Drittel an dem ältesten Geldhaus der Welt hält und seine Beteiligung bis spätestens Mitte 2022 verringern soll. Für den Steuerzahler könnte der Rückzug teuer werden. Orcel machte deutlich, dass er keine Altlasten wie Rechtsrisiken und faule Kredite übernehmen will und die Kapitalbasis von UniCredit durch eine Transaktion nicht schwächer werden darf. Experten befürchten milliardenschwere Kapitallücken bei Monte Paschi. Die Regierung signalisierte bereits, Kapital zuzuschießen, Rechtsrisiken zu übernehmen und dem Käufer Steuervorteile zu verschaffen.
Der Zeitpunkt für eine Transaktion sei richtig, die Bedingungen stimmten und beide Parteien seien auf einer Linie, sagte Orcel. Ein Zusammenschluss mit Monte Paschi führe zu signifikanten Einsparungen und stärke die Marktposition in Italien. UniCredit verlor 2020 den Spitzenplatz unter den italienischen Banken an die Rivalin Intesa Sanpaolo, die sich die Bank UBI geschnappt hatte. Die Gespräche mit dem Finanzministerium dürften sich über den Sommer hinziehen. Im September solle es eine Entscheidung geben.
RÜCKENDECKUNG VON GROSSAKTIONÄR
Orcels Vorgänger Jean Pierre Mustier lehnte Zukäufe ab, was ihn Insidern zufolge schließlich den Job gekostet hat. Orcel ist als langjähriger Investmentbanker bei der Schweizer UBS aufgeschlossener gegenüber Akquisitionen. Monte Paschi sei die derzeit beste Option auf dem Tisch, sagte er. Es werde aber keine Übernahme um jeden Preis geben.
Rückendeckung erhielt UniCredit vom Großaktionär Cariverona. Die Entscheidung für Gespräche mit der Regierung sei "wichtig und mutig", erklärte Cariverona-Verwaltungsratschef Alessandro Mazzucco. Die Stiftung habe vollstes Vertrauen in die Fähigkeit von Orcel, die richtige strategische Entscheidung zu treffen. Die Aktien der UniCredit kletterten um rund vier Prozent, Monte-Paschi-Titel legten mehr als sechs Prozent zu.
RISIKOVORSORGE GERINGER ALS ERWARTET
Investoren gefiel auch, dass Orcel die Geschäftsentwicklung besser einschätzt. Der bereinigte Gewinn werde 2021 bei über drei Milliarden Euro liegen, so seine Prognose. Bisher waren rund drei Milliarden veranschlagt. Im zweiten Quartal stieg der Gewinn auf 1,03 Milliarden Euro von 420 Millionen vor Jahresfrist - das war ein stärkerer Zuwachs als von Analysten erwartet. Die Erträge legten um 5,5 Prozent auf 4,4 Milliarden Euro zu. Die Risikovorsorge für faule Kredite fiel mit 360 Millionen Euro nur halb so hoch aus wie von Analysten erwartet. Für das gesamte Jahr erwartet Orcel weniger Belastungen im Kreditgeschäft als bisher.
Fast alle Banken in Europa und den USA profitierten im zweiten Quartal von geringeren Risikokosten. Ein Jahr zuvor hatte die Corona-Pandemie gerade richtig Fahrt aufgenommen, die Unsicherheit über die konjunkturelle Entwicklung war groß und Banken sorgten für Kreditausfälle vor. Mittlerweile zeigt sich, dass nur wenige Darlehen nicht bedient werden und die Banken müssen weniger Risikovorsorge in ihren Bilanzen bilden.
Der Nettogewinn der HVB ging im Berichtszeitraum wegen einer höheren Steuerquote um 39 Prozent auf 53 Millionen Euro zurück. Das operative Ergebnis legte dagegen um gut zwei Prozent auf 179 Millionen Euro zu. Im Heimatmarkt Italien verdiente UniCredit mit netto 357 Millionen Euro mehr als drei Mal so viel wie im Vorjahr.
rtr