United Internet (GMX, 1&1) bezeichnet die Beteiligung als strategisch, will aber "derzeit" nicht auf mehr als 30 Prozent aufstocken - was ein Pflicht-Übernahmeangebot nach sich ziehen würde. Analysten sehen trotzdem eine gute Ausgangslage für den Internet-Dienstleister, einen starken Gegenpol zu den Platzhirschen Deutsche Telekom und Vodafone mit dessen Kabeltochter Kabel Deutschland zu formen. Tele Columbus zeigte sich offen für Gespräche über eine Zusammenarbeit.
Die Tele-Columbus-Aktie legte am Donnerstag gegen den schwachen Markttrend leicht zu. Mittelfristig sei eine Übernahme der Mehrheit an Tele Columbus für United Internet eine "realistische Option", schrieb LBBW-Analyst Stefan Borscheid. Denkbar sei auch eine Zusammenlegung des Breitbandgeschäfts mit der seit 2014 zu der Firma gehörenden Versatel - oder sogar eine Dreierfusion mit Tele Columbus und Drillisch, an der sich United Internet mit 20,7 Prozent beteiligt hatte. Auch könnte der Internet-Dienstleister seine Angebote über das Netz von Tele Columbus vertreiben. Damit hätten die Rheinland-Pfälzer für ihre DSL-Produkte eine Alternative zur Deutschen Telekom auf der letzten Meile, die das Unternehmen derzeit vor allem für seine Reseller-Aktivitäten nutzt. Borscheid hält es aber für fraglich, ob 25 Prozent der Anteile für eine so umfassende Zusammenarbeit ausreichten.
United Internet hatte am Mittwochabend überraschend mitgeteilt, mit 9,8 Prozent bei Tele Columbus eingestiegen zu sein und sich weitere 15,3 Prozent gesichert zu haben, "um von der Wertsteigerung (des Berliner Unternehmens) zu profitieren". Wenn das Bundeskartellamt dem Einstieg zustimmt, kommt die Firma aus Montabaur auf 25,11 Prozent der Anteile und könnte damit strategische Entscheidungen von Tele Columbus maßgeblich mitbestimmen. Von wem United Internet das 15-Prozent-Paket gekauft hat, blieb unklar. Größter Anteilseigner von Tele Columbus ist derzeit York Capital mit 12,9 Prozent. Der Finanzinvestor war in der Krise billig bei Tele Columbus eingestiegen und hatte sein Engagement nach dem Börsengang teilweise zu Geld gemacht. Strategisches Interesse hat York Capital nicht.
Tele Columbus hatte erst jüngst für die kleineren Kabel-Rivalen Primacom und Pepcom gut 1,3 Milliarden Euro auf den Tisch gelegt. Mit den beiden Zukäufen konnte Tele Columbus die Reichweite seines Kabelnetzes seit dem Gang an die Börse Anfang 2015 mehr als verdoppeln. Die Verschuldung von Tele Columbus stieg jedoch dadurch auf das Fünffache des operativen Gewinns.
Erst im Sommer 2014 hatte United Internet Versatel komplett geschluckt und erhielt damit Zugriff auf das mit rund 37.000 Kilometern Länge zweitgrößte deutsche Glasfasernetz. Mit einer eigenen Infrastruktur trat das Unternehmen stärker in Konkurrenz zur Deutschen Telekom.
Reuters