Vincent Bolloré wird ein Riecher für gute Investments nachgesagt. Der Franzose baute sich als Firmenjäger ein Milliardenimperium auf. Die Marktkapitalisierung seiner gleichnamigen Holding liegt bei fast zwölf Milliarden Euro. Den Wert des auf Transport und Logistik in Afrika fokussierten Mischkonzerns steigerte er in den vergangenen 20 Jahren im Schnitt um gut 16 Prozent. Der Investor mit feinen Manieren und knallharten Geschäftspraktiken herrscht auch über Vivendi. Doch bei dem Medienkonzern schien Bolloré seine Nase bisher im Stich gelassen zu haben.

Erst orakelte der verschwiegene Bretone, ein "Bertelsmann à la française" schaffen zu wollen, dann folgte der Plan, mit Silvio Berlusconi und dessen TV-Imperium Mediaset ein Netflix für Südeuropa aufzubauen. Beide Vorhaben blieben bisher erfolglos. Für sein nächstes Milliardengeschäft aber plant Vivendi keinen Zu-, sondern einen Verkauf. Für bis zu 50 Prozent seines Musikverlags Universal Music Group (UMG) sucht der Konzern strategische Partner.

UMG hat als größter Musikverlag Weltstars von Taylor Swift bis Elton John unter Vertrag und ist die Ertragsperle von Vivendi. Im ersten Halbjahr kletterte der operative Gewinn um fast ein Viertel auf 326 Millionen Euro nach oben und stellte damit mehr als die Hälfte des gesamten Konzerngewinns von 542 Millionen Euro. Neben dem Musiklabel gehören noch der defizitäre Pay-TV-Sender Canal+, das Filmstudio StudioCanal, der Spieleentwickler Gameloft und die PR- und Werbeagentur Havas zum Reich von Vivendi.

Für Strategen und Aktionäre



UMG wird eine Milliardenbewertung zugeschrieben, die Schätzungen reichen von zwölf bis 43 Milliarden Euro. Wie begehrt Medieninhalte sind, zeigt die kürzlich beendete Bieterschlacht um das Hollywoodstudio Twenty-First Century Fox. Dabei setzte sich Walt Disney gegen den US-Kabelnetzbetreiber Comcast mit einer um fast 20 Milliarden auf 71,3 Milliarden Dollar erhöhten Offerte durch. Matthias Volkert sieht daher für den Konzern eine gute Chance, zahlungskräftige Investoren zu finden, die bereit sind, einen strategischen Preis für das weltweit bedeutendste Musikunternehmen zu zahlen. Der DZ-Bank-Analyst rechnet mit einem Verkaufspreis zwischen 12 und 15 Milliarden Euro. Der Schritt dürfte Aktionäre besonders freuen, weil die Einnahmen "für ein signifikantes Aktienrückkaufprogramm genutzt werden könnten", so Vivendi.

Allerdings will Yannick Bolloré, der mittlerweile von seinem Vater zum Chef gekürt wurde, auch zukaufen. Der Junior will Frankreichs zweitgrößten Verlag Editis übernehmen. Den Wert des Unternehmens taxiert er auf 900 Millionen Euro. Die Verhandlungen zeigen, Vivendi soll weiter zu einem Medien-Vollverwerter avancieren. Der Film zum Buch, die Serie zum Spiel oder umgekehrt, gestreamt über eigene und Partnerplattformen, so die Idee. Angesichts des Verhältnisses von Editis-Kaufpreis und Einnahmen aus dem Teilverkauf von UMG aber scheinen die Bollorés zumindest für die Bedürfnisse der Börse noch den richtigen Riecher zu besitzen.