Gestern erlebten Börsianer ein wirkliches Wechselbad der Gefühle. Nach schlechten Inflationsraten rauschten die Börsen erst in die Tiefe, nur um sich wenig später davon zu erholen. Was genau ist da passiert? Von Johann Werther
Am Donnerstag um 14:30 deutscher Zeit erschienen die US-Inflationszahlen und der Markt drehte wieder kräftig ins Minus. Der Nasdaq verlor drei, der S&P zwei Prozent und auch der DAX und andere Leitindizes in der EU drehten ins Negative.
Wesentliche Begründung für den Abverkauf, war eine Inflationsrate von 8,2 Prozent im Vergleich zum September 2021 (erwartet wurden 8,1) und eine Steigerung von 0,4 Prozent im Vergleich zum Vormonat August (erwartet wurden 0,2).
Da am 2. November die nächste Notenbanktagung der Fed erwartet wird, ging an den Märkten nun wieder die Angst vor weiteren Zinserhöhungen um. Auch die Fed-Futures zeigten dies an, da nun eine Mehrheit auf eine Erhöhung von 75 Basispunkten, statt vorher 50, spekuliert.
Unternehmensgewinne so la la
Doch es dauerte tatsächlich nicht lange und am Nachmittag drehten die Indizes trotz starker vorheriger Verluste ins Plus. Diese Achterbahnfahrt und das seltene Intraday Reversal trieb einigen Händlern auf der Wall Street auch wieder den Schweiß auf die Stirn. Doch was war passiert?
Eigentlich wurden die Unternehmensgewinne und Quartalsberichte für den Anstieg verantwortlich gemacht, schaut man aber genauer hin, erfüllten diese fast durch die Bank, nicht die Erwartungen. Allerdings konnten Unternehmen wie Dominos Pizza ihre Aktionäre mit dem Ausblick oder neuen Strategien bei Laune halten, sodass es zu keinem heftigen Ausverkauf kam.
Wir hören und sehen nur das, was wir wollen
Die Zahlen der Unternehmen fielen also nur relativ mittelmäßig, in einem anderen Marktumfeld auch “schlecht” genannt, aus. Doch am Ende des Tages scheint es so, dass die Wall Street entweder noch deutlichere Gewinnrückgänge erwartet hatte oder Börsianer einfach nur noch das sehen und hören, was sie wollen.
Immerhin gibt es nach, wie vor keine wirkliche Begründung für die drei Prozent Rally und auch die Interpretation von Bloomberg, dass viele Shorts im Profit aufgelöst worden sind, hinkt doch etwas.
Vermutlich beginnt die Börse sich eher immer mehr mit dem Szenario der weiteren Zinserhöhungen und Rezession abzufinden. Viele Marktakteure warten allerdings noch mit dem Kauf bis mehr Margin Calls eintreten und auch die Pensionskassen beginnen ihre Aktien zu verkaufen. Bis dahin dürfte es irrational bleiben und, wenn die Berichtssaison kein halbwegs übernatürliche Erscheinung wird, auch weiter fallen.