Und Umfragen zufolge führt Clinton hier deutlich vor ihrem republikanischen Rivalen Donald Trump. Dabei ist der offizielle Wahltag der 8. November. Diese frühen Wähler haben den Entwicklung der vergangenen Tage nicht mitbekommen: Die E-Mail-Affäre und andere Enthüllungen, durch die Trump Boden in Umfragen gutmachen konnte.

Der Startschuss für die Stimmabgabe fiel bereits am 23. September. Ab diesem Zeitpunkt durften die Bürger von Virginia, Minnesota und South Dakota abstimmen. Insgesamt ist in 38 der 50 Bundesstaaten eine Stimmabgabe vor dem eigentlichen Termin zulässig, ob per Brief oder in bereits früher geöffneten Wahllokalen, wo etwa der scheidende Amtsinhaber Barack Obama seine Stimme abgab. Zahlen der US-Statistikbehörde zeigen, dass dieses "early voting" immer beliebter wird: Nutzten 1996 nur etwas mehr als ein Zehntel der Wähler die Alternativen zum klassischen Urnengang, gaben 2012 fast ein Drittel der Berechtigten ihre Stimme früher ab. In drei Bundesstaaten - Colorado, Oregon und Washington - gibt es heute nur noch die Briefwahl. "Bis zu 40 Prozent der Wähler in den frühen Staaten geben ihre Stimme ab", sagte Neil Newhouse, ein Mitarbeiter des Republikaners Mitt Romney 2012, der "New York Times".

UMFRAGE SIEHT VORSPRUNG FÜR CLINTON IN SWING STATES



Bislang liegt Clinton nach Umfragen unter jenen Wählern vorne, die das "early voting" nutzen. Ende Oktober führte sie dort mit 15 Prozentpunkten in einer Reuters/Ipsos-Erhebung vor Trump. Vor allem aber hat sich die Ex-Außenministerin demnach einen kleinen Vorsprung in den sogenannten swing states erarbeiten können. In diesen Staaten wie Ohio oder Arizona liegen traditionell Republikaner und Demokraten Kopf an Kopf. Der Ausgang der Präsidentschaftswahl in den "swing states" war häufig wahlentscheidend.

Die Lage Clintons gleicht derzeit der von Präsident Obama im Wahlkampf 2012. Damals hatte er ähnliche Umfragewerte wie Clinton jetzt und gewann die Wahl klar. Allerdings befindet sich die Demokratin im Negativ-Trend. Ihr Vorsprung gegenüber Trump sank in einer am Montag veröffentlichten Reuters/Ipsos-Umfrage unter allen Wählern - nicht nur den "early voters" - um einen Punkt auf fünf Prozentpunkte. Auch andere Umfragen über das Wochenende hatten Verluste für Clinton konstatiert.

CLINTON KÄMPFT MIT E-MAIL-AFFÄRE



Den Grund sehen die Demoskopen in der anhaltenden Berichterstattung über die E-Mail-Affäre. Dabei geht es darum, dass Clinton ihren Mailverkehr als Außenministerin über ihren privaten Server abwickelte. Ihre Gegner werfen ihr deshalb vor, die Sicherheit der USA aufs Spiel gesetzt zu haben. Neue Ermittlungen des FBI in der Affäre haben den Vorwürfen gegen die Ex-Ministerin wieder Nahrung gegeben. Zudem muss die Kandidatin um ihr Image auch an anderer Stelle kämpfen. Nach jüngsten Berichten sollen ihrem Wahlkampfteam vorab Fragen bei TV-Debatten zugesteckt worden sein - ein klarer Verstoß gegen die Fairness.

Bislang halten es die meisten Experten aber kaum für möglich, dass Trump in den verbleibenden Tagen die Führung übernehmen kann. Als Grund geben sie unter anderem das "early voting" an. Allerdings kann sich Clinton auch der abgegebenen Stimmen nicht ganz sicher sein. In einigen Bundesstaaten, darunter Michigan, Pennsylvania und Minnesota, kann man die bereits abgegebene Stimme durch eine neue ersetzen - wenn auch nur innerhalb einer bestimmten Frist, die teilweise schon abgelaufen ist, und mit teils erheblichen Aufwand. Trump stieß am Dienstag auf einer Wahlkampfveranstaltung in dieses Horn und rief Clinton-Wähler angesichts der jüngsten Entwicklungen dazu auf, ihre schon abgegebenen Votum zu ändern.

Womöglich ist am Ende die bessere Vorbereitung Clintons auf den Wahlkampf und nicht das "early voting" ausschlaggebend. Seit Monaten weisen Experten darauf hin, dass ihr Wahlkampfteam besser aufgestellt und durchorganisiert ist. Ende August veröffentlichte der Sender PBS eine Studie, wonach Clinton in den 15 wichtigsten Bundesstaaten - darunter Virginia, Ohio und Florida - 291 Wahlbüros betrieb und Trump nur 88. Anhänger des Republikaners halten dagegen, dessen unkonventioneller Wahlkampfstil sei effektiver und werde den Unterschied wettmachen. "Es sind die Menschen, die einen Wahlkampf ausmachen", sagte die für Florida zuständige Trump-Strategin Karen Giorno dem Sender. "Und wir verfügen über ein Heer an Menschen, das wir noch nicht eingesetzt haben."

rtr