Im Januar hatten die Wolfsburger den Supreme Court bereits ersucht, die Entscheidung eines Berufungsgerichts zu überprüfen, durch das zwei Bezirke in den Bundesstaaten Florida und Utah im Zusammenhang mit der Manipulation von Dieselabgasen Forderungen in Milliardenhöhe stellen können.
Das oberste Gericht von Ohio hatte entschieden, dass die Anwendung des Bundesrechts zur Luftreinhaltung (Clean Air Act) nicht verhindere, dass der Bundesstaat Ansprüche gegen VW aufgrund eigener Gesetze verfolge. Volkswagen hatte dieser Argumentation schon in den beiden anderen Fällen widersprochen. Der Konzern fürchtet einen Flickenteppich an rechtlichen Vorgaben, wenn einzelne Bundesstaaten und Kommunen von Bundesgesetzen abweichende Umweltstandards erließen. Dies könnte die Regulierung von Autoemissionen durch die US-Umweltbehörde EPA ernsthaft beeinträchtigen. Die Behörde könnte dadurch in Konflikt mit Entscheidungen mehrerer Gerichte geraten. Sollten noch mehr Bezirke Strafzahlungen verlangen, könnte sich der Rechtsstreit außerdem weiter verästeln und die Forderungen "schwindelerregende" Höhen erreichen.
BEI DIESELGATE WAREN FORDERUNGEN ANFANGS ASTRONOMISCH
In dem Fall aus Ohio führt Volkswagen Gerichtsunterlagen zufolge an, dass sich die Forderungen "über einen Zeitraum von mehreren Jahren auf 350 Millionen Dollar pro Tag oder mehr als 127 Milliarden Dollar pro Jahr belaufen" könnten. Richter Charles Breyer in San Francisco, der die Klagen der beiden Counties in Florida und Utah 2018 in erster Instanz abgewiesen hatte, sagte damals, die Strafen könnten bis zu 11,2 Milliarden Dollar pro Jahr erreichen. Anwälte, die sich mit US-Verfahren auskennen, gehen allerdings davon aus, dass die Strafen am Ende deutlich niedriger ausfallen, sollte VW unterliegen. Die Rede ist von zweistelligen, vielleicht dreistelligen Millionenbeträgen.
In den USA werden zu Anfang von Schadensersatzverfahren oft sehr hohe Summen aufgerufen, am Ende einigen sich die Parteien jedoch auf einen Vergleich. Im Fall von Dieselgate, der vor fast sechs Jahren in den USA aufgeflogen war, beliefen sich die Forderungen anfangs auf 60 Milliarden Dollar und mehr. Am Ende einigte sich VW mit der amerikanischen Justiz auf eine Strafzahlung von 4,3 Milliarden Dollar.
Für Volkswagen ist der Dieselskandal dennoch ein finanzielles Desaster. Die Wiedergutmachung der Abgasmanipulation hat den Konzern bislang mehr als 32 Milliarden Euro gekostet - vor allem an Strafen und Schadensersatzzahlungen in Nordamerika. Weltweit sind noch Schadensersatzklagen von Dieselhaltern anhängig. Außerdem wollen Anleger vor dem Oberlandesgericht Braunschweig einen Schadensersatz für erlittene Kursverluste durch den Dieselskandal erstreiten. Die Summe der Forderungen dort beläuft sich auf rund neun Milliarden Euro.
rtr