Bis Ende November müsse Volkswagen die technischen Lösungen für die Fahrzeuge dem KBA erläutern, sagte Dobrindt. Konkret heißt das, das VW die eingebaute Software entfernen muss, mit der die Fahrzeuge erkennen konnten, wann sie auf einem Abgas-Prüfstand stehen. Entsprechend reduzierte der Motor dann den Stickoxid-Ausstoß. Dies war zunächst in den USA aufgefallen. Dort drohen dem Autobauer hohe Strafzahlungen und Schadensersatzforderungen. Nach dem US-Justizministerium und der Umweltbehörde EPA nehmen nun auch die amerikanischen Wettbewerbshüter Ermittlungen gegen Volkswagen auf.
Nach der Enthüllung in den USA wurde bekannt, dass weltweit rund elf Millionen VW mit der Manipulationssoftware ausgerüstet waren. Allein in Deutschland wurden 2,8 Millionen Fahrzeuge mit der Software zugelassen. Diese war offenbar auch scharf geschaltet: "Das war wohl in allen Fahrzeugen so der Fall", sagte Dobrindt. Die Differenz zu den 2,4 Millionen Autos, für die nun ein Rückruf angeordnet wurde, erklärte Dobrindt damit, dass etwa 400.000 manipulierte Autos nicht mehr auf den Straßen unterwegs seien.
VW hatte dem KBA vergangene Woche einen Plan vorgelegt, wie der Betrug behoben werden soll. Dabei hatte der Autobauer auf freiwillige Reparaturen gesetzt. Dies lehnte das KBA ab. VW kündigte eine Stellungnahme an. "Wir prüfen derzeit noch den Bescheid", sagte ein Sprecher.
Dobrindt hatte vergangene Woche bereits über Pläne von Volkswagen für einen umfassenden Rückruf berichtet. Davon seien Fahrzeuge mit Euro-5-Dieselmotoren der Größe 2 Liter, 1,6 Liter und 1,2 Liter Hubraum betroffen. Technisch spreche VW bei den 2-Liter-Motoren von einer Softwarelösung, die in diesem Jahr vorliegen solle und ab Beginn des nächsten Jahres neu aufgespielt werden könne. Bei den 1,6-Liter-Motoren werde zusätzlich zu einer neuen Software eine motortechnische Anpassung nötig sein, die laut Volkswagen nicht vor September 2016 zu erwarten sei.
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TAUSENDE LÖSUNGEN NÖTIG
Der neue Volkswagen-Chef Matthias Müller hatte in einem Zeitungsinterview Anfang Oktober bereits gesagt, der Rückruf werde sich voraussichtlich bis Ende 2016 hinziehen. Ein Grund seien verschiedene Kombinationen des betroffenen Motors EA 189 mit Getrieben sowie nach Ländern spezifische Auslegungen. "Wir brauchen also nicht drei Lösungen, sondern Tausende." Für die meisten Motoren genüge ein Software-Update in der Werkstatt. Manche Fahrzeuge benötigten aber auch neue Einspritzsysteme und Katalysatoren. Notfalls müssten die Autos umgebaut werden. Die Kosten trage Volkswagen. Auch ein Austausch von Autos gegen Neuwagen werde diskutiert. Für Rückrufe hat der Konzern 6,5 Milliarden Euro zur Seite gelegt. Das Management hält es aber für möglich, dass die Summe an Ende höher ausfällt.
Der Skandal hat auch eine Debatte über Abgas-Werte und Testmethoden insgesamt ausgelöst. Bekannt ist, dass die Labortest weit von den wirklichen Emissionen abweichen. In der EU soll deswegen ab 2017 ein neues Testregime eingeführt werden, dessen Details derzeit diskutiert werden.
Am Nachmittag wollten sich in Brüssel die Regulierungsbehörden der einzelnen EU-Länder mit Vertretern der EU-Kommission treffen, um über den Fortgang der Untersuchungen, den Informationsaustausch und einheitliche Testmethoden zu diskutieren.
Volkswagen-Chef Müller wollte das Top-Management des Autobauers am Donnerstag bei einem Krisentreffen in Leipzig auf seinen neuen Kurs einschwören. Dabei dürfte es vor allem um die Aufarbeitung des Abgasskandals gehen. Daneben wird erwartet, dass Müller sein Sparprogramm erläutern wird, mit dem der Konzern die Kosten der Krise schultern will.
Reuters