Dass Anleger hin und wieder recht wankelmütig sein können, ist bekannt. Bei der Aktie der Vienna Insurance Group (VIG) scheinen sie dies aber besonders intensiv auszuleben. Der Kursverlauf war seit 1997 neben ungewöhnlich schwankungsarmen Phasen vor allem von heftigen Kursausschlägen nach oben und nach unten geprägt.

Aktuell erfährt der mit rund 50 Versicherungsgesellschaften in 25 Ländern tätige österreichische Versicherungskonzern wieder einen Schub nach oben. Das seit Juli 2016 verbuchte Kursplus beläuft sich inzwischen auf rund 75 Prozent.

Allerdings ist damit erst knapp die Hälfte des von April 2015 bis Juli 2016 erlittenen heftigen Einbruchs wettgemacht. Damals sorgten negative Unternehmensergebnisse für eine miese Börsenphase. Bleibt der Titel seiner schwankungsträchtigen Vergangenheit treu, müsste ihn die momentane Aufwärtsbewegung weiter nach oben tragen.

Rückenwind erhält der Wert zum einen von der guten Verfassung des Wiener Aktienmarkts und der Aktien aus dem Versicherungssektor. Zum anderen haben sich Nachrichtenlage und geschäftliches Umfeld verbessert. So hat nicht nur die Konjunktur in Österreich erneut Fahrt aufgenommen, sondern auch die Volkswirtschaften in Osteuropa glänzen wieder mit ansehnlichen Wachstumsraten. Letzteres ist ein wichtiger Punkt - schließlich stammt mehr als die Hälfte des Gewinns aus der Region Zentral- und Osteuropa (CEE) und auch der Prämienanteil beträgt über 50 Prozent.

CEE-Ausrichtung lohnt wieder



Erhöht sich dort der Wohlstand weiter, steigt auch die Chance auf eine größere Nachfrage nach Versicherungsschutz. Wie groß das Potenzial theoretisch ist, zeigt sich an den Pro-Kopf-Ausgaben für Versicherungen. Denn diese liegen im CEE-Markt nur bei rund einem Zwölftel des österreichischen Niveaus, erklärt VIG-Vorstandschefin Elisabeth Stadler.

Geschäftlich reichte es in den ersten neun Monaten 2017 zu einem Gewinnanstieg vor Steuern von rund zehn Prozent auf 331 Millionen Euro. Für das gesamte Vorjahr hat der Vorstand ebenfalls Zuwächse versprochen und laut Analysten könnte es 2018 weiter aufwärtsgehen. Beim Gewinn je Aktie kalkuliert der Konsens mit 2,25 Euro, woraus sich ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 12,7 ergibt.

Günstig sieht es bewertungstechnisch insbesondere beim Kurs-Buchwert-Verhältnis aus. Bei einem auf rund 36 Euro zu taxierenden Buchwert je Aktie bewegt sich diese Relation deutlich unter eins. Allerdings ist die vergleichsweise niedrige Eigenkapitalrendite zu beachten. Wobei Bernd Maurer, Analyst bei der Raiffeisen Centrobank, diese mit einer überdurchschnittlich hohen Kapitalisierung erklärt und bedingt durch das externe Wachstum in den vergangenen 20 Jahren mit überdurchschnittlich hohen Firmenwerten in der Bilanz. Wie schnell sich hier Besserung einstellt, bleibt abzuwarten, denn eine Digitalisierungsoffensive kostet zunächst Geld. Vielleicht gelingt es aber, dies mit den erhofften Synergien aus einer laufenden Vereinheitlichung der Konzernstruktur wettzumachen. Auch hängt der Firmenwert davon ab, ob die Zinsstrukturkurve steiler (tendenziell positiv) oder flacher (tendenziell negativ) wird. Bleiben negative Überraschungen aus, spricht vieles für einen zunächst anhaltenden Kursaufschwung.