In der Sitzung des VW-Markenvorstands am 24. August vergangenen Jahres sei nicht nur über den Einbau der verbotenen Manipulationssoftware bei Dieselmodellen in den USA berichtet worden. Experten hätten damals auch vorgetragen, dass möglicherweise Strafzahlungen von mehr als 20 Milliarden Dollar drohten, berichtete der "Spiegel" am Freitag vorab unter Berufung auf Teilnehmer der Sitzung. VW erklärte, alle vermeintlich vorliegenden Informationen seien reine Spekulation. Alle Rückschlüsse basierten auf subjektiven Darstellungen und nicht vorhandenen Erkenntnissen der Zusammenhänge.
Der Konzern hatte unlängst eine Schadensersatzklage von Anlegern zurückgewiesen und erklärt, der Vorstand sei von der Veröffentlichung der US-Umweltbehörde EPA am 18. September überrascht worden. Bis dahin sei man von einer Strafe maximal im unteren dreistelligen Millionenbereich ausgegangen. Erst nach der Bekanntgabe der EPA, die VW damals eine Strafe von bis zu 18 Milliarden Dollar androhte, habe man die Dimension des Skandals abschätzen können.
Volkswagen ist mit Schadensersatzforderungen in Milliardenhöhe konfrontiert. Die Kläger, sowohl Privatanleger als auch Profi-Investoren, verlangen Schadensersatz für erlittene Kursverluste. Sie argumentieren damit, dass VW früher über die Manipulationen hätte informieren müssen. Die Wolfsburger hatten den Einbau der Software hinter den Kulissen bereits am 3. September bei der EPA eingeräumt. Erst am 20. September - einem Sonntag - gestand der Konzern dies auch öffentlich ein. Die Börse wurde zwei Tage später über das Ausmaß des befürchteten Schadens informiert, VW legte 6,5 Milliarden Euro für den Rückruf der manipulierten Dieselautos zur Seite und kassierte seine Gewinnziele für 2015.
Bereits vergangene Woche hatte der "Spiegel" berichtet, dass VW-Markenchef Herbert Diess und Konzernvorstand Francisco Javier Garcia Sanz bei der besagten Vorstandssitzung im August 2015 vom Einsatz der illegalen Motorensoftware erfahren hätten, Wochen bevor Volkswagen den Gesetzesverstoß offiziell einräumte. Dabei berief sich das Nachrichtenmagazin auf Informationen der US-Kanzlei Jones Day, die die Abgasaffäre aufklären soll.
Reuters