Branchenexperten gehen davon aus, dass dafür Investitionen von mindestens zwölf Milliarden Euro nötig sind. Außerdem will VW mit Partnern die Zahl der öffentlichen Schnell-Ladestationen europaweit bis 2025 auf 18.000 verfünffachen. Das wäre ein Drittel des bis dahin prognostizierten Gesamtbedarfs. Dafür investieren die Wolfsburger rund 400 Millionen Euro und tun sich in Großbritannien, Spanien und Italien mit Energiekonzernen zusammen. Die VW-Aktien legten zeitweise mehr als drei Prozent zu.
"E-Mobilität ist zu unserem Kerngeschäft geworden", sagte Konzernchef Herbert Diess bei der im Internet übertragenen Präsentation der Batterie- und Ladestrategie. "Wir sichern uns langfristig eine Pole-Position im Rennen um die beste Batterie und das beste Kundenerlebnis im Zeitalter der emissionslosen Mobilität." Zugleich sollen die Batteriezellen durch eine standardisierte Bauweise, innovative Produktionsverfahren und das Recycling von Rohstoffen sehr viel günstiger werden. Dadurch - so der Plan - sollen E-Autos billiger und bei steigenden Stückzahlen für breitere Käuferschichten auch ohne staatliche Subvention erschwinglich werden.
Analysten sehen den Konzern nun auf dem Weg, den von Diess als Ziel ausgegebenen Börsenwert von 200 Milliarden Euro mittelfristig zu erreichen. "Es zeichnet sich jetzt eine Strategie ab, die das möglich erscheinen lässt", sagte Marc-Rene Tonn vom Bankhaus M.M. Warburg. Die nötigen Investitionen könne Volkswagen stemmen. Mit Partnern und den entsprechenden Volumina sei das zu schaffen. Sein Kollege Arndt Ellinghorst von Bernstein Research lobte, mit der Batteriestrategie habe Diess das fehlende Glied in seinen Elektroplänen geliefert. Er habe noch die Frage nicht beantwortet, wer das bezahlen solle. "Batterien zu produzieren klingt toll." Keine Autos mit Verbrennungsmotoren mehr zu bauen, sei aber schmerzhaft. Antworten erhofft sich der Autoanalyst von der Bilanz-Pressekonferenz am morgigen Dienstag.
SALZGITTER GEGEN GRÜNHEIDE
Die Rivalität mit dem US-Elektroautobauer Tesla beflügelt VW-Chef Diess, den Konzern mit Macht in ein neues Zeitalter zu führen. Während die erste Tesla-Fabrik samt Batteriefertigung in Grünheide bei Berlin für Schlagzeilen sorgt, entsteht im niedersächsischen Salzgitter ein mindestens ebenso großes VW-Batteriewerk. Durch seine schiere Größe und Finanzkraft hat Volkswagen einen Vorteil gegenüber Konkurrenten wie BMW und Daimler, die den Bau eigener Batteriezellfabriken bisher scheuen und sich lieber auf asiatische Zulieferer verlassen. Mit der Geschwindigkeit beim Ausbau wollen die Wolfsburger möglichst rasch technologisch auf Augenhöhe mit Tesla kommen und die Amerikaner bei den Stückzahlen der verkauften Batterieautos weltweit überholen. Experten gehen davon aus, dass dies ab 2022 möglich ist.
VW erklärte, wegen des Green Deal der EU werde der Übergang in die Elektromobilität forciert. Man habe deshalb entschieden, die Zellproduktion neu aufzustellen. Die beiden ersten Fabriken entstünden in Schweden und im niedersächsischen Salzgitter. Die Produktion von Premium-Zellen werde zusammen mit dem Partner Northvolt in der schwedischen Gigafabrik "Ett" in Skelleftea konzentriert. Die nun von Volkswagen betriebene Gigafabrik in Salzgitter werde ab 2025 eine Batteriezelle für das Volumensegment produzieren und Innovationen in Prozess, Design und Chemie entwickeln. Als weitere Standorte sind Spanien, Portugal oder Frankreich sowie Polen, die Slowakei und Tschechien im Gespräch. Northvolt erklärte, man habe von Volkswagen einen Auftrag in Höhe von 14 Milliarden Dollar über eine Laufzeit von zehn Jahren erhalten.
"WENIGER IST MANCHMAL MEHR"
Die Veranstaltung nach dem Vorbild des Tesla-Batterietages im Herbst stieß im Internet auf großes Interesse. So entschlossen sich die Blogger "Steve&Julian" von der Interessengemeinschaft Elektromobilität Berlin-Brandenburg spontan dazu, den VW-Stream auf Youtube live zu kommentieren. Rund 200 Elektroautofans lauschten ihren Einschätzungen. "Die ersten 60 Minuten waren eine sehr, sehr knackige und coole Präsentation", sagte Steve. Etliche Youtube-Zuschauer beschwerten sich allerdings, den zweisprachigen Audiostream akustisch schlecht verfolgen zu können. "Weniger ist manchmal mehr, zuviel Information auf einmal", meinte einer von ihnen.
rtr