Deutsche Goldanleger setzen in wirtschaftlich unsicheren Zeiten weiter auf das Edelmetall. Ein Teil weitete seine Gold-Käufe sogar aus, geht aus einer am Freitag in Hanau veröffentlichten nicht repräsentativen Befragung des Edelmetall-Handelshauses Heraeus unter 2.250 Personen hervor. "Angesichts des Kriegs in der Ukraine hat fast jeder dritte Befragte seine Anlagestrategie verändert", heißt es in einer Mitteilung von Heraeus. Innerhalb der Gruppe von Anlegern, die Interesse an Goldanlagen bekundeten, hätten 73 Prozent mehr Gold gekauft.

Knapp die Hälfte der Goldanleger geht demnach davon aus, dass das allgemeine Preisniveau in Deutschland in den kommenden zwölf Monaten steigen wird. Außerdem befürchteten 70 Prozent der Befragten, dass die deutsche Wirtschaftsleistung in den kommenden zwölf Monaten schrumpfen werde.

Gold-Barren und -Münzen beliebt


In Deutschland ist die Inflationsrate im Mai auf 7,9 Prozent gestiegen und damit auf den höchsten Stand seit fast 50 Jahren. Stärkster Preistreiber sind die Kosten für Energie, die sich auch durch die Folgen des Kriegs in der Ukraine stark erhöht haben. Die hohe Inflation weckt Sorgen, dass die Kauflaune der Menschen nachlassen und damit zur Konjunkturbremse werden könnte.

Die meisten der befragten Privatanleger kaufen aktuell bevorzugt Gold-Barren und fast die Hälfte der Befragten haben Geld in den Kauf von Goldmünzen gesteckt. Wertpapiere wie Gold-ETFs oder -Zertifikate hätten bei den Befragten hingegen kaum eine Rolle gespielt, hieß es weiter.

Notenbanken kaufen ebenfalls Gold


Auch bei den Notenbanken erfreut sich Gold zunehmender Beliebtheit. Der Trend hält seit 2008 unvermindert an, heißt es im neuen "In Gold we trust"-Report. Vor allem die BRICS-Staaten (inklusive Russland) haben demnach ihre Goldreserven in den letzten Jahren aufgestockt. Der Westen, insbesondere die Eurozone und die USA, halten jedoch immer noch die größten Reserven.

In dem Report heißt es: "Gold wird wohl in vielen Ländern der Welt als Reservewährung weiter an Akzeptanz gewinnen und sich verstärkt als Vertrauens- und Kaufkraft-Anker etablieren." Die Autoren des Reports erwarten als Resultat von hoher Inflation und Wirtschaftsabschwung eine Stagflation: "Wir werden gewiss keine Kopie der Stagflation der 1970er-Jahre durchleben, sondern eine Stagflation 2.0, mit zahlreichen Eigenheiten."

Gold in Stagflationsphase höher gewichten


Die historische Performance von Gold, Silber und Rohstoffen in vergangenen Stagflationsphasen spricht für eine höhere Gewichtung dieser Vermögenswerte als unter normalen Umständen. Auch die relative Bewertung von Technologie-Unternehmen zu Rohstoff-Produzenten ist ein Argument für ein antizyklisches Investment in Letztere, heißt es im Report. Gold sei daher auch zukünftig ein unverzichtbarer Portfolio-Bestandteil, der Anleger in Stress-Situationen an den Finanzmärkten ruhig schlafen lässt. Geht es nach den Autoren, wird Gold noch in diesem Jahr wieder über 2.000 Dollar steigen. Bis zum Ende des Jahrzehnts soll der Goldpreis dann sogar auf 5.000 Dollar steigen.

Am Freitag-Mittag notiert die Feinunze Gold bei 1.865 Dollar. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine war der Preis deutlich über die 2.000-Dollar-Marke hinaus angezogen, hat sich in der Folge jedoch bis auf 1.800 Dollar wieder deutlich beruhigt.

Ein Blick auf den Gold-Chart offenbart, dass sich der Goldpreis nach einer Bodenbildung wieder aufwärts orientiert. Die 200-Tage-Linie wurde überwunden. Noch im Juni könnte die Marke von 1.900 Dollar wieder erreicht werden. Darüber hinaus käme bereits die 2.000er-Marke wieder in Reichweite. BÖRSE ONLINE rät, das private Anlageportfolio mit einem bis zu 20-prozentigen Anteil mit Gold zu bestücken.

mmr mit dpa