Während Bert Rürup oder Walter Riester gängige Namen in der staatlich geförderten Altersvorsorge sind, kennt diesen Mann fast niemand: Theodor Blank, von 1957 bis 1965 Minister für Arbeit und Sozialordnung, ist der Schöpfer der Vermögenswirksame Leistungen - gerne auch als VL oder VWL bezeichnet. So gesehen müssten die also eigentlich Blank-Leistungen heißen. Das Förderprogramm stammt aus der Zeit des Wirtschaftswunders und der sozialen Marktwirtschaft und sollte vor allem Geringverdienern beim Vermögensaufbau helfen. Das mit VL angesparte Kapital mache zwar "aus einem Arbeiter noch keinen wohlhabenden Mann", räumte Blank 1961 in einer Bundestagsdebatte über sein "Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer" ein. Es erlaube ihm aber, "nicht allen Wechselfällen des Lebens ohne Reserven gegenüberzustehen".
Fast 60 Jahre gibt es dieses Gesetz nun, fünf größere Aktualisierung hat es schon hinter sich. Sein heutiges Kernstück: Arbeitnehmer erhalten bis zu 40 Euro pro Monat für die Altersvorsorge. Zusätzlich zu ihrem Gehalt. Das Geld kommt vom Arbeitgeber, und obwohl die Zahlungen freiwillig sind, leisten sie viele Firmen - wenngleich nicht immer in voller Höhe. So zahlen viele Konzerne den Maximalbetrag von 40 Euro im Monat, besonders knausrig ist der öffentliche Dienst, der seinen Angestellten nur 6,65 Euro überweist. Ob ein Unternehmen VL zahlt und wie hoch diese sind, steht meist im Tarifvertrag oder in der Betriebsvereinbarung. Betriebsrat oder Geschäftsleitung helfen bei der Beantragung, die relativ unkompliziert ist. Steuervorteile gibt es bei VL-Verträgen nicht. In der Ansparphase erhöhen die VL das Bruttogehalt, auf das Einkommensteuern und Sozialabgaben erhoben werden. Bei der Auszahlung des VL-Guthabens wird auf die erwirtschafteten Kapitalerträge Abgeltungsteuer fällig. Dafür erhalten Geringverdiener eine staatliche Förderung von maximal 80 Euro im Jahr, wenn sie weniger als 20 000 Euro zu versteuerndes Jahreseinkommen haben.
Bank- und Bausparer kaum attraktiv
Obwohl die VL geschenkt sind, verzichten von 20 Millionen VL-Berechtigten in Deutschland etwa sieben Millionen auf die Zahlungen. So lassen sie sich pro Jahr insgesamt 1,6 Milliarden Euro durch die Lappen gehen, schätzte das Deutsche Institut für Altersvorsorge im Jahr 2018. Selbst wer zu viel für die staatliche Förderung verdient, sollte sich das Geld sichern. Denn im Lauf vieler Berufsjahre summiert es sich. Wer etwa 30 Jahre arbeitet und den Höchstsatz von 40 Euro im Monat bekommt, sammelt 14 400 Euro an - ohne Zins oder Rendite.
Damit daraus ein noch größeres Polster fürs Alter wird, müssen die VL laut Vermögensbildungsgesetz zwingend investiert werden. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten, wovon nur eine wirklich lukrativ ist. Denn auf Banksparpläne - eine beliebte VL-Anlageart - gibt es derzeit kaum Zinsen. Eine aktuelle Auswertung von Finanztest zeigt, dass momentan nur eine Bank attraktive Sparpläne bietet, nämlich die Degussa Bank. Dort liegt die Rendite bei 2,38 Prozent. Andere Anbieter verzinsen Banksparpläne in der Regel mit einem Prozent und weniger. Hier vermiesen die Niedrigzinsen den Kunden die Kondition. Ähnlich ist es bei Bausparern, der zweiten VL-Anlagemöglichkeit. Sie eignen sich nicht zum Vermögensaufbau, sondern sind nur für Kunden interessant, die bauen und sich über einen Bausparer einen günstigen Kredit sichern wollen. In einem Test unseres Schwestermagazins €uro am Sonntag boten vor allem die LBS Bayerische Landesbausparkasse, die LBS Norddeutsche Landesbausparkasse Berlin-Hannover, die Alte Leipziger Bauspar, die Bausparkasse Schwäbisch Hall sowie die Bausparkasse Mainz annehmbare Konditionen (Ausgabe 34/2019). Die dritte Option, die Tilgung eines Baukredits, kommt ohnehin nur infrage, wenn man bereits eine Immobilie besitzt und diese abzahlt.
Aktienfonds am lukrativsten
Bleiben als vierte und rentabelste Option Aktienfonds. Das verdeutlicht eine einfache Beispielrechnung. Würden die 40 Euro an VL-Leistungen pro Monat in einen Aktienfonds mit im Schnitt sechs Prozent Gewinn pro Jahr angelegt, würde man die eingezahlten 14 400 Euro in 30 Jahren auf 40 000 Euro vermehren. Diese angenommenen sechs Prozent pro Jahr sind zwar optimistisch, jedoch nicht realitätsfern. Der globale Aktienindex MSCI World verbuchte trotz Internetblase, Finanzkrise und Eurokrise seit 1990 im Schnitt sogar fast sieben Prozent pro Jahr. Selbst mit dem renditestärksten Banksparplan mit 2,38 Prozent Zins wäre man davon weit entfernt, hier hätte man nach 30 Jahren nur etwa 21 000 Euro (siehe Grafiken). Der eklatante Unterschied liegt am Zinseszins. Je länger das Geld angelegt ist, desto stärker wirkt er.
Und das VL-Geld muss langfristig angelegt werden. Der Gesetzgeber sieht eine Mindestlaufzeit von sechs Jahren vor, ausgezahlt wird das Kapital frühestens nach sieben Jahren. Langfristsparer können den VL-Vertrag beliebig verlängern und so über das ganze Arbeitsleben hinweg besparen. Für den Anleger hat das zwei große Vorteile. Zum einen erhöht der Zinseszins vor allem gegen Ende einer langen Sparphase das Ergebnis drastisch. Zum anderen senkt die lange Anlagedauer das Risiko der Aktienanlage. So zeigen Statistiken, dass in den vergangenen 70 Jahren ein zwölfmonatiges Engagement am Aktienmarkt nichts anderes als Glücksspiel war. Wer gutes Timing hatte, machte hier maximal 50 Prozent Gewinn, wer Pech hatte, einen ähnlich hohen Verlust. Wer hingegen 20 Jahre in globale Aktien investierte, machte selbst dann unter dem Strich ein dickes Plus, wenn er seine Aktien während eines Börsencrashs verkaufte. Bei einem langen Anlagehorizont muss man sich also nicht vor fallenden Börsenkursen fürchten.
Kostenfallen vermeiden
Allerdings sind das zunächst nicht mehr als schöne Modellrechnungen, die auch Banken und Fondsgesellschaften gern für ihre Werbebroschüren nutzen. Diese Kalkulationen vernachlässigen nämlich zwei wichtige Aspekte. Erstens gehen sie davon aus, dass Anleger immer gute Fonds auswählen. Das ist leider nicht der Fall. Vor allem Kunden, die ihre VL-Fonds direkt in Filialen von Sparkasse, Volksbanken oder Deutsche Bank kaufen, haben oft nur eine kleine Auswahl und müssen zudem in der Regel auf ETF genannte Indexfonds verzichten, die sich nicht zuletzt wegen ihrer geringen Gebühren gut zum VL-Sparen eignen. Eine Ausnahme bildet hier die Commerzbank. Zweitens zahlen sie häufig hohe Ausgabeaufschläge und Depotkosten. Vergleichsweise gut sind die Konditionen bei Onlinebrokern und Fondsvermittlern wie AAV Fondsvermittlung, Finvesto, Fondssupermarkt oder Fondsdiscount.de. Hier stimmt mit bis zu 900 VL-Fonds nicht nur die Auswahl. Sie bieten die Fonds meist rabattiert an, und auch die VL-Depotkosten halten sich dort in Grenzen. Bei Finvesto liegen sie zum Beispiel bei zehn Euro pro Jahr.
So muss man einige Entscheidungen treffen, um seine VL gut anzulegen - von der Anlageart bis hin zur Auswahl von Produktanbieter, Bausparer, Fonds oder Depotbank. Angst muss man vor diesen Entscheidungen aber nicht haben, denn eigentlich kann man nichts falsch machen. Wer etwa einen Bausparer mit hohen Gebühren und schlechten Konditionen wählt, um mit VL fürs Alter vorzusorgen, erzielt am Ende sicher nicht die beste Rendite. Er bekommt aber immer noch geschenktes Geld überwiesen.
Die besten Fonds fürs VL-Sparen
Fonds sind die lukrativste Möglichkeit, um mit vermögenswirksamen Leistungen für das Alter vorzusorgen. Wer seine VL in einen Fonds anlegt, sollte sich aber immer fragen, welche Funktion dieser in einem bestehenden Depot einnimmt.
Wer seine vermögenswirksamen Leistungen (VL) in einen Fonds investieren will, hat die Qual der Wahl: Rund 1000 verschiedene Produkte sind theoretisch VL-fähig. Viele davon sind für die Altersvorsorge aber ungeeignet, da sie zum Beispiel in der Vergangenheit trotz guten Börsenumfelds kaum Gewinne brachten.
Prädestiniert als Basisinvestment für Sparer, die bisher einen Bogen um Aktien gemacht haben, sind Indexfonds (ETF) auf den globalen Aktienindex MSCI All Country World. Sie streuen das Kapital auf die wichtigsten 2400 Konzerne aus 49 Ländern. Mit monatlich nur 40 Euro an VL wird man so Aktionär von US-Technologiekonzernen wie Apple, Konsumgüterriesen wie Nestlé aus der Schweiz, deutschen Firmen wie SAP oder VW sowie Konzernen wie Alibaba aus China - und hat so alle Börsengiganten im Depot, ohne jede Aktie einzeln kaufen zu müssen. Die Streuung über viele Firmen, Branchen und Länder senkt die Risiken, mit rund einem halben Prozent sind die Gebühren dieser ETFs zudem niedrig. Zugleich stimmt die Rendite: In den vergangenen fünf Jahren machte der MSCI All Country World über 60 Prozent Gewinn, beim deutschen Aktienindex DAX waren es nur 40 Prozent. Eine ähnlich renditestarke Alternative für Sparer, die Wert auf Nachhaltigkeit legen, ist der terrAssisi Aktien, der sein Kapital ebenfalls weltweit in Aktien steckt. Er investiert nicht stur in einen Index, sondern ein Fondsmanager wählt hier die Titel aus, was die höheren Gebühren erklärt. Der achtet auch auf Kriterien wie Umweltschutz, Sozialverträglichkeit und gute Unternehmensführung und orientiert sich an den Leitlinien des Franziskanerordens, klammert also etwa Firmen aus, die mit Waffen handeln. Die Wertentwicklung war in den vergangenen Jahren trotzdem mit dem MSCI World vergleichbar.
Dritte Option: ein Mischfonds, der neben Aktien auch Anleihen oder Rohstoffe kaufen kann. Allerdings schreibt der Gesetzgeber für VL-fähige Mischfonds hohe Aktienquoten vor, was die Auswahl einschränkt. Ein Klassiker ist der BGF Global Allocation Fund, der etwa 60 Prozent des Kapitals weltweit in Aktien und den Rest in Anleihen und Rohstoffe investiert. Diese Diversifizierung über Anlageklassen hinweg senkt das Risiko gegenüber weltweiten Aktienfonds nochmals, verringert aber auch die Rendite. Trotzdem eignet er sich wie die beiden vorangegangenen Fonds bestens als Basis eines Depots.
Wer in seinem Depot allerdings bereits einen weltweit streuenden Aktienfonds hat, kann die VL als risikoreiche Beimischung nutzen. Hier gibt es je nach persönlicher Präferenz zahlreiche Möglichkeiten. So lässt sich beispielsweise mit einem ETF auf den Schwellenländerindex MSCI Emerging Markets der Anteil an Aktien aus Ländern wie China, Südkorea, Taiwan oder Indien erhöhen. Diese aufstrebenden Volkswirtschaften sind in vielen Portfolios unterrepräsentiert. Statt der Länderzusammensetzung kann man innerhalb des Depots auch im Bereich der Unternehmensgröße variieren und den Prozentsatz kleiner Firmen erhöhen. Im BB Entrepreneur Europe sind nur kleine und mittelgroße Unternehmen aus Europa, die noch dazu familiengeführt sind. Denkbar sind auch gezielte Branchenwetten, etwa mit dem langfristig starken Pictet Water Fund, der Aktien von Unternehmen kauft, die im immer wichtiger werdenden Bereich Wasserversorgung und -aufbereitung tätig sind. Wichtig bei VL-Fonds als Beimischung: Überschneidungen mit bereits im Depot vorhandenen Fonds und Aktien vermeiden!