Kontaktverbot und Ausgangsbeschränkungen - das Leben der Menschen rund um den Globus spielt sich derzeit vorwiegend in den eigenen vier Wänden ab. Wobei die Betonung hier auf spielen liegt. Sozusagen per Verordnung darf nämlich jetzt gezockt werden, was das Zeug hält. War früher von Suchtgefahr die Rede, hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nun eine ganz andere Empfehlung: Um einer sozialen Isolation entgegenzuwirken, rief die WHO die Kampagne #PlayApartTogether ins Leben. Dabei rufen die Gesundheitsexperten zu gemeinsamen Videospielen auf.
Damit auch möglichst viele mitmachen, hat sich die Organisation mit 18 führenden Unternehmen aus der Branche zusammengeschlossen. Beteiligt sind Spieleentwickler wie Activision Blizzard oder Zynga. "Unser Auftrag bei Zynga war schon immer, die Welt durch Spiele zu verbinden, und er hat angesichts dieser globalen Krise eine neue Dimension angenommen", erklärt Publishing-Chef Bernard Kim. Laut den Marktforschern der NPD Group stehen Videospiele in Zeiten von Social Distancing hoch im Kurs. Beispielsweise stieg der Umsatz mit Gaminghardware, -software und -zubehör in den USA im März gegenüber dem Vorjahr um 35 Prozent auf 1,6 Milliarden Dollar. Er erreichte damit den höchsten Stand seit mehr als einem Jahrzehnt. Die am meisten verkauften Titel waren "Animal Crossing: New Horizons" von Nintendo sowie "Call of Duty: Modern Warfare" von Activision. Diese Erfolge kommen auch in der Bilanz der Firmen an. Im vierten Quartal konnte Activision die Markterwartungen übertreffen. Zwar war die operative Marge zuletzt etwas rückläufig, dies war aber vor allem hohen Werbeausgaben für "Call of Duty: Mobile" geschuldet. Auch wurden verstärkt kostenlose Inhalte angeboten, um die Monetarisierung innerhalb des Spiels voranzutreiben. In Zukunft könnten diese Investitionen sich in barer Münze auszahlen und die Rentabilität voranbringen.
Auf Wachstumskurs ist auch Mitstreiter Electronic Arts (EA). Im vergangenen Quartal zogen die Erlöse um 23,5 Prozent an, der Gewinn verbesserte sich gar um knapp ein Drittel. EA sorgt aber nicht nur mit seinen Geschäftszahlen für positive Schlagzeilen, sondern darf sich auch über eine hohe Publicity durch die derzeit arbeitslosen Profifußballer freuen, die sich begeistert auf "Fifa 20" duellieren. So schlug im ersten virtuellen Revierderby Schalke-Profi Nassim Boujellab den BVB-Spieler Achraf Hakimi acht zu null.
Breites Portfolio
E-Sport ist aber nur eines der boomenden Gamingsegmente, in denen EA aktiv ist. Der US-Konzern ist darüber hinaus mit bekannten Titeln wie "Apex" und "Battlefield" im Ego-Shooter-Bereich erfolgreich oder mit "Sims 4" bei Simulationsspielen. "Unser breit angelegtes Geschäftsmodell verringert die Abhängigkeit von einzelnen Titeln und ermöglicht es uns, den Aktionären finanzielle Ergebnisse zu liefern", sagt EA-Finanzchef Blake Jorgensen. In Zukunft setzt der Manager aber nicht nur auf neue Spiele, sondern auch auf Liveservices, also kostenpflichtige zusätzliche Inhalte, um noch mehr Kapital aus den aktuellen Blockbustern zu schlagen.
Bei Zynga dreht sich derweil alles um Mobile-Spiele. Und das mit durchschlagendem Erfolg: Im vierten Quartal verzeichnete das kalifornische Unternehmen Buchungen in Höhe von 433 Millionen Dollar und konnte damit die Schätzungen der Analysten zum fünften Mal in Folge schlagen. Angetrieben wurde das Geschäft von dem Erfolg seiner neuen Titel "Merge Magic!" und "Game of Thrones Slots Casino". Der Entwickler von Handyspielen, der täglich rund 20 Millionen aktive Nutzer zählt, verdient auch mit Anzeigen in seinen kostenlosen Spielen Geld. Insgesamt machen die Werbeeinnahmen knapp ein Fünftel der gesamten Einkünfte aus. Für das soeben beendete erste Quartal 2020 geht Zynga von weiteren Zuwächsen aus. So sollen die Erlöse um 45 Prozent auf 385 Millionen Dollar gegenüber dem Vorjahr zulegen, der Verlust von 128,8 Millionen soll auf nur noch 26 Millionen Dollar sinken. Aufgrund der Sonderkonjunktur durch die Corona-Krise ist am 6. Mai bei der Zahlenvorlage keinesfalls eine Enttäuschung zu erwarten.
Nicht ganz so gut läuft es hingegen für den US-Konkurrenten Take-Two Interactive. Der Anbieter von Videospielen wie "Grand Theft Auto" enttäuschte zuletzt mit einem schwächelnden Absatz und zurückgehenden Gewinnen. Das Gleiche gilt auch für die französische Firma Ubisoft, die aufgrund fehlender neuer Titel zuletzt Geschäftseinbußen hinnehmen musste. Das soll sich aber schon bald ändern. Für 2020/21 plant das Unternehmen fünf neue Topspiele. Die Analysten von Société Générale gehen davon aus, dass Ubisoft dadurch seine operative Marge spürbar steigern kann. Es empfiehlt sich, bei der Aktie dennoch vorerst an der Seitenlinie zu bleiben, da die neuen Games ihre Attraktivität erst mal unter Beweis stellen müssen. Voriges Jahr floppten zwei Spiele des größten europäischen Spiele- konzerns.