Volkswagen sieht sich wegen der Abgasaffäre in Deutschland mit milliardenschweren Schadensersatzforderungen von Profi-Investoren konfrontiert. Der Tübinger Rechtsanwalt Andreas Tilp reichte beim Landgericht Braunschweig eine Klage ein, mit der 278 institutionelle Anleger aus dem In- und Ausland einen Schadensersatz von insgesamt 3,255 Milliarden Euro für erlittene Kursverluste fordern. Sie werfen dem Wolfsburger Autobauer vor, zu spät über die Abgasmanipulation informiert zu haben. Das Landgericht Braunschweig bestätigte am Dienstag den Eingang der Klage. (Az.: 5 O 548/16)

Zu den 278 Klägern gehören nach Tilps Angaben 17 Finanzdienstleister und Versicherungsunternehmen aus Deutschland sowie der US-Pensionsfonds Calpers. Reuters hatte vergangene Woche aus Finanzkreisen erfahren, dass sich die Allianz -Tochter AGI und die Dekabank einer Sammelklage gegen Volkswagen anschließen wollten. Der kalifornische Pensionsfonds California State Teachers' Retirement System (CalSTRS) hatte Anfang März angekündigt, sich einer Klage in Deutschland anzuschließen. Tilp wollte sich zu Namen der Kläger nicht äußern. Er rede nur über Mandantennamen, wenn der Mandant es wünsche, daher habe er Calpers genannt.

VW lehnte eine Stellungnahme ab. Ein VW-Sprecher sagte: "Zu den Details können wir nichts sagen, weil uns die Klage noch nicht vorliegt."

WEITERE MILLIARDENKLAGE WIRD VORBEREITET



Tilp teilte mit, weitere Klagen von mehr als 20 Investoren mit Forderungen von mehr als einer Milliarde Euro würden vorbereitet, um eine im September 2016 drohende Verjährung von Ansprüchen zu verhindern. Die Prozesskosten würden über ein Konsortium von mehreren Gesellschaften getragen. Solche auf Prozessfinanzierung spezialisierte Firmen streichen im Erfolgsfall einen bestimmten Anteil der Schadensersatzsumme ein. Auch andere Anwaltskanzleien haben Schadensersatzklagen von institutionellen Investoren gegen VW angekündigt.

Dem Landgericht Braunschweig liegen bereits rund 70 Schadenersatzklagen überwiegend von Privatanlegern vor. Sie fordern wegen des drastischen Kursverfalls der VW-Aktie zwischen 600 Euro und zwei Millionen Euro Schadensersatz, wie das Landgericht Braunschweig am Dienstag weiter mitteilte. In 17 Verfahren lägen Klageerwiderungen von Volkswagen vor.

Der Konzern hat Forderungen der Privatanleger bereits Anfang März als unbegründet zurückgewiesen. Volkswagen argumentiert damit, erst am 18. September vergangenen Jahres durch die Veröffentlichung der US-Umweltbehörde EPA von einer möglichen Strafe in Höhe von bis zu 18 Milliarden Dollar erfahren zu haben. Bis dahin sei der Vorstand davon ausgegangen, das Thema in den USA im Rahmen üblicher Gespräche und einer Zahlung im niedrigen dreistelligen Millionen-Dollar-Bereich lösen zu können. Eine solche Summe wäre durch die Gewährleistungsrückstellungen bei VW ohne weitere Ergebnisbelastungen gedeckt gewesen.

In den USA, wo der Abgas-Skandal durch die Umweltbehörde EPA öffentlich gemacht wurde, sind bereits zahlreiche Sammelklagen von Autobesitzern und Investoren eingegangen. Um den Prozess zu vereinfachen, wurden Hunderte Klagen in Kalifornien gebündelt. Der zuständige Richter Charles Breyer hat Volkswagen und der US-Umweltbehörde EPA eine Frist bis zum 24. März gesetzt. Bis dann müssen sie mitteilen, ob sie sich auf einen Weg zur Reparatur der manipulierten Dieselautos geeinigt haben.

Die Klagewelle belastete am Dienstag auch die VW-Aktie. Mit einem Minus von knapp drei Prozent waren die Titel größter Verlierer im Leitindex Dax.

Reuters