"Eine verlässliche Prognose ist derzeit nahezu unmöglich", fügte Finanzvorstand Frank Witter hinzu und erklärte: "Wir schöpfen im Task-Force-Modus alle Maßnahmen aus, um unsere Mitarbeiter und deren Familien zu unterstützen und unser Geschäft zu stabilisieren."
Vorstandschef Herbert Diess sagte, die Corona-Pandemie stelle den Konzern vor ungekannte operative und finanzielle Herausforderungen. Zudem seien nachhaltige Konjunktureinflüsse zu befürchten. "Durch die Bündelung unserer Kräfte, eine enge Zusammenarbeit und gute Moral im Konzern wird es uns gelingen, die Corona-Krise zu bewältigen."
Der Wolfsburger Autobauer hatte sich nach dem Rekordgewinn im vergangenen Jahr erst vor gut zwei Wochen für 2020 eine Umsatzrendite erneut in einer Spanne von 6,5 bis 7,5 Prozent vorgenommen. 2019 lag die Marge auf Grundlage des bereinigten Betriebsgewinns mit 7,6 (Vorjahr 7,3) Prozent leicht darüber. Die Prognose hatte Diess bereits mit dem Hinweis verbunden, dass die Aussichten wegen der politischen Spannungen und Konflikte weltweit sowie der Ausbreitung des Coronavirus mit Risiken verbunden seien.
SUV-BOOM TREIBT GEWINNE
Im abgelaufenen Jahr hatte der weltgrößte Autokonzern dank Verkaufszuwächsen in wichtigen Regionen, dem SUV-Boom und weiteren Sparerfolgen besser abgeschnitten als viele Konkurrenten. Während diese ihre Prognosen wegen der schwachen Autokonjunktur senken mussten, blieben die Wolfsburger auf Kurs. Lediglich die französische Opel-Mutter PSA war bei der bereinigte Rendite im Autogeschäft noch besser als Volkswagen.
Unterdessen zwingt die Corona-Krise immer mehr Autobauer in Europa, Werke dichtzumachen - entweder weil wegen lückenhafter Lieferketten wichtige Teile in der Produktion fehlen oder weil Mitarbeiter Angst vor Ansteckung haben. Fiat Chrysler und PSA haben deshalb die Produktion in Europa vorerst bis 27. März weitgehend eingestellt. Auch Volkswagen bleibt nicht verschont und fährt die Produktion in Spanien und Italien herunter. Dem Wolfsburger Stammwerk drohen einem Insider zufolge Teile in der Tiguan-Produktion auszugehen.
Experten rechnen damit, dass die Autonachfrage europaweit in diesem Jahr massiv sinken wird, weil in Zeiten von Corona kaum jemand an den Kauf eines neuen Fahrzeugs denkt. In China, wo die Epidemie ihren Ursprung nahm, läuft es hingegen besser. Dort gehen immer mehr Werke wieder ans Netz. Im Februar war der Absatz von Volkswagen auf dem weltgrößten Automarkt noch um 74 Prozent eingebrochen.
KONZERNCHEF DIESS 2020 ALS KRISENMANAGER GEFRAGT
Die Corona-Krise trifft die Wolfsburger mitten im Wechsel zu einem führenden Anbieter von Elektroautos, der viele Milliarden Euro an Investitionen verschlingt. Deshalb ist es aus Sicht des Konzerns wichtig, dass beim Start des neuen ID.3 nichts schiefgeht und VW die Probleme mit der Software in den Griff bekommt. Immerhin will Volkswagen mit dem neuentwickelten Wagen das Rennen mit Tesla um die Vorherrschaft in der E-Mobilität aufnehmen. Dafür ist entscheidend, dass das Auto wie ein "Tablet auf Rädern" funktionieren kann. Wenn das nicht gelingen sollte, ist das Rennen nach Meinung von Experten schon entschieden, bevor es überhaupt begonnen hat. Deshalb ist 2020 auch für Konzernchef Diess selbst ein entscheidendes Jahr.
rtr