Während die Nachricht an der Börse Erleichterung auslöste und die VW-Aktie mit einem Plus von sieben Prozent an die Dax-Spitze trieb, blieb die Bundesregierung zurückhaltend. Ein Sprecher des Verkehrsministeriums wies darauf hin, dass es sich dabei lediglich um die eigenen Messergebnisse des Konzerns handele. Die vom Kraftfahrt-Bundesamt angeordneten neuen Messungen des CO2-Ausstoßes bei den Fahrzeugen liefen aber noch.
Dessen ungeachtet erklärte VW das Thema CO2 für weitgehend erledigt. Anfang November war der Konzern nach internem Alarm von insgesamt rund 800.000 Fahrzeugen mit gefälschten CO2- und damit Verbrauchsangaben ausgegangen, davon 430.000 Autos des Modelljahres 2016 mit knapp 130 Modellvarianten. Übrig blieben jetzt noch 36.000 VWs der Modelle Polo, Scirocco, Jetta, Golf und Passat, von denen etwa die Hälfte schon ausgeliefert worden sei. Die eigenen Messungen sollen bis Weihnachten noch durch externe Tester unter behördlicher Aufsicht nachgeprüft werden. Für Modelle mit Abweichungen müssten dann die Genehmigungswerte für das folgende Modelljahr angepasst werden. Die betroffenen Kunden müssen nichts unternehmen.
NEUER ZWISCHENSTAND AM DONNERSTAG
Betriebsratschef Bernd Osterloh hatte gewarnt, die CO2-Schummelei könne die Kunden in Europa stärker abschrecken als die im September bekannt gewordene ungleich viel größere weltweite Manipulation von Diesel-Abgaswerten. Europas größter Autokonzern hatte auf Druck von US-Umweltbehörden zugegeben, bei elf Millionen Diesel-Autos weltweit per Software die Stickoxid-Werte auf dem Prüfstand heruntergeregelt zu haben. Im realen Fahrbetrieb liegen die gesundheitsschädlichen Abgase um ein Vielfaches über den erlaubten Werten.
Der Wolfsburger Konzern steckt seither in der tiefsten Krise seiner Geschichte und kämpft um das Vertrauen der Kunden. In Wolfsburg beriet am Mittwoch der Aufsichtsrat erneut über die Folgen des Skandals. VW-Chef Matthias Müller will am Donnerstag über den neuesten Erkenntnisstand informieren.
Zu den CO2-Abweichungen erklärte VW weiter, im Mittel sei der Ausstoß bei den betroffenen Fahrzeugen nur ein bis sechs Gramm pro Kilometer höher als angegeben, was noch innerhalb der gesetzlich zulässigen Toleranz liege. Der Spritverbrauch je 100 Kilometer sei nach dem derzeit geltenden Messverfahren ein bis zwei Zehntel Liter höher. Ziel von VW ist es, den in der EU derzeit geltenden Grenzwert von 120 Gramm CO2 je Kilometer zu unterschreiten. VW hatte wegen der abweichenden CO2-Werte zunächst mit finanziellen Lasten von zwei Milliarden Euro gerechnet, vor allem wegen Steuernachzahlungen. Dazu kommt es jetzt wahrscheinlich nicht. "Es gibt keine rückwirkende Besteuerung für Kunden in Deutschland", sagte ein Sprecher.
NIEDRIGERE BELASTUNG MÖGLICH
Analysten rechneten bisher mit 20 bis 40 Milliarden Euro Kosten durch "Dieselgate" für Rückrufaktionen, Geldstrafen und milliardenschwere Schadensersatzklagen vor allem in den USA. Die mehr als 500 Sammelklagen gegen Volkswagen in den USA sollen in Kalifornien verhandelt werden. Dort hat die Umweltbehörde CARB ihren Sitz, die die Manipulation durch eigene Tests aufgedeckt hatte. "Der Umfang der Probleme scheint sich deutlich verringert zu haben", erklärte Frank Schwope, Analyst von der NordLB, mit Blick auf die CO2-Affäre. Er rechnet für das kommende Jahr mit einem Absatzrückgang bei VW von ein bis vier Prozent, während der Pkw-Markt weltweit um zwei bis vier Prozent wachsen werde. "Das Vertrauen der Kunden in die Marke hat gelitten", sagte Schwope.
Reuters