JÖRG KRÄMER, CHEFVOLKSWIRT COMMERZBANK:
"Trotz des starken Jahresauftakts hat die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal um nennenswerte 0,4 Prozent zugelegt. Zwar dürfte es im zweiten Halbjahr weniger rasant nach oben gehen. Aber Warnungen des DIW-Instituts vor einem Unsicherheitsschock durch die Brexit-Entscheidung sind überzogen. Wir erhöhen unsere 2016-Deutschland-Prognose von 1,5 Prozent auf 1,8 Prozent."
JÖRG ZEUNER, CHEFÖKONOM KFW BANKENGRUPPE:
"Der Rückgang der Wachstumsrate im zweiten Quartal ist schwächer ausgefallen als erwartet. Von einem Alarmzeichen kann keine Rede sein. Nach dem kraftvollen Sprint zu Jahresbeginn war mit nichts anderem als einem gemächlicheren Wachstumstempo zu rechnen. Zugegeben, der Rückgang der Bauproduktion war mehr als deutlich. Aber das ist schlicht die Kehrseite der milden Witterung im Winterhalbjahr, die für eine Sonderkonjunktur gesorgt hatte."
ALEXANDER KRÜGER, BANKHAUS LAMPE:
"Der Rückprall ist kein Drama, im Gegenteil: Er ist weniger stark ausgefallen als gedacht, nachdem die Wirtschaftsleistung zu Jahresbeginn infolge der milden Witterung ungewöhnlich kräftig gestiegen war. Ursache sind die kräftigen Impulse vom Außenhandel gewesen. Der Brexit-Schock dürfte zwar noch nicht verdaut sein, der Aufschwung sich aber fortsetzen. Dabei läuft es für 2016 auf eine Wachstumsrate von mindestens 1,5 Prozent hinaus. Alles in allem sind die konjunkturellen Abwärtsrisiken etwas größer als die Aufwärtschancen, da wichtige Wachstumstreiber derzeit an Schubkraft für die Konjunktur verlieren."
HOLGER SANDTE, NORDEA:
"Das war etwas mehr Wachstum als erwartet, aber dennoch die erwartete Verlangsamung verglichen mit dem ersten Quartal. Die Zahlen spiegeln eine matte Entwicklung im verarbeitenden Gewerbe wider, in der Bauwirtschaft aber auch eine Gegenreaktion auf das starke erste Quartal. Insgesamt kann man über das Wachstum nicht klagen. Für das Gesamtjahr dürfte es auf ein Plus von rund 1,7 Prozent hinauslaufen, im nächsten Jahr eher etwas weniger. Aber das ist genug, damit weitere neue Arbeitsplätze entstehen, was wiederum den privaten Verbrauch stützen wird."
KATRIN LÖHKEN, SAL. OPPENHEIM
"Die sichere Bank bleibt die Binnenwirtschaft, vor allem der private Konsum. Hinzu kamen im zweiten Quartal steigende Exporte. Glücklicherweise lässt sich aus den Frühindikatoren herauslesen, dass die Verbraucher und Unternehmen bislang die Brexit-Entscheidung gelassen hinnehmen. Dennoch dürfte es in den kommenden Monaten zu einem etwas schwächeren Stimmungsbild kommen.
Perspektivisch wird es jedoch für das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, den Export, schwieriger. Selbst wenn der Brexit keine große Verunsicherung hervorgerufen hat, so hilft doch das seitdem schwache Pfund den britischen Exporteuren, nicht den deutschen. Zudem dürfte die Nachfrage wichtiger Absatzmärkte schwach bleiben, insbesondere aus China, das weiterhin schwach wächst."
rtr