Vor allem im Stammwerk in Wolfsburg hatte es in den vergangenen Jahren immer mehr gehakt, weil zu viele verschiedene Modelle gleichzeitig vom Band laufen. Dies war vor allem bei Neuanläufen wie jüngst beim Geländewagen Tiguan und dem Familienauto Touran ein Problem. Die hohe Komplexität der Produktion hatte auch der Betriebsrat kritisiert.

"Die Marke Volkswagen stellt sich für die Zukunft neu auf", sagte Markenchef Herbert Diess. "Wir werden effizienter, richten die Produktpalette und Kerntechnologien neu aus und schaffen uns mit dem beschleunigten Effizienzprogramm den Spielraum für zukunftsweisende Technologien." Diess' Vorgänger Martin Winterkorn hatte bereits ein Programm aufgelegt, um die Kosten der Marke VW zu senken. Wegen der Manipulation von Diesel-Abgaswerten müssen die Wolfsburger mit milliardenschweren Strafzahlungen und Schadensersatzforderungen rechnen. Allein für millionenfache Rückrufe wurden 6,5 Milliarden Euro zur Seite gelegt.

Als Konsequenz hatte der neue Konzernchef Matthias Müller bereits weitere Einsparungen angekündigt. Ähnlich den nun von VW präsentierten Plänen sollen in den nächsten Wochen weitere Programme von anderen Marken des Konzerns folgen. Bisher hatte der Wolfsburger Zwölf-Marken-Konzern seine Kosten in den kommenden Jahren um insgesamt zehn Milliarden Euro senken wollen.

Künftig will VW mehr Elektroautos und Fahrzeuge mit Plug-in-Hybridantrieb auf den Markt bringen. Das Baukastensystem des Konzerns wird nun auch für Elektroautos angewendet. Die geplante Neuauflage des Luxuswagens Phaeton wird um einige Jahre verschoben. Das Modell soll 2019/2020 als reines Elektroauto auf den Markt kommen und mit einer Batterieladung 500 Kilometer weit fahren. An ähnlichen Reichweiten arbeiten auch die VW-Töchter Audi und Porsche.

Bei den durch die Manipulation von Abgaswerten in Verruf geratenen Dieselantrieben planen die Wolfsburger einen Kurswechsel. Künftig sollen in den USA und Europa nur noch Fahrzeuge mit SCR-Technologie zum Einsatz kommen, deren Stickstoffausstoß durch den Einsatz von Harnstoff (AdBlue) reduziert wird.

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NIEDERSACHSEN WILL VW NICHT VON DER LEINE LASSEN



Unterdessen pocht Niedersachsen als VW-Großaktionär auf eine gründliche Aufklärung der Abgasaffäre. Eine volle Aufarbeitung sei die Voraussetzung für einen Neuanfang des Wolfsburger Autobauers, an dem das Land mit 20 Prozent beteiligt ist, sagte Ministerpräsident Stephan Weil im Landtag in Hannover. Er kritisierte, dass der Konzern über ein Jahr lang mit den US-Behörden gerungen habe, bevor die Abgas-Manipulation zugegeben wurde. "Dieses Eingeständnis hätte klar und deutlich sehr viel früher erfolgen müssen," prangerte der SPD-Politiker an. Wer dieses Vorgehen entschieden habe, sei noch Gegenstand von Untersuchungen. Weil wies Vorwürfe zurück, die Beteiligung des Landes am Autobauer oder seine Vertretung im Aufsichtsrat sei Teil des Problems bei VW. Er habe keinen Hinweis darauf, dass Vertreter des Landes die fatalen Fehlentscheidungen im Unternehmen kannten - auch nicht bei den Vorgängerregierungen zwischen 2003 und 2013.

In seiner Rede vor den Abgeordneten sagte Weil, der wirtschaftliche Schaden durch die Manipulation lasse sich derzeit noch nicht abschätzen. Schon jetzt sei aber klar, das Volkswagen seine Planungen neu justieren müsse. Das gelte für die Investitionen genauso wie für die Gewinnplanung. "Auch die Steuereinnahmen der öffentlichen Hand werden von der aktuellen Krise bei VW nicht unberührt bleiben", sagte Weil. Die Auswirkungen würden jedoch erst nach und nach sichtbar werden. An seiner VW-Beteiligung hält das Land fest: "Es gibt ein großes gemeinsames Interesse in Niedersachsen an einer erfolgreichen Zukunft von Volkswagen", sagte Weil. In dem Bundesland arbeiten 120.000 Menschen bei dem Unternehmen. Insgesamt sind dort etwa 200.000 Menschen in der Automobil- und Zulieferindustrie beschäftigt.

Reuters