Amerikaner gehen wieder in Luft, im inländischen Flugverkehr ist der Lockdown beendet. Unterstützt durch die erfolgreiche Corona-Kampagne mit inzwischen bis zu mehr als vier Millionen Schutzimpfungen täglich und ausreichenden Kapazitäten für Schnelltests an den großen Flughäfen, zieht das Geschäft mit Inlandsflügen und Reisezielen innerhalb der USA beständig an.

Flughäfen wie der Los Angeles Airport oder der John F. Kennedy (JFK) in New York verfügen inzwischen über die notwendige Infrastruktur, um Verzögerungen durch den pandemiebedingt höheren Serviceaufwand für Fluggäste gering zu halten, etwa durch ausreichende Kapazitäten für Schnelltests. So wurden am JFK Airport am letzten Freitag und Sonntag im März bereits jeweils mehr als 1,3 Millionen Reisende betreut.

Die Sehnsucht der US-Bürger, in ihrem Land zu reisen und Verwandte zu besuchen, ist groß, auch weil Amerika von den Auswirkungen der Pandemie besonders stark betroffen war. Die Anzahl der Suchanfragen für Reiseziele innerhalb des Landes sei bereits höher als im April 2019, dem Jahr vor der Pandemie, melden die Betreiber der in den USA populären Reise-App Hopper.

Die Suche nach Destinationen außerhalb der USA hingegen liegt deutlich unter dem Niveau von 2019. Verständlich, denn auch für Geimpfte ist das Reisen in viele Ländern bisher nicht möglich oder sehr aufwendig und wesentlich teurer. International anerkannte Impfnachweise, deren Einführung auch in Europa für den Sommer geplant ist, sollten Airlines und Reiseveranstalter aber zusätzlichen Aufwind liefern. Genauso wie der Plan der US-Regierung, alle Erwachsenen ungeachtet von Alter, Beruf und Vorerkrankungen nun schon ab 19. April statt wie bisher avisiert ab dem 1. Mai impfen zu lassen. Amerikas Kampagne beim Impfen befinde sich im Schnellgang, lobte US-Präsident Joe Biden jüngst die Leistungen der Gouverneure in den 50 Bundesstaaten.

Billigflieger heben leichter ab

Die Vereinigten Staaten seien weltweit das erste Land, das 150 Millionen Impfstoffdosen verabreicht und mehr als 62 Millionen Menschen vollständig geimpft habe, trommelte der Präsident für weitere Erfolge der Kampagne. Zuletzt wurden in den USA im Schnitt mehr als drei Millionen Menschen pro Tag geimpft, am ersten Samstag im April waren es erstmals vier Millionen.

Der moderate Aufschwung im Reise- und Flugverkehr, bisher vor allem innerhalb Amerikas und ab der Hauptsaison im Sommer voraussichtlich auch in Europa, schiebt vor allem das Geschäft der Discounter-Airlines an. In den USA sind das Anbieter wie Southwest Airlines oder Alaska Air, in Europa Ryanair, Easyjet und Wizz Air. Die Fluggesellschaften bedienen Kurz- und Mittelstrecken und sind auf das Geschäft mit Firmenkunden nicht angewiesen. Anders ist das bei Vollsortimentern wie American Airlines, Delta und United Airlines in Amerika sowie der Lufthansa, Air France-KLM und IAG, dem Mutterkonzern von British Airways, in Europa. Zudem sind die Betriebskosten der Discounter wesentlich geringer als bei Lufthansa und Co.

Das alles verschafft den Aktien der Billigflieger an den Börsen deutlich mehr Auftrieb. Während Southwest Airlines, Ryanair, Easyjet und Wizz Air ihre herben Kursverluste während der Pandemie bereits ausgeglichen haben, sind die Aktien von Lufthansa und Co weit entfernt von ihren Kursniveaus vor der Pandemie.

Starker Faktor Privatkunden

Eine nachhaltige Belebung der Flüge von Geschäftskunden erwarten Analysten vom Bloomberg Research in den USA frühestens Ende des Jahres oder Anfang 2022. Zahlen der Airlines Reporting Corporation (ARC) für 2019 zeigen, wie Erlöse mit der Flugbuchungen in den USA im Jahr vor Corona verteilt waren. Von 127 Milliarden Dollar Gesamterlös wurden von Privatpersonen, online oder über Agenturen, knapp 47 Prozent des Umsatzes gebucht, direkte Bestellungen von Privat- und Geschäftskunden bei den Airlines lieferten weitere 39 Prozent der Erlöse, Agenturen für Geschäftskunden buchten gut 14 Prozent des Umsatzes. Privatkunden, die nun auch von den Vollsortimentern stärker umworben werden, haben also viel Gewicht im Markt.

Und sollte während des Sommers auch das Geschäft mit Flügen aus und nach Europa anziehen, etwa durch international anerkannte Impfpässe, würden auch Anbieter von Langstrecken wie American Airlines und die Lufthansa besser ins Geschäft kommen. An 26,2 Milliarden Dollar Gesamterlös mit internationalen Flügen im US-Geschäft hatte Europa 2019 mit knapp 36 Prozent mit Abstand den größten Anteil. In Großbritannien drängen British Airways, Virgin Atlantic und der Flughafen Heathrow auf die Öffnung eines Luftkorridors in die USA schon im nächsten Monat.

Die 50 größten Airlines weltweit hatten Ende 2020 Rekordschulden von 320 Milliarden Dollar, meldet die International Air Transport Association. Der Stillstand von März bis Ende Dezember kostete 140 Milliarden, 2021 werden es voraussichtlich 95 Milliarden Dollar sein. Ein Lichtblick sind deshalb die Bargeldbestände in den Bilanzen der Airlines. Sie stiegen seit Jahresbeginn auf 140 Milliarden Dollar, vor allem durch staatliche Unterstützungen.

Die vier größten US-Airlines erhielten mehr als 60 Milliarden Dollar. In Europa fiel die Kapitalerhöhung für Air France-KLM mit 901 Millionen Euro geringer aus als erwartet. Mit knapp 651 Millionen Euro erhöhte Frankreich seinen Anteil auf 29,9 Prozent und ist nun größter Aktionär. Der Anteil der Airline China Eastern stieg von 8,8 auf zehn Prozent. Die Niederlande und Delta Airlines, bisher mit 14,0 Prozent und 8,8 Prozent beteiligt, zogen nicht mit. An der deutschen Lufthansa hält der Staat über den deutschen Corona-Rettungsfonds WSF ein Fünftel der Aktien.

Die Erholung in der Branche ist bisher auf die USA beschränkt. Dort ist der größte Discountflieger Southwest Airlines am besten aufgestellt. Zwar verbrennt auch die Airline aus Dallas rund eine Milliarde Dollar pro Quartal, Ende 2020 verfügten die Texaner jedoch über 13,3 Milliarden Dollar Reserven und erhielten jüngst auch staatliche Unterstützung. Auch Ryanair, Europas größter Billigflieger, könnte die schwierigen Zeiten im Vergleich zur europäischen Konkurrenz am längsten durchstehen - dank 3,5 Milliarden Euro Reserven und sehr niedriger Betriebskosten.

Bei Europas größter Airline Lufthansa bleibt der Aufwand, um Flughöhe zu gewinnen, enorm. 2019 flogen die Kölner rund 60 Prozent ihrer Erlöse auf Langstrecken ein, also auf Flügen nach Amerika und Asien. Dieses Geschäft kommt jedoch frühestens 2022 in Gang. Europa bleibt weitgehend im Lockdown.



INVESTOR-INFO

Southwest Airlines

Guter Slot auf der Piste

Am 22. April legt die Nummer 4 der US-Airlines mit geschätzten 14,3 Milliarden Dollar Umsatz für 2021 die Bilanz für das erste Quartal vor. Analysten erwarten eine Milliarde Dollar operativen Verlust. Die Stärke von Amerikas größtem Billigflieger sind mehr als 13 Milliarden Dollar Liquidität. Southwest profitiert deutlich von der moderaten Erholung bei Inlandsflügen. Gewinn im Gesamtjahr wird erst für 2022 erwartet. Kaufen.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 67,00 Euro
Stoppkurs: 38,00 Euro

Ryanair

Mit großen Reserven

Mit drei Milliarden Euro Cashreserven und Betriebskosten, die in Europa zu den niedrigsten zählen, hält es Europas größter Billigflieger im weiterhin schwierigen Umfeld am längsten aus, schätzen Analysten. Ryanair stapelt zunächst tief und stellt für das Geschäftsjahr bis Ende März 2022 einen Ertrag in der Nähe der Gewinnschwelle in Aussicht. Damit sind positive Überraschungen möglich.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 20,00 Euro
Stoppkurs: 11,50 Euro

Lufthansa

Warten auf den Aufwind

Die Bilanz für das erste Quartal liegt am 29. April vor. Die Hauptversammlung folgt am 4. Mai. Für die ersten drei Monate erwarten Analysten bei 2,4 Milliarden Euro Umsatz 1,5 Milliarden Euro operativen Verlust (Ebit). Für 2021 wird das Minus bei geschätzten 18,5 Milliarden Euro Erlös auf 2,3 Milliarden Euro taxiert. Die Luftfracht ist ein kleiner Lichtblick. Bei Langstrecken und bei Firmenkunden ist eine Besserung nicht in Sicht. Halten.

Empfehlung: Beobachten
Kursziel: 12,00 Euro
Stoppkurs: 8,30 Euro