VW-Chef Matthias Müller rechnet mit einer raschen Erholung der Verkaufszahlen von Volkswagen nach dem Rückgang durch den Diesel-Abgasskandal im vergangenen Jahr. Der Wolfsburger Konzern sei gut ins neue Jahr gestartet, wie nach dem Plus im Januar auch an den noch nicht veröffentlichten Februar-Zahlen zu erkennen sei, erklärte Müller am Montag in Genf am Vorabend der Automesse.
"Und von daher bin ich zuversichtlich, dass es bei einer Delle bleibt, und dass wir dieses Tief zügig überwinden", sagte er auf einer Veranstaltung, die Volkswagen in diesem Jahr mit knapp 500 Gästen in viel kleinerem Rahmen abhielt als unter Müllers Vorgänger Martin Winterkorn, der wegen des Skandals zurückgetreten war.
Volkswagen hatte sich mit der Manipulation von Abgaswerten bei elf Millionen Diesel-Pkw weltweit im vergangenen Jahr den ersten Absatzrückgang seit 2002 eingebrockt. Der Konzern lieferte mit seinen zwölf Marken 9,93 Millionen Fahrzeuge aus, ein Minus von zwei Prozent gegenüber 2014.
"Wir können mit Respekt, aber auch Zuversicht auf das Jahr 2016 blicken", sagte Müller. Die enorm hohen Kosten für Rückrufe und Rechtsstreitigkeiten vor allem in den USA könne er jedoch nicht beziffern. Das hänge maßgeblich von den Verhandlungen mit den US-Umweltbehörden ab. Diese hatten die Manipulation im September aufgedeckt. Volkswagen hatte zugegeben, die Abgasbehandlung so manipuliert zu haben, dass nur auf dem Prüfstand die Grenzwerte für Stickoxid erfüllt, im Straßenbetrieb aber um ein Vielfaches überschritten wurden.
Neben Schadensersatzklagen von Kunden und Anlegern drohen Volkswagen Geldstrafen wegen des Verstoßes gegen das Luftreinhaltegesetz. Das US-Justizministerium hatte in seiner Klage bis zu 46 Milliarden Dollar Geldbuße beantragt. Die Höhe der Strafe und die Rückrufkosten für die knapp 600.000 Fahrzeuge in den USA sind Müller zufolge Knackpunkte in den schon monatelangen Verhandlungen mit der Umweltbehörde EPA. "Wir haben ein Paket, von dem wir sehr überzeugt sind", sagte er. Der Termin, den der für alle Sammelklagen zuständige Bezirksrichter Charles Breyer Volkswagen und der EPA für eine Einigung gesetzt habe, sei keine Frist, sondern ein Termin für ein Gespräch. Bis zu dem Treffen am 24. März liefen die Verhandlungen mit der EPA weiter. "Was für uns wichtig ist: dass die Amerikaner nicht die Absicht haben, Volkswagen zu ruinieren."
DIGITALISIERUNG IM VORDERGRUND
Nach Müllers Kommunikationsdesaster bei der Messe in Detroit im Januar war die Regie am Montagabend darauf ausgelegt, neue Pannen gegenüber den Medien zu vermeiden. Während des Interview-Marathons in den USA hatte der VW-Chef sich auf Englisch gegenüber dem Radiosender NPR so ungeschickt geäußert, dass Volkswagen um eine Wiederholung am nächsten Tag bat. Interviews vor Kameras gab Müller dieses Mal schon am Nachmittag, am Abend sprach er mit den Schriftpresse. Die Berichterstattung über seinen Fauxpas nannte Müller nun unfair, da seine Reise ansonsten - vor allem die Gespräche mit den Behörden - erfolgreich gewesen seien. Gleichwohl räumte er mit Blick auf das Radio-Interview in Detroit ein: "Das Missverständnis war höchst unglücklich, das war ein Fehler von mir." Daraus habe er seine Lehren gezogen.
Bei der Präsentation in Genf standen nicht wie sonst die im Scheinwerferlicht glänzenden Wagen aller zwölf Marken im Vordergrund. Vielmehr wollte Müller mit Reden zum Thema Digitalisierung zeigen, dass der Konzern bei einem der wichtigen Branchentrends in die Offensive gehen will. Mit neuen digitalen Funktionen in Fahrzeugen eröffneten sich neue Geschäftsfelder und Umsatzpotenziale, erklärte Müller. "Für den Volkswagen-Konzern rückt die digitale Transformation deshalb ganz nach oben auf der Agenda." In drei neuen Entwicklungszentren in Potsdam, dem Silicon Valley und in China sollen Auto-Designer und IT-Experten an neuen Informations- und Kommunikationsdiensten tüfteln.