Der weltweite Markt für Börsengänge (Initial Public Offering, IPO) ist im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutlich eingebrochen. Die Zahl der Börsengänge ging um 39 Prozent auf 167 Transaktionen zurück, das Emissionsvolumen sank sogar um 70 Prozent auf rund zwölf Milliarden Dollar. Das ist der niedrigste Stand seit 2009, wie eine Studie der Unternehmensberatung E & Y (früher Ernst & Young) ergab.

In Deutschland schafften es seit Jahresbeginn mit dem Bio-techunternehmen Brain und dem am Mittwoch gestarteten Windkraftanlagenhersteller Senvion gerade mal zwei Unternehmen auf das Parkett - und auch das nur mit Zugeständnissen an die Investoren.

Negativzins treibt Investoren



"Der Kursrutsch an den Börsen im Januar und Februar, der Absturz des Ölpreises, anhaltende geopolitische Unsicherheiten und aufkommende Konjunktursorgen haben den Markt für Börsengänge nach einem starken Abschlussquartal 2015 in den ersten Monaten des neuen Jahres deutlich gebremst", sagte E & Y-IPO-Experte Martin Steinbach. Trotz zahlreicher Absagen und Verschiebungen sei die Pipeline dennoch gut gefüllt. "Viele Börsenaspiranten warten auf ein besseres Umfeld."

Deshalb rechnet Steinbach für die kommenden Monate mit einer Trendwende zum Positiven. Gestützt wird der weltweite IPO-Markt demnach weiter von der Niedrigzinspolitik der Notenbanken, relativ hohen Bewertungsniveaus und einer hohen Liquidität im Markt. "Investoren suchen nach wie vor intensiv nach Anlagemöglichkeiten in einem Umfeld mit negativen Realzinsen." Bei weiterer Beruhigung der Aktienmärkte könnten sich wieder mehr IPO-Kandidaten aus der Deckung wagen, zumal die Konjunktur in Europa und den USA grundsätzlich nicht schlecht laufe. Steinbach rechnet deshalb bereits für das zweite Quartal wieder mit steigender Aktivität.

Größter Börsengang seit Jahresbeginn war die China Zhe-shang Bank, die ihr Börsendebüt in Hongkong hatte und dabei zwei Milliarden Dollar erlöste. Alle übrigen Börsengänge brachten weniger als eine Milliarde Dollar ein. Zweitgrößte Transaktion war der japanische Immobilien-Kapitalsammler LaSalle Logiport mit 871 Millionen Dollar.

15 Börsengänge realistisch



Der deutsche IPO-Markt benötigte auch im vergangenen Jahr etwas Zeit, um in die Gänge zu kommen. Mit 15 Börsengängen und einem Emissionsvolumen von 7,1 Milliarden Euro war das am Ende aber das stärkste IPO-Jahr seit 2007. "Eine ähnliche Entwicklung mit bis zu 15 Börsengängen halte ich auch im laufenden Jahr für möglich - sofern keine externen Schocks eintreten", sagte Steinbach. Im Vordergrund dürften dabei Technologieunternehmen, Tochterunternehmen sowie Abspaltungen von Unternehmens stehen.

Zu den potenziellen Kandidaten zählt auch die vor der Abspaltung stehende Deutsche-Bank-Tochter Deutsche Postbank. Das Bonner Institut präsentiert sich bereits börsenfit. "Die Postbank ist rentabel, risikoärmer und gut kapitalisiert", sagte Vorstandschef Frank Strauß bei der Bilanzvorlage am Mittwoch. "Wir sind erstmals auf Schlagdistanz, unsere Kapitalkosten zu verdienen." Die Deutsche Bank hatte vor einem Jahr beschlossen, die Postbank wieder abzustoßen. Zur Diskussion steht neben einem IPO auch die Übernahme durch einen strategischen Investor. Der Börsengang ist Ende 2016 oder 2017 realistisch.