BÖRSE ONLINE: In Ihrer Unternehmenskommunikation kann man jetzt immer wieder vom großen Potenzial der Immunzellen lesen. Glauben Sie nicht mehr an das Potenzial der Stammzellen oder halten Sie den Markt für Nabelschnurblut für ausgeschöpft?
Wolfgang Knirsch: Für Vita 34 war es immer schon wichtig, die Trends in der personalisierten Zelltherapie zu beobachten und wo sinnvoll in unseren Portfolios abzubilden. Dass wir damit richtig liegen, zeigt der deutliche Anstieg an Anwendungen von den bei uns gelagerten Präparaten im vergangenen Jahr. Maßgeblich hierfür waren sicher die jüngsten Veröffentlichungen aus den USA, die Vorteile bei der Verabreichung von Nabelschnurblut an Kinder mit zerebralen Lähmungen und Autismus zeigen. Der überwiegende Anteil der Anwendungen liegt inzwischen im regenerativen Bereich und wir erwarten, dass sich diese Entwicklung fortsetzt. Gleichzeitig sehen wir die Fortschritte im Bereich der Immunzelltherapien bei onkologischen Erkrankungen und arbeiten daran, hier einen weiteren Geschäftsbereich zu etablieren.
Der Bereich der Immunzelltherapien wird bereits von großen Konzernen aus der Pharmaindustrie besetzt. Warum glauben Sie, dass Ihr Unternehmen in diesem Megamarkt eine bedeutende Rolle spielen könnte?
Alle bisherigen Therapien in diesem Feld sind auf die Verfügbarkeit gesunder und teilungsfähiger Zellen angewiesen. Publikationen zu diesem Thema zeigen eindrucksvoll, dass bei älteren, insbesondere mit Chemo- oder Strahlentherapie behandelten Personen, diese Zellen nicht mehr oder nur in eingeschränkter Qualität zur Verfügung stehen. Damit passt eine präventive oder präemptive Einlagerung von Immunzellen perfekt in unser bestehendes Geschäftsmodell. In Vorversuchen haben wir bereits zeigen können, dass die Immunzellen unseren Verarbeitungs- und Einfrierprozess in guter Qualität überstehen. Das gilt übrigens auch für das bei uns gelagerte Nabelschnurblut, das sich ebenfalls als Quelle für Immunzelltherapien eignen kann.
Immunzelltherapien werden auf der Basis unterschiedlicher Plattformen entwickelt. Auf welche Technologie und auf welche Zellen setzen Sie bei Vita 34?
Unser Geschäftsmodell ist es, kundeneigene Zellen für Behandlungen zu konservieren, die in der Zukunft liegen - hoffentlich in einer weit entfernten Zukunft. Deswegen legen wir bei der Entwicklung Wert darauf, alle Immunzellen unverändert aufzubewahren, um damit auch zukünftige Technologien bedienen zu können.
Unsere Leser interessieren auch der Wertschöpfungsbeitrag und natürlich die Kosten einer solchen Entwicklung. Können Sie dazu schon etwas sagen?
Da wir im Bereich Zellseparierung und Kryokonservierung bereits hohe Kompetenz haben, werden wir die Entwicklung dieses Geschäftsbereiches mit einem Budget realisieren können, dass mit den auch in der Vergangenheit investierten Mitteln vergleichbar ist. Allerdings werden die Vermarktung und das Vertriebsnetz zusätzliche Investitionen erfordern, die mit den aktuellen Ausgaben für Marketing und Vertrieb vergleichbar sind. Auf der Umsatzseite erwarten wir, dass wir mindestens zehn Prozent unserer über 220000 Bestandskunden auch für eine Immunzelleinlagerung gewinnen können, da diese sich bereits mit dem Nutzen einer Zelltherapie intensiv beschäftigt haben. Präemptive Einlagerungen von Menschen mit einer onkologischen Diagnose sehen wir zusätzlich als Upside.
Das sind verheißungsvolle Zahlen. Ab wann erwarten Sie denn, solche Produkte anbieten zu können?
Nach den bereits durchgeführten erfolgreichen Vorversuchen erwarten wir, dass wir eine erste Produktvariante im zweiten Halbjahr 2020 werden anbieten können, die wir dann für weitere Zielgruppen ausbauen können.