Im abgelaufenen Geschäftsjahr hat der Volkswagen-Konzern einen hohen Gewinn erzielt. Auch für das laufende Jahr ist der DAX-Konzern optimistisch. Doch insbesondere der Krieg in der Ukraine mit seinen schwer kalkulierbaren Folgen für die Energie- und Rohstoffpreise sowie die Sicherheit der Lieferketten sorgt für Unruhe.
Von dem kräftigen Gewinnplus profitieren die Aktionäre. Sie sollen eine zum Vorjahr um 2,70 Euro erhöhte Dividende von 7,50 Euro je Stamm- und 7,56 Euro je Vorzugsaktie bekommen. Dem Haupteigner Porsche SE, über die die Familien Porsche und Piech die Mehrheit an Volkswagen halten, fließen damit knapp 1,2 Milliarden Euro zu, auf die die Holding wegen einer Gesetzesänderung erstmals Kapitalerstragssteuer zahlen muss.
Unterm Strich verdiente das Unternehmensgeflecht mit Marken wie VW-Pkw, Audi, Porsche, Skoda oder Seat im Jahr 2021 insgesamt 15,4 Milliarden Euro. Wie der Konzern am Freitagabend auf Grundlage vorläufiger Zahlen berichtete, waren das nahezu drei Viertel mehr als 2020. Das operative Ergebnis verdoppelte sich fast auf 19,3 Milliarden Euro. Damit lag der Betriebsgewinn deutlich über den knapp 17 Milliarden Euro des Vor-Corona-Jahres 2019. Von Refinitiv befragte Analysten hatten für 2021 mit 18 Milliarden Euro Ergebnis gerechnet. Nach den coronabedingten Absatzproblemen des Vorjahres wuchs der Umsatz um 12,3 Prozent auf 250,2 Milliarden Euro. Vor Zinsen, Steuern und Sondereinflüssen blieben 2021 acht Prozent vom Umsatz als Gewinn übrig - mehr als von Analysten zuvor im Schnitt geschätzt.
Bei den Auslieferungen schnitt der Konzern allerdings schlechter ab. Die Zahl der weltweit übergebenen Fahrzeuge sank um 4,5 Prozent auf knapp 8,9 Millionen. Auch nach den ersten beiden Monaten dieses Jahres wurde ein Rückgang gemeldet, es ging um rund ein Sechstel abwärts. Die Kernmarke verhängte wegen fehlender Teile gerade einen Bestellstopp für Plug-in-Hybride. Der wichtigste Markt China lag im Januar und Februar um etwa 17 Prozent im Minus.
Chipmangel: Fluch und Segen für die Autoindustrie
Fehlende Chips bedeuteten für Autobauer zuletzt immer wieder Produktions-Unterbrechungen. Dennoch spielte der Halbleitermangel den Konzernen teilweise in die Karten: Die knappe Versorgung mit Neuwagen sorgte für einen deutlichen Preisauftrieb am Markt, was die Profitabilität stützte. Die Preise könnten infolge zunehmender Energie- und Rohstoffkosten weiter anziehen, deutete Volkswagen-Finanzvorstand Arno Antlitz an. Vieles hänge nun von der Entwicklung und Dauer des Konflikts in der Ukraine ab. Sollte dieser länger anhalten, könnte sich womöglich auch unternehmensintern zusätzlicher Sparbedarf ergeben. An den Investitionen halte VW fest. Aber: "Wenn die Krise anhält, kann es zu einer Situation kommen, wo man auf der normalen Fixkostenseite noch einmal deutlich anpassen muss", so Antlitz. Neue Sparprogramme hatte die Leitung nach einem Streit zwischen Betriebsratschefin Daniela Cavallo und Vorstandschef Herbert Diess Ende 2021 jedoch ausgeschlossen.
Schon jetzt fehlen die in der Westukraine gefertigte Kabelbäume. Nach den Werken in Sachsen soll es unter anderem in Wolfsburg abermals Schichtausfälle und Kurzarbeit geben. "Wir bekommen aktuell noch einiges an Versorgung, aber es ist natürlich schwierig", meinte Antlitz zur Lage in der Ukraine. "Es wird in den nächsten Tagen sukzessive zu weiteren Einschränkungen kommen."
Ausblick auf das laufende Jahr
Die VW-Spitze rechnet für das neue Jahr im günstigsten Fall mit mehr Ertrag und Umsatz. "Aber all dies ist unter dem Vorbehalt der weiteren Entwicklung", so Antlitz. "Es ist noch unklar, wie sich der Ukraine-Konflikt auf die Gesamtlieferketten und auf die Weltkonjunktur auswirken wird." Die Auslieferungen sollen um fünf bis zehn Prozent zulegen und der Umsatz um acht bis 13 Prozent wachsen. Für die operative Rendite prognostizierte der Konzern eine Spanne zwischen sieben und 8,5 Prozent. 2021 erreichte Volkswagen eine Marge von 7,7 Prozent.
Die Produktion in Russland will VW wie viele andere Firmen zunächst aussetzen. Gleiches gilt für Autoexporte. Die Gruppe ist in der Russischen Föderation bisher mit den Marken VW-Pkw, VW-Nutzfahrzeuge, Skoda, Audi, Lamborghini, Bentley und Ducati vertreten. 2021 wurden in dem Markt knapp 200.000 Autos abgesetzt, etwa 170.000 Fahrzeuge fertigte der Konzern dort.
Ein Teil der Porsche AG soll an die Börse gebracht werden, der Konzern peilt dafür einen Zeitraum bis zum vierten Quartal dieses Jahres an. "Wir haben die Vorbereitungen nicht angehalten. Im Gegenteil: Sie laufen wie geplant weiter, wir sind zuversichtlich, dass wir dieses Fenster noch erreichen", sagte Antlitz am Freitag. Nach Meinung von Börsianern steht der Börsengang jedoch noch in den Sternen. Mit Spannung wird daher erwartet, wie sich das Management bei der Bilanzpräsentation am Dienstag äußert.
Zusammenarbeit zwischen VW und Ford
Wie Volkswagen außerdem am Montag mitteilte, wollen die Wolfsburger und Ford ihre milliardenschwere Zusammenarbeit bei Elektroautos deutlich ausbauen. Der US-Autobauer werde künftig ein weiteres E-Auto auf Basis der von VW entwickelten Elektroplattform MEB für den europäischen Markt bauen. Damit werde Ford das geplante Volumen auf 1,2 Millionen Einheiten über einen Zeitraum von sechs Jahren verdoppeln. Ford und Volkswagen hatten vor fast drei Jahren eine Allianz vereinbart, um ab 2023 mindestens ein emissionsfreies Fahrzeug in Europa in Großserie zu fertigen. Dazu wird derzeit das Kölner Ford-Werk für den Bau von batteriegetriebenen Wagen umgebaut. Bei der Vereinbarung der Kooperation war bereits der Bau eines zweiten Elektroautos für Europa angepeilt worden. Damit forciert Volkswagen die Aufholjagd auf den US-Elektroautobauer Tesla. Für die eigene Batteriefabriken, die Entwicklung des automatisierten Fahrens und neue Mobilitätsdienste gibt VW viele Milliarden aus.
Einschätzung zur Volkswagen-Aktie
Die im Dax notierte Vorzugsaktie legte nach dem Handelsstart am Montag um 7,5 Prozent zu. In den vergangenen Wochen war das Papier mit dem Absturz an den Börsen deutlich unter Druck geraten. Bei der von Investoren stark beachteten operativen Marge konnte VW überzeugen. Auch die Aussichten für das neue Jahr wurden vor dem Hintergrund von Lieferproblemen und Ukraine-Krieg überwiegend positiv gewertet.
Volkswagen habe trotz Problemen stark und weit über den Erwartungen abgeschnitten, schrieb JPMorgan-Analyst Jose Asumendi. Den Ausblick des Dax-Konzerns lobte der Experte als "sehr solide". Ein Händler verwies darauf, dass Europas größter Autobauer eine lange Liste von Annahmen etwa in Bezug auf den Ukraine-Krieg und die Pandemie getroffen habe, ohne diese wären die Prognosen sicherlich besser ausgefallen.
Das betonte auch Analyst Tim Rokossa von der Deutschen Bank. Der gute Ausblick des Unternehmens beinhalte zwar Warnhinweise wegen der Unwägbarkeiten durch den Krieg in der Ukraine, doch dürfte das Unternehmen bei den Zielen für 2022 bereits einige der Folgen einkalkuliert haben.
Auch wir bleiben für die Volkswagen-Aktie optimistisch und empfehlen das Papier weiterhin zum Kauf.
iw/dpa-AFX/rtr