Die neue Runde im Handelsstreit zwischen den beiden größten Wirtschaftsmächten sorgte an den Finanzmärkten für Nervosität. Sie drückte zeitweise den Dollar und ließ die Kurse an den Aktienmärkten auf eine Achterbahnfahrt gehen.. EZB-Direktor Benoit Coeure warnte vor einer Zuspitzung. Die angekündigten Zölle hätten bereits Kursrückgänge am Aktienmarkt ausgelöst. Auch auf die Finanzierungsbedingungen hätten sich die Unsicherheiten ausgewirkt. Für die Notenbanken komme der Konflikt zur Unzeit.
Der Streit hatte sich zuletzt immer stärker hochgeschaukelt. Mitte der Woche kündigte Trump zusätzliche Zölle für 1300 chinesische Produkte im Umfang von 50 Milliarden Dollar an. China reagierte in ähnlichem Umfang. Noch am Donnerstag stimmten beide Seiten moderatere Töne an und bekundeten ihr Interesse an einer Verhandlungslösung.
TRUMP LEGT NACH
Trump legte nun wieder nach: Er beauftragte seinen Handelsbeauftragten Robert Lighthizer, zusätzliche Zölle auf chinesische Produkte im Umfang von weiteren 100 Milliarden Dollar zu prüfen. Dies geschehe im "Lichte von Chinas unfairer Vergeltung" gegen die US-Entscheidungen. "Anstatt seine Fehler einzugestehen, hat China beschlossen, unsere Landwirte und Industriebetriebe zu schädigen." Er wirft China schon länger Dumpingpreise und andere unfaire Handelpraktiken sowie den Diebstahl geistigen Eigentums vor.
Die Volksrepublik reagierte sofort. Das Wirtschaftsministerium erklärte, man werde die eigenen Interessen verteidigen und mit umfassenden Gegenmaßnahmen antworten. "Sollten die Vereinigten Staaten die Einwände Chinas und der internationalen Gemeinschaft missachten und den Weg einseitiger und protektionistischer Handelsmaßnahmen weiterverfolgen, wird sich die chinesische Seite um jeden Preis dagegen wehren", sagte ein Sprecher. China wolle keinen Handelskrieg, habe aber auch keine Angst davor. In den amtlichen Medien wurden die US-Ankündigungen als "lächerliche" Einschüchterungsversuche bezeichnet.
Ausgelöst wurde der Zollstreit durch Trumps Entscheidung, aus Gründen der nationalen Sicherheit Sonderabgaben auf Stahl- und Aluminiumimporte zu erheben. Die US-Regierung hat davon einige Partner wie die EU vorerst davon ausgenommen. Die Europäer versuchen, dass ihnen diese Ausnahme dauerhaft gewährt wird. Russland kündigte am Freitag an, in den kommenden Tagen darüber zu entscheiden, wie sie Schaden von ihrer Wirtschaft abwenden kann. Weitere Zollandrohungen der USA richteten sich gegen China, das den weitaus größten Überschuss im Handel mit den Vereinigten Staaten verbucht. Die Bundesregierung lehnte es ab, den Zollstreit zu kommentieren. Kanzlerin Angela Merkel will demnächst in die USA reisen. Der Handelsstreit dürfte dabei ein wichtiges Thema werden.
Kritik an Trumps Handelspolitik kam aber auch aus der US-Wirtschaft. "So sieht ein Handelskrieg aus", sagte der Chef des Einzelhandelsverbandes, Matthew Shay. Er sprach von einer Abwärtsspirale, die auch die Verbraucher in den USA zu spüren bekommen könnten. Kritische Worte kamen zudem von einzelnen republikanischen Abgeordneten aus Regionen mit starker Landwirtschaft, wo auch viele Trump-Wähler leben. Chinas Vergeltungsmaßnahmen zielen insbesondere auf Bereiche und Regionen ab, in denen Trump großen politischen Rückhalt hat. Dazu gehört der Mittlere Westen, wo die Agrarwirtschaft stark vertreten ist.
rtr