Margarine und Seife, das war der Anfang. Vor 91 Jahren schlossen die niederländische Margarine Union und die britischen Lever Brothers ihre Geschäfte zusammen. Konsequent vollzogen wurde die Fusion nie. Bis heute ist die daraus entstandene Unilever ein geteilter Konzern. Mit zwei Hauptquartieren, zwei Aktiengattungen und vielen anderen Besonderheiten, die das Leben des Konsumgüterherstellers kompliziert und auch teuer machen.
Jetzt soll Unilever organisatorisch ein ganz normales Unternehmen werden. Am Montag stimmten die Aktionäre des niederländischen Teilkonzerns für eine Zusammenlegung. Im Oktober werden die Anteilseigner der britischen Unilever votieren. Geht alles glatt, wird die historische Vereinigung im November vollzogen. Die Aktien der niederländischen NV würden dann in Papiere der britischen PLC getauscht.
Ursprünglich plante Unilever eine Fusion in die entgegengesetzte Richtung mit einem Hauptsitz in Rotterdam, das Headquarter in London wäre entfallen. Britische Investoren stellten sich quer, auch weil sie steuerliche Nachteile fürchteten. Ein Ausschluss der Aktie aus dem britischen FTSE 100 hätte zudem zu Kursturbulenzen führen können. Auch gegen die neue Lösung gibt es Widerstände: Die Opposition im niederländischen Parlament fordert eine Sondersteuer, die nach Ansicht von Unilever gegen europäisches Recht verstößt.
Globaler Konsumriese
Unilever ist einer der größten Konsumgüterhersteller der Welt. In seinen drei Konzernsparten - Körperpflege, Nahrung, Reinigungsmittel - hält der Konzern mehr als 400 Marken. Rund 2,5 Milliarden Konsumenten nutzen jeden Tag mindestens ein Produkt von Unilever. Zwölf Marken - darunter Knorr, Dove, Rexona und Omo - setzen im Jahr mehr als eine Milliarde Euro um.
Auf diesem Niveau sind durch Größenvorteile besonders hohe Margen möglich. Das Wachstum in vielen der Kategorien, in denen Unilever aktiv ist, wird allerdings durch die sich verändernden Konsumgewohnheiten gebremst. Die Investmentbank JP Morgan sieht Unilever vor allem in ausgereiften Märkten stark und erwartet darum eine anhaltende Wachstumsschwäche des Unternehmens. Die Vorbehalte der Investoren lassen sich am Bewertungsniveau der Aktie ablesen: Auf Basis der für die kommenden zwölf Monate erwarteten Gewinne wird Unilever mit einem Abschlag von fast 20 Prozent zum Rivalen Nestlé gehandelt. Über die vergangenen zehn Jahre lag dieser Malus im Schnitt lediglich bei sieben Prozent.
Frische Energie im Kurs
Die rechtliche Neustrukturierung soll Schwung in die Aktie von Unilever bringen. Ein Headquarter fiele künftig weg, was die Konzernkasse entlastet. Zudem könnten weitere Veränderungen anstehen. Der erste Schritt dürfte der Verkauf des Teegeschäftes mit der Marke Lipton sein. Der Bereich hat eine lange Tradition, aber in der westlichen Welt wenig Wachstumspotenzial. Selbst in Großbritannien schrumpft die Nachfrage nach Tee. Bis zu fünf Milliarden Pfund könnte Unilever erzielen, schätzen Analysten. Der genaue Preis wird davon abhängen, ob der Konzern Teile des Geschäfts behalten will.
Die Einnahmen könnten dem Vorstand bei der Finanzierung einer großen Übernahme helfen. Mit nur einer Aktiengattung könnte Unilever dabei auch die eigenen Papiere als Zahlungsmittel einsetzen. Ebenfalls eine Option wäre nach Einschätzung von Analysten der entgegengesetzte Weg, der Verkauf etwa der Nahrungsmittelsparte.
Sichere Dividende
Schon jetzt gibt es Verbesserungen im operativen Geschäft von Unilever. Die Geschäftszahlen zur Jahresmitte lagen über den Erwartungen der Analysten. Geholfen hat in der Corona-Krise das im Branchenvergleich eher defensive Portfolio, zu dem auch Hygieneprodukte gehören. Den bereinigten Nettoertrag sehen Analysten 2020 leicht, um rund drei Prozent, unter dem Vorjahresniveau.
Nicht in Gefahr sollte die Dividende sein. Anleger kommen bei Unilever auf eine Dividendenrendite von etwa drei Prozent - und haben guten Grund zur Hoffnung auf eine weiter steigende Ausschüttung.
Potenzial: Die Aktie ist im Vergleich günstig bewertet. Das
Aufholpotenzial könnte gehoben werden. Attraktive Dividende.
Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 62,00 Euro
Stoppkurs: 43,00 Euro