Nicht zu vernachlässigen sind jedoch die Effekte auf den kleinen Bruder MDAX, heißt es in einer Publikation der DZ Bank. Denn dieser Index für mittelgroße deutsche Aktien erfährt nicht nur zu Lasten der DAX-Erweiterung eine Kürzung um seine zehn größten Bestandteile. Die neuen Indexaufnahmeregeln führen vielmehr außerdem zu einem teilweisen Austausch der verbliebenen Unternehmen, die auch die Sektor-Zusammensetzung im Index betrifft.
Damit stellen sich die Fragen, ob der MDAX durch diese Beschneidung generell an Bedeutung verliert und ob er in Zukunft seinem Charakter als Index für mittelgroße deutsche Börsenwerte überhaupt noch gerecht werden kann. Fest steht jedenfalls, dass der MDAX seine zehn größten Einzeltitel an den DAX verliert und es im Gegenzug aufgrund der neuen geänderten Aufnahmeregeln zum Austausch von fünf weiteren Titel mit dem Small Cap-Index SDAX kommt. In Summe büßt der Index hierdurch auf einen Schlag rund 48 Prozent seiner Marktkapitalisierung ein, rechnet die DZ Bank vor.
Mit Blick auf die neue Indexzusammensetzung fällt auf, dass sich die Gewichtung einzelner Sektoren merklich geändert hat, so die Analysten weiter. Unübersehbar ist demnach die Reduktion in den Branchen Gesundheit, zyklischer Konsum sowie Industrie.
Allein die Größe der nun fehlenden Titel führe zu einer anteilsmäßigen Aufwertung aller übrigen Sektoren im Index, allen voran der Roh-, Hilfs- & Betriebsstoffe, der Finanzwerte sowie der Kommunikationsdienste. Während der DAX im Zuge seiner Erweiterung auch weiterhin seinem Ruf als Auto- und Industrie-Index gerecht werde, führe die Sektorrotation im MDAX zu einer breiteren und ausgeglicheneren Aufstellung über alle Branchen hinweg und damit zu einer stärkeren Diversifikation.
In Summe verliert der MDAX laut DZ Bank damit zwar an Marktkapitalisierung, jedoch nicht an Bedeutung für seine Anleger. Investoren beurteilten die Attraktivität eines Index nach Rendite-/Risikogesichtspunkten und der Fähigkeit ein Marktsegment adäquat abzubilden. Durch das Ablegen der Dominanz einzelner Großunternehmen kehre der MDAX nun zu seiner ursprünglichen Bestimmung, dem Repräsentieren des Marktes mittelgroßer deutscher Börsenwerte, zurück.
Genau hier stecke auch das langfristige Erfolgsrezept des Index, denn diese Nebenwerte versprächen ein hohes Wachstumspotenzial. Daher sei es nicht verwunderlich, dass der MDAX sowohl langfristig als auch seit den Coronavirus-Tiefständen den großen Bruder DAX in der Kursentwicklung habe übertreffen können. Nachfrageveränderungen während der Coronakrise hätten die Aktienkurse und damit die Indexgewichte von Onlinehändlern und Freizeitausstattern massiv steigen lassen. Diese Erfolgsgeschichten verließen nun den MDAX, wodurch konjunktursensible Sektoren wie Finanzwerte sowie Roh-, Hilfs- & Betriebsstoffe mehr in den Vordergrund träten. Aufgrund dieser Neuausrichtung sei der MDAX-Anleger bestens aufgestellt, um an der erwarteten Konjunkturbelebung zu partizipieren.
Von den fünf MDAX-Aufsteigern hat BÖRSE ONLINE drei mit einer Kaufempfehlung versehen. Wir analysieren nachfolgend das Trio, indem wir auf die Charttechnik und die Bewertung sowie die Aufstellung/Strategie schauen. Zudem erinnern wir an unsere Kaufargumente.
Jungheinrich-Aktie
Ein Kauf-Tipp unter den MDAX-Neulingen bezieht sich auf die Aktien von Jungheinrich. Verstehen ist dieses positive Votum mit einem Kursziel von 53,00 Euro. sowie mit einem Stopp-Loss-Kurs von 39,00 Euro. Gemessen am Schlusskurs am Mittwoch von 45,12 Euro hat dieser Titel ein Aufwärtspotenzial von 17,5 Prozent.
Charttechnik: Bei Jungheinrich zeigt der Blick auf den Langfrist-Chart, dass dieser Wert in der Vergangenheit vor allem zwei herbe Rückschläge verkraften musste. Seit März 2009 fällt die Gesamtbilanz aber sehr positiv aus. Denn es ergibt sich ein Anstieg von 2,26 Euro auf in der Spitze 47,32 Euro. Das letztgenannte Rekordhoch stammt vom 27. April. Das liegt zwar schon etwas zurück, die Notiz hat aber Kontakt zu dieser Bestmarke und so ist ein nach wie vor intakter langfristiger Aufwärtstrend zu konstatieren. Charttechnische ist die Ausgangslage somit als viel versprechend einzustufen.
Aufstellung/Strategie: Jungheinrich hat laut DZ Bank einen Platz unter den Top-4 Anbietern für Flurförderzeug-, Lager- und Materialflusstechnik inklusive Automationssysteme inne. Rund 90 Prozent des Umsatzes wird in Europa generiert, Das Unternehmen tritt mit einer Marke auf und betreibt ein umfassendes eigenes Vertriebs- und Servicenetzwerk. Neugeräte sind kaum profitabel, Marge bringen Service & Reparatur, Vermietung & Leasing sowie Finanzierung, so die DZ Bank Analysten.
Aus Sicht der Verantwortlichen in dem Unternehmen steht Jungheinrich mit einer klaren Ausrichtung auf eine starke Marke, innovativen Produkten und einem umfassenden Service- und Dienstleistungs-Angebot für dauerhafte Solidität.
Im Rahmen der Konzernstrategie 2025+ sieht der Vorstand die folgenden zentralen Handlungsfelder: Automatisierung, Digitalisierung, Energiesysteme, Effizienz, Globaler Footprint und Nachhaltigkeit. Das übergeordnete Ziel lautet, mit den verfolgten Aktivitäten nachhaltig Werte zu schaffen. Dabei geht es um Profitabilität (Margenfokus, "Cash is king", Dividendenkontinuität), Effizient (Kundenorientierung, schlanke Prozesse, "Easy to deal with") und Nachhaltigkeit (Mehrwert für alle schaffen, unternehmerisch verankert, Beitrag zur Gesellschaft).
Die DZ Bank sieht in Jungheinrich einen attraktiven Nischenanbieter für Flurförderzeuge (hauptsächlich Gabelstapler; Trend zur fragmentierten Produktion und E-Commerce). Die Gesellschaft habe langjährige Erfahrung bei Automationslösungen ("Intralogistik 4.0") sowie ein optimiertes Produktions-Setup. Die Kooperation für Mietgeschäft in China (Anhui Heli) sowie die US-Caterpillar-Partnerschaft für Stapler böten einen guten Mix für weitere Gewinnsteigerungen. Die Expansion des Service- und Vertriebsnetzes sowie Marktanteilsgewinne (neue Gabelstapler) sollten mittelfristig die Marge zusätzlich steigen lassen.
Bewertung: Blickt man auf die durchschnittlichen Analystenschätzungen, dann sehen diese bei Jungheinrich beim Umsatz vom Geschäftsjahr 2020 bis zum Geschäftsjahr 2024 einen Anstieg von 3,809 Milliarden Euro auf 5,001 Milliarden Euro vor. Zudem gehen die Prognosen beim Gewinn je Aktie gleichzeitig von einer Verbesserung von 1,48 Euro auf 2,75 Euro aus.
Auf letztgenannter Basis errechnet sich daraus ein geschätztes KGV von 16,4. Das ist angesichts der derzeit als gut einzustufenden Geschäftsaussichten und der mehr als soliden Aufstellung als vertretbar einzustufen. Die Dividendenrendite ist zwar nicht üppig, aber immerhin winken laut Analystenprognosen auf Sicht stetig steigende Ausschüttungssätze, wie der nachfolgende Tabelle zu entnehmen ist.
BÖRSE-ONLINE-Einschätzung: In der Printausgabe 27-21 schrieben wir im Rahmen einer bekräftigten Kaufempfehlung zu Jungheinrich folgendes. "Weiterhin stark läuft das Geschäft bei Jungheinrich. Beim Anbieter von Flurförderfahrzeugen legen aktuell sämtliche Segmente zweistellig zu. Bei den Hamburgern geht der Trend klar zu Fahrzeugen, die mit Lithium-Ionen-Akkus ausgestattet sind. Bereits im vergangenen Jahr wurde die angestrebte Quote von 20 Prozent überschritten. Bis zum Jahr 2025 soll der Anteil der Fahrzeuge, die mit den Akkus versehen sind, dann auf mehr als 70 Prozent klettern.
Nach dem starken Jahresauftakt ist es wahrscheinlich, dass der Konzern seine Jahresziele für das laufende Geschäftsjahr erfüllt. Bereits im ersten Quartal wurde auf Ebit-Basis eine Rekordmarge erzielt. Stark läuft es aktuell in China. Allerdings erwirtschaftet Jungheinrich knapp 90 Prozent des Umsatzes in Europa. Gelingt es, in Fernost und den USA weiter Fuß zu fassen, könnten die anvisierten Ziele schneller als erwartet erreicht werden. Das würde auch dem Aktienkurs einen Schub geben."
Befesa-Aktie
Mit Kaufen haben wir unter den künftigen MDAX-Mitgliedern als zweiten Titel auch Befesa eingestuft. Das Kursziel beträgt 80,00 Euro und der Stopp-Loss-Kurs 53,00 Euro. Bei einem Xetra-Schlusskurs am Mittwoch von 70,10 Euro hat dieser Wert somit theoretisch gut 14 Prozent Luft nach oben.
Charttechnik: Die Aktien von Befesa sind erst seit November 2017 an der Börse notiert. Gegenüber dem Ausgabepreis von 28,00 Euro ergeben sich klare Gewinne. Noch besser fällt die Bilanz verglichen mit dem am 23. März 202 bei 23,25 Euro markierten Schlussrekordtief aus. Seitdem hat sich ein klarer Aufwärtstrend herausgebildet, der auch als intakt zu bezeichnen ist, was charttechnisch gesehen Pluspunkte gibt.
Aufstellung/Strategie: Befesa bezeichnet sich selbst als einen führenden Akteur in der Kreislaufwirtschaft und als Anbieter von umweltrechtlich regulierten Dienstleistungen für die Stahl- und Aluminiumindustrie mit Anlagen in Deutschland, Spanien, Schweden und Frankreich sowie in der Türkei, Südkorea und China.
Mit den beiden Geschäftseinheiten Stahlstaub- und Aluminiumsalzschlackenrecycling recycelt Befesa jährlich rund 1,5 Millionen Tonnen Reststoffe und produziert rund 1,3 Millionen Tonnen neue Materialien. Diese führt Befesa dem Rohstoffmarkt zu und reduziert somit den Verbrauch natürlicher Ressourcen.
Laut Vorstand haben Umweltvorschriften das Wachstum von Befesa in der Vergangenheit unterstützt und werden auch in Zukunft der Hauptantrieb für das organische Wachstum sein. Da die meisten der organischen Wachstumsprojekte in bestehenden und bereits bedienten Märkten abgeschlossen seien, konzentriert sich die Strategie von Befesa nun auf die Expansion in neue Regionen, insbesondere in China, aufgrund der Größe des Marktes und der Position, die Befesa in diesem Land bereits hat.
China ist der größte Stahlmarkt der Welt, und seine Stahlindustrie verlagert sich mehr und mehr auf die EAF-Stahlproduktion, ein natürlicher Übergang, den viele andere entwickelte Volkswirtschaften wie Südkorea, Europa und die USA bereits durchlaufen haben. In dem Maße, in dem sich die Volkswirtschaften entwickeln, fällt mehr Stahlschrott an, der dann recycelt wird und als Rohstoffquelle für die Stahlindustrie dient.
Gleichzeitig wurden Umweltvorschriften erlassen, die auf die wachsende Besorgnis über Umweltschutz und Nachhaltigkeit zurückzuführen sind und die Grundlage für das Umweltdienstleistungsgeschäft von Befesa bilden.
Wie es zuletzt hieß, schreitet die Expansion in China weiterhin planmäßig und im Rahmen des Budgets voran. Der Bau der Recyclinganlage für Stahlstaub aus Elektrolichtbogenöfen (EAFD) in der Provinz Jiangsu sei abgeschlossen und die Produktion befinde sich im Probebetrieb. Der Bau der Anlage in Henan verlaufe ebenfalls planmäßig.
Die Berenberg Bank stuft Befesa als führend im Recycling von Stahlstäuben und Aluminiumsalzschlacken ein. Das Unternehmen sei mit einem Marktanteil von rund 45-50 Prozent der eindeutige Marktführer bei den Recyclingdienstleistungen für Stahlstäube und Aluminiumsalzschlacken in Europa. Das Unternehmen operiere in einem Nischenmarkt mit soliden Grundtendenzen. Befesa verfüge auch über eine wachsende Präsenz in Asien und wird nach der Übernahme von AZR nun auch Marktführer in den USA sein.
Befesas kritischer Service sei mit hohen Marktzutrittsschranken versehen. Die Anlagen befänden sich in der Nähe der langjährigen Kunden und erreichten dank hoher Marktzutrittsschranken (das heißt Genehmigungen, Know-how und Vorab-Kapitalanforderungen) eine hohe und stabile Auslastung. Hinzu kämen stabile, hohe Margen, Renditen und freie Cashflow-Generierung. Des Weiteren führten stabile Dienstleistungsgebühren und eine konservative Zinssicherungspolitik zu einem sehr sichtbaren Geschäftsmodell.
Bewertung: Geht es nach dem Analystenkonsens, dann es das Unternehmen dabei, den Umsatz von 604,33 Millionen Euro in 2020 bis 2023 auf 1.044 Millionen Euro zu steigern. Gleichzeitig sehen die Schätzungen in dieser Zeit beim Gewinn je Aktie eine Verbesserung von 1,40 Euro auf 3,92 Euro vor. Auf letztgenannter Basis ergibt sich daraus ein geschätztes KGV von 17,9. Das ist eine Bewertung, die sich angesichts der guten Geschäftsperspektiven und dem soliden Geschäftsmodell rechtfertigen lässt.
BÖRSE-ONLINE-Einschätzung: Bei Befesa äußerten wir uns zuletzt in Ausgabe 31-21 positiv, wobei wir da Kursziel und Stopp-Loss-Kurs anhoben. Zur Begründung hieß es, für den Recycler von Stahl- und Aluminiumschmutz werde 2021 zu einem Spitzenjahr. Mit der Akquisition der US-Gesellschaft American Zinc Recycling (AZR) werde Befesa die globale Nummer eins im Recycling von Stahlstaub aus Elektrolichtbogenöfen.
Bereits im ersten Quartal habe das Geschäft, getrieben von rückläufigen Schmelzlöhnen und steigenden Aluminium- und Zinkpreisen, wieder Fahrt aufgenommen. Das zweite Quartal untermauere den Trend. Während der Umsatz um 56,8 Prozent auf 191,6 Millionen Euro geschnell sei, sei der Konzerngewinn um mehr als das Doppelte auf 45,3 Millionen Euro gestiegen.
Die Kapazitätsauslastung liege wieder bei über 90 Prozent und habe damit das Niveau vor dem Coronavirus-Einbruch erreicht. Neue Wachstumsimpulse kämen dieses Jahr aus China, wo bis zum Jahresende insgesamt zwei Recyclinganlagen für Stahlstaub aus Elektrolichtbogenöfen den Betrieb aufnähmen.
Vantage Towers-Aktie
Der dritte von den fünf MDAX-Aufsteigern, die mit einer BÖRSE ONLINE-Kaufempfehlung versehen sind, heißt Vantage Towers. Das positive Anlageurteil ist mit einem Kursziel von 39,00 Euro versehen sowie mit einem Stopp-Loss-Kurs von 23,50 Euro. Der Xetra-Schlusskurs am Mittwoch betrug 29,55, so dass dieser Titel basierend auf unserer Vorgabe im Falle einer Zielerreichung einen Anstieg von rund 32 Prozent verspricht.
Charttechnik: Vantage Towers kam erst am 18. März 2021 an die Börse. Die Börsen-Historie ist somit noch kurz und die Aussagekragt der Charttechnik als Folge davon noch relativ gering. Zu konstatieren ist aber, dass es der Neuling geschaffte hat, sich verglichen mit dem Ausgabepreis von 24,00 Euro bis auf 31,00 Euro nach oben zu hangeln.
Das letztgenannte Schlussrekordhoch stammt vom 01. September und ist somit noch sehr frisch. Die jüngst allgemein schwache Börse führen aber dazu, dass diese Bestmarke zuletzt nicht ganz gehalten werden konnte. Insgesamt gestaltet sich das Chartbild aber weiter konstruktiv.
Aufstellung/Strategie: Vantage Towers betreibt hauptsächlich Funkmasten- und Dachantennen für die Nutzung durch Mobilfunknetzbetreiber. Dabei ist man zu den größten Betreibern von Sendemasten in Europa zu zählen. Konkret betreibt die Gesellschaft rund 82.000 Funktürme in zehn europäischen Ländern.
Die Vantage Towers AG entstand 2020 durch die Abspaltung des Funkturmgeschäfts vom Telekommunikations-Riesen Vodafone. Die Kontrolle hat weiterhin der Großaktionär Vodafone, der rund 81 Prozent der Aktien hält (Rest Freefloat). Das Unternehmen beschäftigt aktuell mehr als 180 Mitarbeiter. Der Hauptsitz des Unternehmens ist Düsseldorf.
Mit dem Aufbau eines der führenden Funkturmportfolios in Europa begegnet man laut Vorstand der wachsenden Nachfrage nach besserer Konnektivität und stellt sich damit in den Mittelpunkt einer europaweiten digitalen Transformation. Aufgrund der typischerweise sehr langfristigen Rahmenserviceverträge (in der Regel 15 Jahre) gibt es eine hohe Cash FlowVisibilität und Stabilität.
Das Unternehmen selbst spricht in diesem Zusammenhang von äußerst sicheren, vorhersehbaren Cashflows, die durch langfristige, inflationsgebundene Vertragsvereinbarungen mit hoch bewerteten Mietern, darunter Vodafone als Ankermieter, gestützt werden. Zudem bestünden überzeugende strukturelle Wachstumschancen durch Verpflichtungen zur Mobilfunkabdeckung sowie aufgrund der steigenden Nachfrage der Endverbraucher nach Datenkapazität. Man habe auch das Potenzial für eine Expansion in angrenzende Dienstleistungen und für disziplinierte M&A.
Als Stärken nennt die Landesbank Baden-Württemberg das langjährig aufgebaute Knowhow von Vodafone als ein weltweit führender Netzbetreiber. In drei von zehn relevanten Märkten (Italien, Deutschland und Dänemark) sei das Unternehmen unter den Marktführern zu finden und allgemein breit aufgestellt in Europa. Die Kapitalstruktur habe die Gesellschaft mit dem IPO zudem auf eine breite Investorenbasis gestellt. Hinz komme Wachstumspotenzial durch 5G und Daten.
Als Schwächen sehen die Analysten dagegen den intensiven Wettbewerb im Wachstumsfeld 5G-Ausbau sowie Akquisitionsrisiken. Erwähnung findet auch die hohe Umsatzabhängigkeit vom Mutterkonzern Vodafone als Hauptmieter vieler Standorte. Darüber hinaus gebe es Verlängerungsrisiken der Grundstückspachtverträge betreffend Funkturmanlagen.
Bewertung: In Sachen Gewinn je Aktie ist es so, dass der Analystenkonsens für 2021 mit 0,56 Euro kalkuliert. Die durchschnittlichen Schätzungen für 2026 betragen 0,77 Euro. Auf letztgenannter Basis errechnet sich ein geschätztes KGV von 38,4, was optisch hoch aussieht. Doch die Wachstumsaussichten und die erwähnte CashflowVisibilität und Stabilität relativieren das.
Hinzu kommt als Pluspunkt die Aussicht auf steigende Ausschüttungen. Analysten rechnen im Schnitt für 2021 mit einer Zahlung von 0,46 Euro je Aktie, ein Satz, der bis 2026 stetig bis auf 0,96 Euro je Anteilsschein steigen soll. Die Prognosen zum Umsatz gehen von 2020 bis 2026 von einer Verbesserung von 966 Millionen Euro auf 1.288 Millionen Euro aus.
BÖRSE-ONLINE-Einschätzung: In Ausgabe 31-21 schrieben wir zu Vantage Towers, das Unternehmen könne bei Investoren mit einem grundsoliden und wetterfesten Geschäftsmodell punkten: Die Vermietung der 82 000 Funktürme sorge für moderat wachsende Umsätze. Für das Geschäftsjahr 2022 (per Ende März) peile Vorstandschef Vivek Badrinath bei den Erlösen in etwa die Marke von einer Milliarde Euro an. Gegenüber der Vorperiode würde sich das Umsatzvolumen damit um rund 3,5 Prozent erhöhen.
Bei einer stabilen operativen Marge solle der freie Cashflow auf 390 bis 400 Millionen Euro anwachsen. Am oberen Ende der Spanne würde das ein Wachstum von gut vier Prozent bedeuten. Nach Vorlage der Zahlen für das erste Quartal habe Badrinath diesen Ausblick bestätigt. Im jüngsten Zwischenbericht kämen zwei Wachstumstreiber zum Vorschein. Noch steuere Vodafone knapp 85 Prozent zu den Umsätzen bei. Doch habe Vantage Towers mehr Türme an Dritte vermietet, wodurch sich die Auslastung der eigenen Infrastruktur erhöhen lasse.
Daneben zeige der Zuschlag für ein 5G-Projekt in Griechenland, dass der Aufbau des neuen Mobilfunkstandards für Vantage Towers enorme Chancen biete. Kurzum: Mit einem Mix aus viel Substanz und einem Schuss Wachstumsfantasie sollte beim deutschen Top-IPO 2021 das "Ende des Funkturms" längst nicht erreicht sein.