Wenn irgendwas in den vergangenen Jahren total einfach geworden ist, dann ist es der Wechsel des Stromanbieters - oder der des Gasversorgers, sofern man eine Gasheizung im Keller hat. Kein Mensch muss sich dafür viele potenzielle Anbieter merken, zwischen denen zu entscheiden wäre. Es reicht, den Namen des einen oder anderen Vergleichsportals im Internet präsent zu haben. Auf deren Webseiten finden die Interessenten in der Regel mindestens eine zweistellige Anzahl unterschiedlicher Versorger und Tarife, manchmal auch mehr als 100.
Wer also auf der Suche nach dem günstigsten Tarif für Strom ist, gewinnt auf solchen Portalen ganz schnell den Eindruck, diesen auf jeden Fall gefunden zu haben. Irgendein Anbieter steht in der nach Preis gestaffelten Liste, die oben mit dem billigsten beginnt, immer auf Platz 1. Die Anmutung, dass es ab dem zweitgünstigsten immer teurer wird, sorgt für das ersehnte Gefühl, keinen Cent zu viel dafür auszugeben, dass das Licht angeht, der Kühlschrank läuft und die Waschmaschine ihre 1.200 Umdrehungen in der Minute schafft.
Allerdings rät der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) trotz eines noch so positiven Eindrucks, die Portale mit Vorsicht zu genießen. So finden sich auf den meisten Voreinstellungen, die die Auswahl einschränken. Die Verbraucherschützer raten unter anderem dazu, beim Preisvergleich Neukundenboni rauszufiltern. Das mache es leichter, die tatsächlichen dauerhaften Kosten für Strom oder Gas im Jahr einschätzen zu können. Weitere Empfehlungen: Nicht nur Tarife anzeigen lassen, zu denen ein Wechsel direkt über das Portal möglich ist. Andernfalls sei das Angebot unnötig reduziert.
Das Gleiche gelte für die Voreinstellung "hohe Kundenempfehlungsquote". Diese sollten Verbraucher deaktivieren, rät der vzbv. Begründung: "Kundenempfehlungen kann man nur für Tarife aussprechen, für die das Portal Provisionen erhält." Mit diesem Hinweis benennen die Verbraucherschützer auch gleich einen wesentlichen Teil des Geschäftsmodells der Portale. Wer sich nicht ausschließlich über Werbung finanziert, erhält Provisionen von den Anbietern, zu denen ein Strom- oder Gaskunde wechselt.
Sieben Musterfälle für zehn Portale
Mit Blick auf das große Interesse vieler Verbraucher, Vergleichsportale zu nutzen, hat €uro am Sonntag erstmals das Deutsche Kundeninstitut (DKI) damit beauftragt, ebensolche zu testen. Wir wollten wissen, was die Portale an Preisen und Leistungen im Angebot haben, was ihre Vergleichsrechner taugen und welche Qualität ihr Kundenservice hat. Dazu entwarf das DKI sieben Musterfälle mit Haushaltsgrößen von einer bis fünf Personen, auf deren Grundlage Vergleichsangebote für Strom und Gas eingeholt wurden (siehe unten "So wurde gewertet" ).
Gleiches gilt für Ökostrom und -gas, also für Strom, der in Deutschland oder anderswo regenerativ erzeugt wird und für den die Versorger Herkunftsnachweise vorhalten. Womit Verbraucher es bei Ökogas genau zu tun haben, müssen sie beim Anbieter erfragen. Hier reichen die Möglichkeiten von Biogas (zum Beispiel aus Gülle) über Gas, das mittels Elektrolyse mit regenerativ erzeugtem Strom aus Wasser gewonnen wird, bis hin zu herkömmlichem, fossilem Gas, für das die Anbieter eine Kompensation des CO2-Ausstoßes zusagen.
Testsieger: Check24
Testsieger mit der Note "sehr gut +" wurde Check24. Die Bestnote schaffte ansonsten nur noch das Vergleichsportal Verivox, das auf dem zweiten Platz landete. Die Champions aus München, die seit 13 Jahren mit Online-Vergleichs- portalen auf dem Markt sind, punkteten unter anderem mit Masse. Check24 hatte im Vergleich die größte Vielfalt von Versorgern und Tarifen im Angebot. Das heißt, Interessenten hatten dort die größte Auswahl. Einzig bei Ökogas hatten die Oberbayern zum Stichtag 15. April 2021 im Test nicht die meisten Anbieter in ihrem Vergleichsrechner.
Apropos Strom- und Gasvergleichsrechner: Neben Standards wie intuitiver Bedienbarkeit und überdurchschnittlich vielen Filtermöglichkeiten (zum Beispiel nach Preisgarantien, Empfehlungen oder Tarifhöhe) bei der Auswertung der Ergebnisse fiel positiv auf, dass Check24 als einziges Portal während der Eingabe von Daten auf der Webseite eine Beratung per Live-Chat anbietet.
Das Portal sieht die Möglichkeit vor, während der Suche alle Angaben zwischenzuspeichern. Das ist hilfreich für Leute, die bei der Suche unterbrochen werden. Sie müssen zur Fortsetzung nicht wieder ganz von vorn beginnen. Weiterer Pluspunkt: Anwender können sich die Ergebnisse der Suche per Mail zusenden lassen, und zwar auch ohne bereits ein Kundenkonto angelegt zu haben. Diese Möglichkeit bot im Test sonst niemand.
Noch ein Blick auf den Kundenservice: Hier schnitt Check24 als Drittbester mit einem "sehr gut" ab. Hinsichtlich Kompetenz, Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit bei Testtelefonaten landeten die Münchner im Mittelfeld. Das Portal punktete vor allem dadurch, dass Kunden auf der Webseite eine vollständige Liste aller im Vergleichsrechner berücksichtigten Anbieter und Tarife finden und darüber hinaus auch eine Liste mit nicht im Vergleichsrechner berücksichtigten Anbietern. Nutzer, die mehr als drei Namen verkraften, bekommen hier also sehr viel Runduminformation.
Nur günstig reicht nicht
Dass günstige Tarife auch bei Vergleichsportalen nicht alles sind, zeigt der Blick aufs Tabellenende der Gesamtwertung. Dort steht Stromvergleich.de mit der Note "befriedigend", obwohl das Portal bei allen vier Energieformen (Strom, Ökostrom, Gas, Ökogas) über alle sieben Musterfälle hinweg die günstigsten Tarife hatte, die überdies auch allesamt direkt über das Portal abgeschlossen werden konnten.
Eine der Erklärungen für die im Vergleich eher negative Bewertung lautet: Stromvergleich.de hatte im Test bei den Strom- und Gasvergleichen die zweitwenigsten Tarife und Anbieter, bei den Ökostrom- und Ökogasvergleichen sogar die wenigsten. Auch unabhängig von unseren sieben Musterfällen finden Interessenten auf dem Portal die wenigsten Anbieter und Tarife über alle Energieformen hinweg.
Der Vergleichsrechner des Gesamtletzten bekam ein "gut". Viele Standards bei den Eingaben werden erfüllt. Es gibt zwar keinen Live-Chat, aber immerhin Infotexte zur Hilfestellung beim Ausfüllen der Eingabefelder. Ebenfalls positiv: Nutzer können die Ergebnisse ausdrucken. Allerdings stellt Stromvergleich.de die wenigsten Filtermöglichkeiten zur Verfügung. Das DKI fragte 17 ab, nur neun sind hier gegeben.
Unterdurchschnittlich schnitt das Portal bei der Kompetenz und Hilfsbereitschaft der Hotline-Mitarbeiter ab, die von Testkunden angerufen wurden. Auf E-Mail-Testfragen reagierte Stromvergleich.de am unfreundlichsten. Negativ wurde zudem gewertet, dass das Portal in den sozialen Medien wie Facebook nicht vertreten ist. Zum Vergleich: Zwei andere Portale im Test bieten explizit Facebook-Servicezeiten an.
Generell bestätigte der Test, dass nicht nur ein Vergleich von Strom- und Gastarifen bares Geld sparen kann. Auch ein Vergleich von Vergleichsportalen hat den Effekt. So kamen unsere sieben Musterkunden auf der Suche nach einem Strom- oder Ökostromversorger bei Stromvergleich.de im Schnitt mit jährlich fast 62 Euro weniger aus als bei Wechselpiraten.de. Bei Gas lag der Vorteil im Schnitt bei 22,44 Euro, wobei wiederum Stromvergleich.de das günstigste und Wechselpiraten.de (neben WechselJetzt.de) das ungünstigste Angebot hatte. Am höchsten war die Differenz bei Ökogas. Hier sparte 84,78 Euro, wer nicht bei WechselJetzt.de hängen blieb, sondern bei Stromvergleich.de den Vergleichsrechner anschmiss.
So wurde gewertet:
Für den ersten Test "Bestes Vergleichsportal für Strom und Gas" prüfte das Deutsche Kundeninstitut (DKI) zehn Portale. Der Check umfasste 160 Einzelkriterien, und es wurden 235 Testkundenkontakte per Telefon oder E-Mail hergestellt. Getestet wurde in den drei Kategorien Preis- und Leistungsangebot, Vergleichsrechner sowie Kundenservice. In allen Kategorien sowie in der Gesamtwertung waren jeweils bis zu 100 Punkte zu erreichen. Kamen Bonuspunkte hinzu, waren es mitunter auch noch ein paar mehr.
Preis- und Leistungsangebot (40 Prozent Gewicht an der Gesamtwertung): Auf der Basis von sieben Musterfällen (Haushalte mit einer, zwei, drei, vier oder fünf Personen) prüfte das DKI die Zahl der Ergebnisse mit Tarifangabe, die Zahl der unterschiedlichen Strom- und Gasanbieter und die Zahl der Tarife, die übers Portal abschließbar sind. Zudem wurde gezählt, wie viele Anbieter und Tarife generell im Angebot sind.
Vergleichsrechner (40 Prozent): Hier richtete sich das Augenmerk der Tester unter anderem darauf, wie nutzerfreundlich die Vergleichsrechner sind. Es wurde geprüft, wie intuitiv die Bedienung der Rechner ist, ob es Hilfen fürs Ausfüllen gibt, welche Sortier- und Filtervarianten angeboten werden und was voreingestellt ist.
Kundenservice (20 Prozent): In dieser Kategorie prüfte das DKI, wie kompetent, freundlich und hilfsbereit die Reaktionen auf Testanrufe und -Mails ausfielen. Die Internetseiten der Portale wurden gecheckt, und es wurde ausgewertet, was sie auf Social Media so machen.