€uro fondsxpress: Herr Zulauf, wird Griechenland
die Eurozone verlassen?
Roman Zulauf: Kurzfristig sicherlich nicht. Athen
will in der Eurozone bleiben, es gibt zudem bislang
keinen geregelten Mechanismus für einen
Austritt. Langfristig ist ein Ausscheiden dennoch
wahrscheinlich. Doch Griechenland muss nicht
das erste Land sein, das den Euro als Währung wieder
aufgibt. Sollte Marine Le Pen die Präsidentschaftswahlen
2017 in Frankreich gewinnen, dürfte
Paris die Mitgliedschaft kündigen. Das wäre
dann aber das Aus für die Währungsunion in der
bislang bestehenden Form.
Finanzminister Giannis Varoufakis sagt, die Eurozonesei
instabil wie ein Kartenhaus. Zieht man die griechische
Karte heraus, fällt es in sich zusammenfallen.
Hat er mit seiner Einschätzung recht?
Ja. Wenn das nicht so wäre, wäre man dem Land
in der Vergangenheit nicht so sehr entgegengekommen.
Die neue griechische Regierung hat die
Schwäche der Verhandlungspartner schnell identifiziert
und agiert sehr geschickt. Athen weiß,
dass die Geberländer ein Auseinanderbrechen der
Eurozone nicht nur verhindern wollen, weil sie
dann auf Forderungen verzichten müssten. Sie
wollen den Austritt auch deshalb unterbinden,
weil möglicherweise die Folgen eines Exits nicht
so schwerwiegend sind wie bislang angenommen.
Dann aber würden vermutlich weitere Länder zu
ihren ursprünglichen Währungen zurückkehren. Athen hat also gute
Chancen, dass die Forderungen weitgehend erfüllt werden.
Welche Folgen hätte ein "Grexit" für Griechenland?
Die wieder eingeführte Drachme dürfte 30 bis 50 Prozent abwerten,
die Vermögensverluste wären für Sparer und Unternehmen also erheblich.
Das Bankensystem würde wohl wegen massiver Kontenabhebungen
zusammenbrechen. Die Regierung müsste dann vermutlich
den Finanzsektor verstaatlichen. Die Lage wäre zunächst ähnlich
dramatisch wie in der Asien-Krise, doch innerhalb eines Jahres
könnten sich die Verhältnisse normalisieren.
Wie würden die Märkte in Europa auf einen Austritt Athens reagieren?
Die Aktienmärkte und die Anleihen der Peripheriestaaten würden
deutlich unter Druck kommen. Dagegen lässt sich nur schwer prognostizieren,
wie sich die deutschen Bundesanleihen entwickeln werden.
Eine Flucht in Sicherheit, die die Rendite noch weiter nach unten
drücken würde, ist ebenso vorstellbar wie eine Neueinschätzung
der Belastungen, die sich durch den Austritt Griechenlands ergeben.
Würde der Euro dann noch schwächer tendieren?
Auch das ist nur schwer abzuschätzen. Einerseits könnte der Bereinigungseffekt
den Euro wieder stärken. Er könnte aber auch dramatisch
an Wert verlieren, weil Investoren grundsätzlich die Überlebensfähigkeit
der Gemeinschaftswährung infrage stellen.
Auf Seite 2: Zulauf über den Euro-Dollar-Kurs
Welcher Euro-Dollar-Kurs wäre für Südeuropa angemessen?
Der aktuelle Kurs ist viel zu hoch, die Länder sind da international
nicht wettbewerbsfähig. Damit sich die Eurozone erholen kann, müsste
das Austauschverhältnis für mindestens zwei Jahre auf 0,90, noch
besser 0,80 Dollar sinken. Der Euro in der jetzigen
Zusammensetzung kann nur als Schwachwährung
überleben, weil sich die Geldpolitik der EZB an den
schwächsten Mitgliedern orientieren muss.
Wenn der Euro sinkt, der Dollar weiter steigt, kommt
es dann trotzdem zur Zinswende in den USA ?
Die Fed hat klare Ziele für die erste Zinsanhebung
formuliert. Die sind nun erreicht. Lässt sie den
Leitzins dennoch unverändert, würde sie den
Marktteilnehmern signalisieren, dass sie dem
Konjunkturaufschwung nicht traut. Mit einer Zinserhöhung
stellt die Fed jedoch klar, dass die USA
raus aus dem Krisenmodus sind. Vermutlich dürfte
es aber nur eine Erhöhung von 0,25 Prozent in
diesem Jahr geben. An einer zu starken Aufwertung
des Dollar haben die USA kein Interesse.
Die Notenbanken zahlreicher Staaten senken die Zinsen.
Kann man von einem Währungskrieg sprechen?
Ja. Dieser Währungskrieg spielt sich vor allem in
Asien ab. Der Yen hat mittlerweile um 60 Prozent
abgewertet. Japanische Exporteure gewinnen dadurch
massiv Marktanteile. Doch die Entwicklung
läuft zu schnell, die Notenbank droht die Kontrolle
zu verlieren. Dennoch sind andere asiatische
Länder gezwungen, ebenfalls zu handeln. Taiwan
und Singapur haben ihre Währungen schon abgewertet.
Korea zögert noch. China ist dagegen noch
nicht in den Währungsabwertungslauf eingetreten.
Die Regierung fürchtet eine Zahlungsbilanzkrise aufgrund der
Kapitalabflüsse, sollten inländische und ausländische Investoren das
Vertrauen in den Renminbi verlieren.
Die Europäische Zentralbank will durch ihre Geldpolitik Inflation erzeugen.
Kann ihr das gelingen?
Das ist nicht möglich. Die deflationären Tendenzen sind derzeit zu
stark. Wir haben es aufgrund der ungünstigen demografischen Entwicklung
in Europa mit einer strukturellen Deflation zu tun. Hinzu
kommt wegen des globalen Preisverfalls für handelbare Güter und
Dienstleistungen anlässlich des asiatischen Währungskriegs, aber
auch für Energie eine zyklische Deflation. Inflation lässt sich derzeit
nur über eine Verschlechterung des Ratings erzielen. Das sehen wir
in der Türkei, Brasilien, der Ukraine, Russland, Venezuela,
Argentinien
oder Nigeria.
Auf Seite 3: Zulauf über den Vicenda Multi Asset Opportunities Fund
Zunehmende Volatilität an den Aktienmärkten, niedrige Bondrenditen
- wie positioniert sich da der Vicenda Multi Asset Opportunities Fund?
Wir sehen vor allem bei Währungen Chancen. So rechnen wir mit einem
stärker werdenden Dollar. Beim Taiwan-Dollar, beim Singapur-
Dollar aber auch bei ungarischen Forint und südafrikanischen Rand
haben wir Short-Positionen aufgebaut. Im Aktienbereich favorisieren
wir Länder mit schwachen Konjunkturzahlen. Dies motiviert die
Notenbanken umso mehr, ihre Geldpolitik zu lockern. Der DAX kann
in den nächsten sechs bis neun Monaten um weitere 30 bis 40 Prozent
zulegen, ähnlich wie der Nikkei durch Abenomics. Skeptischer
sehen wir dagegen US-Werte aufgrund der Geldpolitik der Fed relativ
zu anderen Zentralbanken. Wir können sehr flexibel auf Marktentwicklungen
reagieren. Unsere Absicht ist es, eine jährliche Rendite
von fünf bis acht Prozent zu erzielen.
Im Profil
Roman Zulauf ist Co-CIO der Investmentboutique
Vicenda Asset Management.
Er ist verantwortlich für
den Vicenda Multi Opportunities.
Zulauf
war zuvor Global Macro Portfolio
Manager bei Magma Capital und
Analyst im physischen Rohstoffhandel
bei Trafigura Beheer. Er sammelte
weitere Erfahrung im Asset Management
und Trading bei Morgan Stanley
und Merrill Lynch. Roman Zulauf
ist Sohn des Schweizer Vermögensverwalters
Felix Zulauf.