Volkswagen droht in den USA noch mehr Ärger: Das US-Justizministerium weite seine Ermittlungen aus und gehe nun auch dem Verdacht des Bankbetrugs nach, sagte eine mit den Vorgängen vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters. Das "Wall Street Journal" berichtete zudem unter Berufung auf Insider, in diesem Zusammenhang gehe es auch um mögliche Verstöße gegen Steuergesetze. Analysten rechnen nun mit zusätzlichen Strafzahlungen für VW. Volkswagen äußerte sich am Mittwoch dazu nicht. Ein Sprecher bekräftigte, man werde bei den Ermittlungen weiter mit allen zuständigen US-Behörden kooperieren.

Das 1989 für Ermittlungen gegen große Geldhäuser konzipierte US-Gesetz gegen Bankbetrug erlaubt es, unter bestimmten Bedingungen einem Verdacht im Zeitraum der vergangenen zehn Jahre nachzugehen. Es wurde unter anderem in Fällen rund um Autokredit-Anbieter angewandt. Laut "Wall Street Journal" ermittelt das US-Justizministerium, ob Kreditgeber bei der Finanzierung von Fahrzeugen mit manipulierten Abgaswerten geschädigt wurden.

VW ist in den USA wegen Verstößen gegen Umweltgesetze bereits mit hohen Strafandrohungen konfrontiert. Es steht eine Strafe von bis zu 46 Milliarden Dollar im Raum. Die Summe dürfte nach Einschätzung von Juristen allerdings deutlich niedriger ausfallen, wie frühere Fälle vermuten lassen. Experten schätzen, dass der Abgasskandal einschließlich Schadensersatzzahlungen VW am Ende mehr als 30 Milliarden Euro kosten könnte.

BISLANG 80.000 KLÄGER IN EUROPA



In den USA sind bereits mehr als 500 Sammelklagen eingegangen. Auch immer mehr Autobesitzer in Europa schließen sich offenbar einem geplanten Sammelverfahren gegen den Konzern an. Die Zahl sei seit Januar von rund 60.000 auf etwa 80.000 gestiegen, sagte Rechtsanwalt Julius Reiter, dessen Kanzlei die Klage gegen Volkswagen in Deutschland organisiert, die über eine niederländische Stiftung geführt wird. Die meisten Kläger seien österreichische Fahrzeugbesitzer. Reiter betonte: "Wir streben eine außergerichtliche Einigung mit VW an."

Nach der Allianz zieht nun auch die Dekabank gegen Volkswagen vor Gericht. Finanzkreisen zufolge beteiligt sich das Wertpapierhaus der Sparkassen an der selben Sammelklage wie die Allianz-Tochter Allianz Global Investors (AGI). Die Deka ist nach Reuters-Daten elftgrößter VW-Aktionär und hält einen Anteil von 0,6 Prozent. Damit bringen sich immer mehr Profi-Investoren in Deutschland gegen den Autobauer in Stellung. Sie werfen VW vor, über die weit verbreitete Manipulation zu spät informiert zu haben. Beim Landgericht Braunschweig liegen bereits mehrere Klagen von Privatanlegern, die wegen des drastischen Kursverfalls der VW-Aktie Schadensersatz für erlittene Kursverluste verlangen.

Die VW-Aktie verlor zeitweise mehr als vier Prozent, grenzte ihre Verluste später aber ein. Am Nachmittag drehte das Papier ins Plus. Die negativen Nachrichten zum "Dieselgate" hätten in den vergangenen Tagen zugenommen, erklärte DZ Bank Analyst Michael Punzet. "Mögliche weitere finanziellen Belastungen könnten zu einer stärkeren Dividendenkürzung als vom Markt angenommen führen." Er bekräftigte seine Verkaufsempfehlung für die VW-Aktie. Seit Jahresbeginn hat das Papier rund 16 Prozent an Wert verloren, der Leitindex Dax kommt im gleichen Zeitraum auf ein Minus von knapp zehn Prozent. Frank Schwope von der NordLB monierte: "Es wird sicher nicht billiger für VW."

Der Skandal um manipulierte Abgaswerte war in den USA durch die Umweltbehörde EPA öffentlich gemacht worden. VW hatte daraufhin den Einsatz einer illegalen Software zugegeben, durch die Stickoxid-Werte von Dieselautos nur auf dem Prüfstand eingehalten werden. Weltweit sind von dem Betrug rund elf Millionen Fahrzeuge betroffen. Während VW in den USA noch mit den Behörden über die Reparatur beziehungsweise den Austausch der Fahrzeuge verhandelt, ist der Rückruf in Europa bereits angelaufen.

Reuters